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Sicherheitsbausteine/Sicherheitskonzept Verfahren/BOS/Einsatzplanung Sanitätsdienst: Unterschied zwischen den Versionen

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{{DISPLAYTITLE:Weitergehende Einsatzplanung Sanitäts- und Rettungsdienst}}
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''Stand: 01.06.2015''
''Bearbeiter: Carsten Laube, Philip Kuschewski, Doris Dobranic (Deutsche Hochschule der Polizei), Johannes Thomann, Dennis Vosteen (Feuerwehr München)''
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==Planungsphase/Umsetzungsphase==
==Planungsphase/Umsetzungsphase==
Im Zuge der Planung für sanitäts- und rettungsdienstliche Ereignisse sind insbesondere die folgenden Punkte zu klären:
Im Zuge der Planung für sanitäts- und rettungsdienstliche Ereignisse sind insbesondere die folgenden Punkte zu klären:
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* Gewährleistung des ungehinderten Einsatzes der Kräfte, Fahrzeuge und Mittel der Fachdienste
* Gewährleistung des ungehinderten Einsatzes der Kräfte, Fahrzeuge und Mittel der Fachdienste
* Strafverfolgung (Ermittlung von Unfall- und Todesursachen, Identitätsfeststellungen etc.)
* Strafverfolgung (Ermittlung von Unfall- und Todesursachen, Identitätsfeststellungen etc.)
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''Autoren: Deutsche Hochschule der Polizei (DHPol), Fachgebiet "Polizeiliches Krisenmanagement"; Johannes Thomann, Dennis Vosteen (Feuerwehr München)''

Aktuelle Version vom 21. Juni 2015, 18:10 Uhr

Planungsphase/Umsetzungsphase

Im Zuge der Planung für sanitäts- und rettungsdienstliche Ereignisse sind insbesondere die folgenden Punkte zu klären:

  • Welcher Umfang einer sanitäts- und rettungsdienstlichen Versorgung inkl. der Qualifikation und Ausstattung der Einsatzkräfte ist notwendig? Dies geschieht in der Regel über Auflagen der Genehmigungsbehörde oder eine Gefahrenanalyse des Dienstleisters bzw. der Fachbehörde
  • Ist eine räumliche Neuverteilung von Einsatzkräften und -fahrzeugen während der Veranstaltungsdauer notwendig?
  • Wie sollte die räumliche Verteilung der Kräfte des Sanitätsdienstes auf dem Veranstaltungsgelände sein, um ein schnelles Eingreifen zu ermöglichen?
  • In welcher(n) Räumlichkeit(en) soll der Sanitätsdienst untergebracht werden?
    Wichtige Voraussetzungen sind z.B.
    • ausreichende Größe der Räumlichkeit
    • Nähe der Räumlichkeit zum Veranstaltungsgelände
    • Nähe der Räumlichkeit zum Sicherheitskreis bzw. zum Koordinierungskreis
    • sehr gute An- und Abfahrtmöglichkeiten für Einsatzfahrzeuge (auch Großfahrzeuge)
    • Flächen für besondere Einsatzerfordernisse (Lufttransport, Aufstellen eines Behandlungsplatzes im Falle eines Massenanfalls von Verletzten, gleichzeitige Anfahrt mehrerer Fahrzeuge im Ereignisfall)
  • Welche Maßnahmen sind durch den Sanitäts- und ggf. Rettungsdienst hinsichtlich des möglichen Wechsels der Betriebsarten konkret vorzunehmen? Wie bereiten die Dienste sich auf abstimmungsbedürftige Ereignisse bzw. Schadensfälle vor (z.B. Bereitstellungen von Fahrzeugen und Einsatzkräften, zeitliches Zurückstellen von zeitunkritischen Aufgaben (Krankentransporte, Streifengänge etc.) um Kräfte ohne Verzögerung einsetzen zu können.
  • Im Vorfeld sollte die Zusammenarbeit zwischen dem Dienstleister (Sanitätsdienst) und der Behörde (öffentlicher Rettungsdienst) abgestimmt werden. Die Klärung und Festlegung der Zusammenarbeit soll in einer Arbeitsanweisung (o.ä.) des Trägers des Rettungsdienstes definiert werden. Zusätzlich gilt dies für die Zusammenarbeit mit den Einsatzkräften von Polizei sowie Sicherheits- und Ordnungsdienst.
  • Vorplanung von Anfahrtswegen und Rettungsgassen für den Sanitäts- und Rettungsdienst:
    • Beschilderung der Gassen auf dem Veranstaltungsgelände sowie Nebenplätzen (z.B. Campingplätze) mit Straßennamen zur Orientierung von Rettungskräften etc.
    • Beschilderung und Nummerierung von Fluchtwegen zur besseren Orientierung bei Hilfeersuchen bzw. Anfahrt auf das Veranstaltungsgelände
    • Vorbereitung von Übersichtsplänen des Geländes z.B. in Form von Rasterkarten (Geländebezeichnung)
    • Entwicklung eines Konzeptes für den Ausbau und die Beleuchtung von Rettungswegen
  • Planung der Anfahrtswege zu vorgeplanten Bereitstellungsräumen für den Ereignisfall:
    • Es ist darauf zu achten, dass Anfahrtswege nicht mit Fluchtwegen kollidieren bzw. kreuzen.
    • Zur sicheren Orientierung sollten die GPS-Koordinaten der Bereitstellungsräume bei den Planungen hinterlegt werden
  • Die Planungen sind den relevanten Kräften (z.B. des Katastrophenschutzes) im Vorfeld der Veranstaltung zur Kenntnis zu geben.
  • Abstimmung der Planungen mit weiteren Konzepten, z.B. dem Verkehrskonzept (Regelung von Straßensperrungen und Einrichtung von Parkverbotszonen mit dem Zusatz "Rettungsweg" durch die Verkehrsbehörde zur Nutzung der relevanten Straßen als Anfahrtswege; Besucherströme sollten im Ereignisfall zusätzlich über das Sperrkonzept umgeleitet werden). Dies sollte in Abstimmung mit der Genehmigungsbehörde oder sofern vorhanden dem Einheitlichen Ansprechpartner geschehen.
  • Einbindung der umliegenden Krankenhäuser zur Verteilung der Patienten sowie, in Rücksprache mit den Krankenhäusern und der Katastrophenschutzbehörde, Festlegung von Maßnahmen für einen Massenanfall von Verletzten (MANV).

Im Rahmen der Bewältigung von sanitäts- und rettungsdienstlichen Ereignisse können sich eine Reihe von Schnittstellen zwischen den am Veranstaltungsmanagement beteiligten Akteuren ergeben; so obliegt der Polizei beispielsweise die Aufgabe der Freihaltung von Not- und Rettungswegen; hier sollten entsprechende Absprachen (Wegführung, Absperrpunkte etc.) im Vorfeld verbindlich geklärt werden.

Fachbehörde Im Sinne des Schnittstellenmanagements bei sanitäts- und rettungsdienstlichen Ereignissen sollten akteursübergreifend im Vorfeld insbesondere folgende Prüffragen durch die zuständige Fachbehörde geklärt werden:

  • Welcher Sanitätsdienstanbieter wird mit der Durchführung beauftragt?
  • Mit welcher Stärke muss der Sanitätsdienst vor Ort sein?
  • Welche Möglichkeiten der medizinischen Versorgung hat er; müssen ggf. zusätzliche Ressourcen für die Notfallrettung und den Krankentransport („Vorhalteerhöhung“) am Veranstaltungsort vorgesehen werden?
  • Wo wird der Sanitätsdienst auf dem Veranstaltungsgelände lokalisiert sein? Sind diese Sanitätsdienststandorte deutlich gekennzeichnet?
  • Wie lange brauchen Sanitätskräfte um am Einsatzort zu sein („Hilfsfrist“)?
  • Welche Übergabepunkte vom Sanitäts- zum Rettungsdienst sind geplant?
  • Können Fahrzeuge des Rettungsdienstes sämtliche Orte des Veranstaltungsgeländes erreichen? Wie wird andernfalls der Patiententransport zum Fahrzeug sichergestellt?
  • Wie sind Rettungswege zu gestalten und freizuhalten?
  • Wo sind Sperrmaßnahmen zu veranlassen (Verkehrsbehörde)?
  • Sind die Zufahrtswege zum Veranstaltungsgelände für Großfahrzeuge (LKW, je nach Ausstattung des Rettungsdienstes ggf. zusätzlich mit Aufliegern) befahrbar (Breite, Höhe, Kurvenradien etc.)?
  • Gibt es relevante Baustellen, die z.B. Zu- oder Abfahrten behindern? Dieser Punkt sollte unmittelbar vor Veranstaltungsbeginn erneut mit der Polizei, der Feuerwehr sowie der Verkehrsbehörde angesprochen werden, um den aktuellen Status abzuklären.

Darüber hinaus sollten der Sanitätsdienst sowie der öffentliche Rettungsdienst über eine redundante Einsatzleitung (z.B. Einsatzleitwagen 2 oder 3) verfügen, die mit Notstromaggregaten, Festnetztelefonen etc. ausgestattet ist, um autark arbeiten zu können. Mögliche Standorte dieser Einsatzleitungen können bereits vor der Veranstaltung geplant werden, um die im Eintrittsfall entstehende „Chaosphase“ zeitlich verkürzen zu können. Dies kann im Einsatzkonzept beispielsweise unter „Redundanz bei Ausfall von wichtiger Infrastruktur“ erfasst und um die die eigene Handlungsfähigkeit einschränkende Ausfälle ergänzt werden.

Durchführungsphase

Während der Durchführungsphase ist grundsätzlich der Veranstalter für die Gewährleistung der Zusammenarbeit seiner Dienstleister (Sicherheits-/Ordnungsdienst, Brandsicherheitswache (sofern vorhanden) und Sanitätsdienst) mit den Behörden (Polizei, Feuerwehr und öffentlicher Rettungsdienst) verantwortlich. Der gegenseitige persönliche Kontakt der handlungsrelevanten Akteure, insbesondere der Vertreter der Gefahrenabwehrbehörden, ist förderlich und kann durch den gegenseitigen Austausch von Verbindungsbeamten/-kräften in die jeweiligen Einsatzleitungen unterstützt werden.

Die Erreichbarkeit des Sanitätsdienstes für die weiteren Sicherheitsakteure muss bei Notfällen jederzeit über Funk, Festnetzanschluss oder die Platzierung an einem festgelegten Standort sichergestellt sein. Die Erreichbarkeit für die Rettungsleitstelle kann auch über Funkmeldeempfänger sichergestellt werden.

Mit Beginn der Einsatzbereitschaft des Sanitätsdienstes ist dies der Leitstelle über Telefon oder Funk mitzuteilen. Hierbei ist namentlich der Leiter des Sanitätsdienstes, die Stärke des Sanitätsdienstes und die gesicherte Erreichbarkeit über Funk, Funkmeldeempfänger oder Festnetzanschluss mitzuteilen.

Alle Notfallmeldungen (Rettungsdiensteinsätze, Feuermeldung, technische Hilfeleistung) sind sofort und unmittelbar an die Rettungsleitstelle über Notruf 112 oder BOS-Funk weiterzuleiten.

Die für den Sanitätsdienst verantwortliche Person (Einsatzleiter) ist angehalten, umgehend den Veranstalter, die Genehmigungsbehörde und die Rettungsleitstelle zu verständigen, wenn nach eigener Einschätzung die Sanitätsdienstkräfte nicht ausreichend sind.

Ebenfalls ist in diesem Fall, wie auch bei herausragenden sanitäts- und rettungsdienstlichen Ereignissen (insbesondere MANV) die ein unmittelbares koordiniertes Handeln erfordern, unmittelbar und anlassbezogen eine gemeinsame Lagebesprechung des Koordinierungskreises durch den Einsatzleiter einzuberufen.

Darüber hinaus sollte im Sinne des akteursübergreifenden Informationsmanagements der Einsatzleiter des Sanitätsdienstes Informationen zu sanitäts- und rettungsdienstlichen Ereignissen im Rahmen von gemeinsamen Lagebesprechungen bzw. innerhalb der gewählten Gremienstrukturen (Sicherheits-, Koordinierungskreis, Krisenstab) an die relevanten Akteure kommunizieren. Hierbei kann er durch einen Vertreter des Rettungsdienstes unterstützt werden, der den aktuellen Status des öffentlichen Rettungsdienstes erläutert.

Die Versorgungen von Patienten sind zu dokumentieren und relevante Informationen zur Erstellung eines Lagebildes hinsichtlich der sanitäts- und rettungsdienstlichen Ereignisse (auf bzw. in direktem Umfeld der Veranstaltung) sind auf Verlangen der zuständigen Behörde jederzeit vorzulegen. Insbesondere gilt dies für die

  • Anzahl der sanitäts- und rettungsdienstlichen Einsätze
  • Anzahl der medizinisch-ärztlichen Versorgungen
  • Arten der Vor-Ort-Versorgungen auf dem Veranstaltungsgelände
  • Anzahl von Patiententransporten in Krankenhäuser
  • Anzahl von Arzt begleiteten Patiententransporten in Krankenhäuser

Die Dokumentation über die Gesamtversorgungen und ein Erfahrungsbericht sollten erstellt werden und sind auf Verlangen der Genehmigungsbehörde innerhalb von drei Tagen nach der Veranstaltung vorzulegen.

Großschadensfall

Im Großschadensfall (ein Ereignis das die Möglichkeiten der Grund-/Regelvorhaltung übersteigt), der in der Regel mit einem MANV einhergeht bzw. massive Auswirkungen auf die Veranstaltungsdurchführung hat, sollte über die Gefahrenabwehrbehörden eine Pressebetreuung analog veranstaltungsunabhängiger Schadensfälle sichergestellt werden.

Der Koordinierungskreis ist für die Information der nichtbetroffenen Veranstaltungsteilnehmer und die daraus resultierenden Maßnahmen verantwortlich.

Einbindung der Polizei, insbesondere im Großschadensfall

Die Polizei trägt hinsichtlich der Ereignisbewältigung im Kontext von sanitäts- und rettungsdienstlichen Ereignissen im Rahmen ihrer Zuständigkeiten bzw. gesetzlichen Aufgabenzuweisungen grundsätzlich mit folgenden Maßnahmen zur kooperativen Ereignisbewältigung bei:

  • Gefahrenabwehr hinsichtlich der evtl. Wahrnehmung von Eilzuständigkeiten (z.B. Versorgung/Betreuung von Verletzten)
  • Absperrung des Ereignisortes
  • Verkehrsregelung
  • Freimachen und Freihalten von Zufahrts- und Rettungswegen für Einsatzfahrzeuge
  • Gewährleistung des ungehinderten Einsatzes der Kräfte, Fahrzeuge und Mittel der Fachdienste
  • Strafverfolgung (Ermittlung von Unfall- und Todesursachen, Identitätsfeststellungen etc.)




Autoren: Deutsche Hochschule der Polizei (DHPol), Fachgebiet "Polizeiliches Krisenmanagement"; Johannes Thomann, Dennis Vosteen (Feuerwehr München)