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Sicherheitsbausteine/Veranstaltungskonzept/Notfallplanung: Unterschied zwischen den Versionen

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Notfallplanung ist ein wichtiger Teil modernen Sicherheitsmanagements für Veranstaltungen, zu dem die Betrachtung sicherer Normalbetriebszustände genauso wie die von Notfällen gehört.  
Die Auswahl eines geeigneten Veranstaltungsordnungsdienstes ist eine wesentliche Grundlage für die Planung und Durchführung einer sicheren Veranstaltung. Eine frühzeitige Zusammenarbeit unter Berücksichtigung der Fachkenntnisse und der Erfahrungen des Dienstleisters garantiert eine umfassende Berücksichtigung der für die Veranstaltung greifenden sicherheitsrelevanten Belange. Die Auswahl eines geeigneten Dienstleisters garantiert dabei nicht nur Unterstützung während der Planung, sondern natürlich auch eine professionelle Umsetzung der Aufgaben während der Veranstaltung – sowohl im Rahmen einer Normal- als auch im Rahmen einer Schadenlage.
Die Notfallplanung beschreibt dabei die Abarbeitung eines konkreten Schaden- oder Störfalles und der daraus resultierenden Konsequenzen, während die Aufrechterhaltung bzw. Wiederherstellung des Normalbetriebs im Rahmen der [[Kontinuitätsplanung]] abgedeckt wird.
In der Realität gehen der Stellenwert der Arbeit der Veranstaltungsordnungsdienste und die damit einhergehende Verantwortung nicht immer einher mit den bestehenden Angeboten. Der Markt der Dienstleister ist geprägt von häufiger Fluktuation, Mini- und Nebenjobs und Mindestlohn. Niedrige Eintrittshürden in das Tätigkeitsfeld und ein zuweilen die Grenzen des Verantwortbaren sprengender Preiskampf sorgen dafür, dass der Markt der privaten Sicherheits- und Ordnungsdienste nahezu unüberschaubar ist und sich auch in einem ständigen Wechsel befindet. Hierunter leidet der allgemeine Ausbildungsstand bei den Mitarbeitern der Branche, so dass die Diskrepanz zwischen nachgefragter Expertise und angebotener Arbeitsleistung hoch ist.  
Die Notfallplanung hat dabei zahlreiche Schnittstellen zu anderen Planungsaufgaben, insbesondere zum [[Crowd Management]], zur [[Notfallkommunikation]] oder zum [[Krisenmanagement]].
Der BDSW (Bundesverband der Sicherheits- & Wachdienste) e.V. hat zu diesem Thema eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die sich im speziellen mit dieser Problematik beschäftigt und als Konsequenz den „Veranstaltungsordnungsdienst“ als ein eigenständiges Tätigkeits- & Arbeitsfeld definiert.
Die allgemeine Notfallplanung für Veranstaltungen muss zahlreiche Maßnahmen zur Gefahrenabwehr abdecken. Hierzu gehören z.B. die Vorsorge für medizinische Notfälle, allgemeine Brandbekämpfungsmaßnahmen, das Zur-Verfügung-Stellen von Rettungswegkapazitäten oder auch Räumungskonzepte.  
Die spezifische Notfallplanung richtet sich nach den besonderen Inhalten und Gefährdungen einer Veranstaltung, die im Rahmen einer [[Gefährdungsanalyse]] speziell für die konkrete Veranstaltung ermittelt werden müssen.  
Unter einem Notfallplan im Sinne der Veranstaltungssicherheit versteht man daher einen überorganisationalen Plan, der notwendige Schritte, Dokumente und Ressourcen, die Zusammenarbeit der beteiligten Akteure und die zeitlichen Abläufe für den eventuellen Eintritt einer Notsituation definiert, um Schaden noch zu verhindern oder dessen Auswirkungen zu minimieren.


==Einleitung==
==Einleitung==
Unabhängig von der Art der Veranstaltung kann es bei jeder Veranstaltung zu Notfällen kommen. Dabei handelt es sich um plötzliche Ereignisse, die
Der Gesetzgeber verlangt in der Muster-Versammlungsstättenverordnung den Einsatz von Ordnungsdiensten, hat diese aber nicht ausreichend definiert. In der Praxis werden die Begriffe „Ordnung“ und „Sicherheit“ häufig synonym verwendet, eine inhaltliche Trennung der Aufgaben erfolgt kaum. Viele Mitarbeiter, die heute auf Veranstaltungen als Ordner eingesetzt werden, müssen dieselben Voraussetzungen erfüllen, wie etwa ein Sicherheitsmitarbeiter oder ein Mitarbeiter im Geld- und Werttransport.
Dies liegt daran, dass Behörden und Kunden oftmals nicht unterscheiden zwischen Veranstaltungsordnungsdienst (VOD) und Sicherheitsdienstleistungen (SDL).
In der Muster-Versammlungsstättenverordnung (link) wird der Einsatz von Ordnungsdiensten auf Veranstaltungen gefordert, eine genauere Definition unterbleibt jedoch.


* die Gesundheit der Teilnehmenden gefährden
In § 43, Absatz 4 der Verordnung heißt es:
* Schäden an Gebäuden oder Flächen verursachen
1 Der Ordnungsdienstleiter und die Ordnungsdienstkräfte sind für die betrieblichen Sicherheitsmaßnahmen verantwortlich.  
* und zur Unterbrechung oder zum Abbruch der Veranstaltung führen können.
Dieses Risiko macht einen strukturierten, praxisorientierten Notfallplan notwendig, um
* Menschen zu schützen
* Schäden zu verringern
* die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen und Haftung zu verringern
* Eventualitäten zu reduzieren
* Negative mediale Aufmerksamkeit zu verringern
* Eigene Geschäftsfähigkeit zu erhalten


==Teile eines Notfallplans==
2 Sie sind insbesondere für die Kontrolle an den Ein- und Ausgängen und den Zugängen zu den Besucherblöcken, die Beachtung der maximal zulässigen Besucherzahl und der Anordnung der Besucherplätze, die Beachtung der Verbote des § 35, die Sicherheitsdurchsagen sowie für die geordnete Evakuierung im Gefahrenfall verantwortlich.


Ein Notfallplan besteht regelmäßig aus folgenden Teilaspekten:
* Gesetzliche Grundlagen
* Menschliche Komponenten: Eigenes Personal, Personal der Subunternehmen und des Veranstalters, sonstiges Personal auf dem Gelände, Künstler, Besucher, Sponsoren, Presse. Ggfs. Kommunikation mit und Betreung von diesen Personen. Erwartetes Verhalten.
* Gebäude und Infrastruktur: Gebäude-/Geländestruktur, Brandschutz, Kommunikationssysteme, Einlässe/Auslässe, Zufahrten, Anfahrtswege etc.
* Wirtschaftliche und firmeninterne Komponenten: welche (zusätzlichen) Ressourcen sind für den Notfall unverzichtbar? Welche Aufgaben werden durch wen übernommen? Vertretungs- & Entscheidungsbefugnisse?


==Notfallplanung==
Trotz der vermeintlich eindeutigen Terminologie wird in den jeweiligen Bereichen häufig auch von einem Sicherheitsdienst gesprochen – oder aber, als ein häufig verwendeter Begriff, von einem „privaten Sicherheits- & Ordnungsdienst“.
Diese „privaten Sicherheits- & Ordnungsdienste“ werden bei Veranstaltungen jeder Art (auch außerhalb des Geltungsbereiches der Verordnung) eingesetzt – oftmals ohne eine tatsächliche inhaltliche Unterscheidung zwischen Ordnungs- & Sicherheitsaufgaben. Diese ist jedoch nötig, um die geeignete Besetzung von Positionen innerhalb der Veranstaltung zu gewährleisten.
Die Sicherheitsdienstleistungen (SDL) fallen unter den Bereich der Bewachungsdienstleistungen, die gesetzlich durch den § 34a der Gewerbeordnung (GewO) in Verbindung mit der Bewachungsordnung geregelt werden.
Dagegen umfasst der Veranstaltungsordnungsdienst (VOD) eine Vielzahl von speziellen Tätigkeiten, die sich auf die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Veranstaltungen beziehen.
VOD ist keine Sicherheitsdienstleistung im rechtlichen Sinne.


Notfallplanung setzt immer abgestimmte Procedere, vorhandene Ressourcen und geeignetes Personal voraus
==Sicherheitsdienstleistungen==
Abgestimmte Prozedere
Das Bewachungsrecht sieht seit Januar 2003 eine Sachkundeprüfung für bestimmte Tätigkeiten vor. Rechtsgrundlage ist § 34 a Abs. 1 Satz 5 Gewerbeordnung (GewO) in Verbindung mit der Bewachungsverordnung (BewachV). Die Anforderungen an den Sicherheitsdienst werden im § 34 Gewerbeordnung (GewO) festgelegt
* Notfallpläne werden bestenfalls in Abstimmung mit denjenigen erarbeitet, die im Rahmen der Abwiclung des Notfalles eine relevante Rolle übernehmen. Kann dies nicht gewährleistet werden, ist durch geeignete Unterweisungen, Schulungen oder Übungen sicherzustellen, dass die Pläne allen handelnden Beteiligten in ausreichendem Maße bekannt sind.
* Die Abarbeitung von Notfällen sollte regelmäßig geübt und trainiert werden. Da insbesondere Übungen  im Rahmen von Veranstaltungen (insbesondere einmalig stattfindenden) regelmäßig an Ressourcen scheitern, empfiehlt sich zumindest die Etablierung eines vorbereitenden Szenarienworkshops mit allen Beteiligten
* Die Maßnahmen der Notfallplanung müssen mit den allgemeinen und / oder organsiationsinternen Plänen übereinstimmen bzw. abgestimmt werden.
Vorhandene bzw. zusätzliche Ressourcen
* In den meisten Fällen erfordert die Abarbeitung von Notfällen zusätzliches Personal und Material. Dies können zusätzliche Ordnungskräfte sein, die eine geordnete Räumung ermöglichen ohne dass ebenfalls durch Ordnungskräfte abgesicherte Positionen aufgegeben werden müssen, oder auch das geeignete material, um die im Rahmen der Notfallplanung vorgesehenen Maßnahmen umzusetzen (zusätzliche Absperrungen, Seitenschneider zum Öffnen von Befestigung (z.B. Sichtschutz) – Flatterband zum schnellen Absperren von Bereichen)
* Zusätzliche Ressourcen können auch in zusätzlichen Spezialkenntnissen oder –fähigkeiten notwendig werden (z.B. Wasser- oder Höhenrettung)
Geeignetes Personal
* das Personal, das im Rahmen der Notfallplanung eingesetzt wird, muss unabhängig von seiner Funktion geeignet sein, diese jeweilige Funktion auszuüben. Dies  kann je nach Funktion besondere Anforderungen an Stressresistenz und Informationsverarbeitung bedeuten oder auch die physische Voraussetzungen umfassen.
* Unabhängig von der Funktion ist jedoch sicherzustellen, dass das Personal in den jeweiligen Aufgaben unterwiesen und im besten Falle geübt ist.
* In entscheidungsrelevanten Positionen ist sicherzustellen, dass die jeweiligen Personen über eine ausreichende Weisungs- und Entscheidungsbefugnis verfügen.


==Szenarien==
(1) Wer gewerbsmäßig Leben oder Eigentum fremder Personen bewachen will (Bewachungsgewerbe), bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. (...)
Der Gewerbetreibende darf mit der Durchführung von Bewachungsaufgaben nur Personen beschäftigen, die die Voraussetzungen nach Satz 3 Nr. 1 und 3 erfüllen. Für die Durchführung folgender Tätigkeiten ist der Nachweis einer vor der Industrie- und Handelskammer erfolgreich abgelegten Sachkundeprüfung erforderlich (...)


Zur Identifizierung der veranstaltungsspezifischen Gefährdungen müssen im Vorfeld der Veranstaltung, empfehlenswerterweise die gesamte Planung begleitend, Gefährdungsanalysen und -beurteilungen erstellt werden, die die durch die Veranstaltung entstehenden Gefährdungen identifizieren, ihnen Werte und Ordnung zuweisen und wirksame Risikominimierungsmaßnahmen festlegen. Diese Gefährdungsanalysen müssen sich auf alle technischen, strukturellen und organisatorischen Bereiche und Einheiten der Veranstaltungsplanung beziehen ([[Crowd Management]])
(5) Der Gewerbetreibende und seine Beschäftigten dürfen bei der Durchführung von Bewachungsaufgaben gegenüber Dritten nur die Rechte, die Jedermann im Falle einer Notwehr, eines Notstandes oder einer Selbsthilfe zustehen, die ihnen vom jeweiligen Auftraggeber vertraglich übertragenen Selbsthilferechte sowie die ihnen gegebenenfalls in Fällen gesetzlicher Übertragung zustehenden Befugnisse eigenverantwortlich ausüben. In den Fällen der Inanspruchnahme dieser Rechte und Befugnisse ist der Grundsatz der Erforderlichkeit zu beachten.
Die thematischen Zusammenfassungen solcher Gefährdungsanalysen und der korrespondierenden Risikominimierungsmaßnahmen sind die Grundlage für die Aufstellung von Szenarien, die relevante veranstaltungsspezifische Situationen detailliert betrachten und in einzelnen Schritten die sichere Abarbeitung des Szenarios beschreiben. Zu solchen Szenarien gehören regelmäßig:


* Unwetter
* Überfüllung von Veranstaltungsbereichen (auch lokal)
* Medizinischer Notfall
* Brand / Explosion
* Platzstürmung (Fußball)
Oftmals werden die Konsequenzen aus den Szenarien ebenfalls als „Szenario“ definiert
* Unterbrechung der Veranstaltung
* Abbruch der Veranstaltung
* Teil- oder Gesamträumung der Veranstaltung
Die aufgeführten Szenarien sind lediglich Beispiele und erfüllen nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Ganz im Gegenteil; Szenarien sind in hohem Maße individuell von der betrachteten Veranstaltung abhängig und müssen auf Grund einer entsprechend individuellen Gefährdungsanalyse erstellt worden sein.
Szenrienplanung hilft dabei nicht nur, die Abarbeitung von Notfällen zu verbessern, sondern kann als systematisches Planungstool zur Identifizierung möglicher Notwendigkeiten im Rahmen der gesamten Veranstaltungsplanung definiert werden. Die klassischen Instrumente der [[Kontinuitätsplanung]], Schadenrelevanzanalyse und Maximal Tolerierbare Ausfallzeit helfen dabei, tatsächlich betrachtenswerte Szenarien zu definieren.
Szenarien haben die Aufgabe, Abläufe zur Beherrschung kritischer Situationen zu definieren und  Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten für Entscheidungen, Veranlassungen und die Umsetzung einzelner Schritte fest zu legen. Durch eine detaillierte Erarbeitung einzelner Schritte zur Abarbeitung eines Notfalls wird den handelnden Personen eine Hilfestellung gegeben, die es ermöglicht, sich in Stresssituationen zu fokussieren und wichtige Schritte einzuhalten. Die Planung bestimmter Szenarien und die damit verbundene Abarbeitung von Abläufen hilft dabei auch ungeplante Situationen auf der Basis der bestehenden Prozedere abzuarbeiten.
Darüber hinaus haben Szenarien den Vorteil, alle beteiligten Institutionen einzubeziehen und so ein mögliches „Zuständigkeitsgerangel“ und den damit einhergehenden Zeitverlust zu verhindern. Notfälle sind zeitkritisch, sowohl in der Detektion, der Alarmierung wie auch in der Abwicklung.Gefährdungsanalysen, Maßnahmenfestlegung und Szenarienentwicklung dienen dazu, Notfälle ohne Zeitverluste zu beherrschen.


==Schadenerfahrung==
Gegenstand der Sachkundeprüfung sind folgende Sachgebiete, die auch im Rahmen der Unterrichtungsverfahren behandelt werden:


Sowohl die Erstellung eines geeigneten Notfallplans, als auch dessen Umsetzung scheitern häufig aufgrund mangelnder Erfahrung mit kritischen Situationen im Rahmen großer Veranstaltungen. Die Aufarbeitung vergangener Vorfälle kann daher bei der Vorbereitung auf Schadenfälle und Szenarien hilfreich sein, als dass sie für eventuelle Schwierigkeiten während von Planungs- und Durchführungsphasen sensibilisieren.
* Recht der öffentlichen Sicherheit und Ordnung einschließlich Gewerberecht und Datenschutzrecht,
Insbesonder Hilfreich ist dabei eine detailliertn, schrittweisen Rekonstruktion der Abläufe. Das Erstellen eines Ablaufplans (siehe hierzu: Turner, Toft, Reynolds, 1994 „Learning From Disasters) erlaubt dabei eine Systematisierung der Kausalzusammenhänge vor, während und nach der Eskalation. Dadurch lassen sich Art und Zeitpunkt eines einzelnen Fehlers aber auch Kaskadeneffekte und Eskalationsstufen herausarbeiten, in dem die folgenden Fragen beantwortet werden:
* Bürgerliches Gesetzbuch,
* Was passiert wann?
* Straf- und Strafverfahrensrecht einschließlich Umgang mit Waffen,
* Wer war beteiligt?
* Unfallverhütungsvorschrift Wach- und Sicherungsdienste,
* Was beeinflusste was?
* Umgang mit Menschen, insbesondere Verhalten in Gefahrensituationen und Deeskalationstechniken in Konfliktsituationen, und
* Wer beeinflusste wen?
* Grundzüge der Sicherheitstechnik
Die rückblickende Aufarbeitung von Notfällen und das Hinterfragen von eigenen Handlungsoptionen in Bezug auf das Szenario kann helfen, auch ohne eigne Schadenerfahrung aussagekräftige Szenarien zu erstellen.
 
Diese Herangehensweise empfiehlt sich auch zur Aufarbeitung von Notfällen bzw. auch Beinahe-Unfällen, im Rahmen der regelmäßigen Nachbereitung, braucht hierzu jedoch eine interorganisational transparente Informationsgrundlage sowie eine geeignete Form der Dokumentation.
Hieraus ergibt sich, dass die auch im Veranstaltungsbereich häufig anzutreffende Forderung nach einer Unterrichtung oder auch Sachkundeprüfung gem. 34a GewO keinen  grundsätzlichen Vorteil in Bezug auf die sicher Durchführung der Veranstaltung bedeutet:  Durch die oft vorgenommene Gleichsetzung der Bereiche entstehen Defizite in der Ausbildung und Schulung der Mitarbeiter: Veranstaltungsspezifische Qualifizierungsinhalte wie die Dynamik von Menschenmassen, Psychologie zur Führung von größeren Menschengruppen, Deeskalation von Menschenmassen und das Zusammenwirken von Polizei, Feuerwehr, Rettungsdiensten und anderen am Logistikprozess einer Veranstaltung beteiligten Organisationseinheiten werden im Rahmen der Wissensvermittlung gemäß § 34a GewO nicht behandelt. In einer aktuellen Stellungnahme des Bundesverbands für Sicherheitswirtschaft (BDSW 2014, 2) wird darauf hingewiesen, dass die 40-stündige Sachkunde-Unterrichtung auf der Basis der gewerberechtlichen Grundlagen des §34a Gewerbeordnung keine angemessene „Qualifizierung“ für die Arbeit im Rahmen von (Groß-)Veranstaltungen darstellt.  
 
==Veranstaltungsordnungsdienst==
 
Der BDSW (2014, 3) definiert VOD wie folgt: „Veranstaltungsordnungsdienst führt durch, wer als Mitarbeiter eines Bewachungsunternehmen gemäß § 34a der Gewerbeordnung eine der folgenden Tätigkeiten im Rahmen einer Veranstaltung ohne die Übertragung des Hausrechts durch den jeweiligen Veranstalter durchführt und dabei nicht selbstständig handelt, sondern engmaschig durch einen Supervisor/Bereichsleiter geführt wird und nicht einer Erlaubnis nach §34 a Gewerbeordnung bedarf.
 
Als Tätigkeiten des VOD werden vom BDSW (2014, 3) genannt:
* Kartenabriss und Platzanweisung,
* Ansprache zum Freihalten von Gängen in Stuhlreihen oder Mundlöchern,
* Kartenkontrolle an Zuschauer-Blöcken / Bereichen,
* Kontrolle von Akkreditierungen (Zutrittsberechtigung ähnlich Ticket),
* Steuerung von Menschenströmen durch Information,
* Zufahrtskontrolle auf Akkreditierung
* Evakuierungshelfer,
* Mengenkontrolle der Bereiche,
* Bergen von hilfsbedürftigen Personen,
* Lenkung des ruhenden und fließenden Verkehrs auf dem Veranstaltungsgelände,
* Freihalten von Flucht und Rettungswegen.
 
==Leistungsmerkmale und Anforderungen==
 
Für Veranstalter, die entweder nicht erfahren in der Auswahl eines geeigneten Veranstaltungsordnungsdienstes sind oder diejenigen, die dies eher als „lästige Notwendigkeit“ betrachten – aber auch für diejenigen, die dem strengen Vergaberecht unterliegen – ist der Preis der Dienstleistung häufig ein ausschlaggebendes Kriterium.
Der Preis kann bestenfalls ein Anhaltspunkt für die Qualität des Unternehmens sein, da bei einem zu niedrigen Preis die Möglichkeit besteht, dass weder die Einhaltung des Mindestlohnes, der tariflich vorgegeben Aufschläge noch die Zahlung regelmäßiger Sozialabgaben gegeben ist.
 
Im Folgenden werden einige Leistungsmerkmale (vgl. VBG 2012, 52) aufgezeigt, die dem Auftraggeber bzw. Entscheider bei der Auswahl des geeigneten Dienstleisters behilflich sein sollen. Die DIN 77200 „Sicherungsdienstleistungen“ sowie die DIN EN 15602 stellen Anforderungen an Organisation, Personalführung und Arbeitsweise eines Unternehmens zur Erbringung von Sicherheitsdienstleistungen dar. Damit werden Qualitätskriterien für die Vergabe von SDL durch öffentliche und private Auftraggeber bzw. Nachfrager vorgegeben. Die dort so genannten Veranstaltungsdienste werden nur rudimentär angesprochen.
Das Vorliegen einer Zertifizierung ist ebenso wenig wie der Preis jedoch kein Kriterium, dass für sich alleinstehend Auskunft über die Qualifikation eines VOD geben kann: Erfahrungen, Führungsstrukturen und festes Personal sind Kriterien, die im Allgemeinen genauso wichtig sind, wir Ortskunde und Erfahrung mit der angefragten Veranstaltungsart im Speziellen.
 
Langjährige Erfahrung des Unternehmens ist eines der wichtigsten Kriterien. Glaubt man den Beschreibungen vieler Selbstdarstellungen von Unternehmen, so hat nahezu jeder Dienstleister „umfangreiche Erfahrungen“ bei Großveranstaltungen und viele Dienstleister geben bekannte Künstler und Musiker als Referenzen an. Zwar mögen einzelnen Unternehmen durchaus mit bestimmten Tätigkeiten rund um eine bestimme Großveranstaltung betraut gewesen sein, dies gilt aber zwangsläufig nicht für die Mitarbeiter des Unternehmens. Die Branche ist grundsätzlich von einer hohen personellen Fluktuation gekennzeichnet, sodass lediglich der Nachweis kontinuierlicher Weiter- und Fortbildungen ein Indiz für praktisches Erfahrungswissen der Mitarbeiter sein kann und auf existierende Formen der Weitergabe von Handlungs- und Betriebswissen im Unternehmen selbst hindeutet. Es ist vor allem wichtig, dass mindestens diejenigen, die eine führende Position innehaben oder diejenigen, die in besonders anspruchsvollen Bereichen arbeiten (z.B. an einer Bühnenabsperrung bei einem Konzert, bei dem eine hohen Dynamik im Publikum erwartet wird), über die entsprechende Erfahrung verfügen. Liegt die nachweisbare Erfahrung in den geforderten Arbeitsbereichen vor, ist sie ein wesentliches Entscheidungskriterium für den jeweiligen VOD. Ein erfahrener Dienstleister steht nicht nur für eine professionelle Umsetzung der Leistung, sondern auch für die Möglichkeit, von den Erfahrungen bereits im Rahmen der Planungsphase zu profitieren.
 
Folgende Kriterien können bei der Auswahl des geeigneten Dienstleisters herangezogen werden
* Bestätigung der Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden gemäß § 9 Abs. BewachV;
* Nachweis einer Datenschutzverpflichtungserklärung der Beschäftigten und des Gewerbetreibenden im Sinne des § 8 Abs. 1 BewachV bzw. Ziffer 4.11.3 (Abs. 3 Satz 1) DIN 77200;
* Nachweis einer Verschwiegenheitsverpflichtungserklärung des Gewerbetreibenden sowie der Beschäftigten gem. § 8 Abs. 2 der BewachV;
* Nachweis einer nachvollziehbaren und transparenten Aufbauorganisation durch
Vorlage eines Organigramms einschließlich der dazugehörigen Stellenbeschreibungen [DIN 77200, Ziffer 4.1];
* Nachweis einer nachvollziehbaren und transparenten Ablauforganisation durch Vorlage tätigkeitsbezogener mit dem Auftraggeber abgestimmter Dienstanweisungen auf Grundlage der Anforderungsprofile [DIN 77200, Ziffer 4.9];
* Nachweis einer Einsatzdokumentation [DIN 77200, Ziffer 4.14];
* Nachweis einer dienstanweisungsbezogenen Unterweisung der Beschäftigten [DIN 77200, Ziffer 4.11.5];
* Nachweis der Auftraggebergenehmigung sowie der vertraglichen Bindung bei Einsatz von Subunternehmen;
* Nachweis eines zielgruppenorientierten, verwendungsbezogenen Fortbildungskonzeptes;
* Nachweis, dass die Beschäftigten die deutsche Sprache in Wort und Schrift
beherrschen gem. § 3 Abs. 1 BewachV;
* Nachweis der Mindestanforderungen an die Beschäftigten und ihrer gesundheitlichen (physischen/psychischen) Eignung in Abhängigkeit von dem jeweiligen Anforderungsprofil [DIN 77200, Ziffer 4.11.1 und 4.11.2, S. 2 i. V. m. Anhang B.2];
* Nachweis von Firmenausweisen für Einsatzkräfte und Führungskräfte gem. § 11 Abs. 1 BewachV, DIN 77200 Nr. 4.11.4];
* Nachweis von zweckmäßiger, unverwechselbarer und einheitlicher Dienstkleidung für alle Beschäftigten [§ 12 BewachV, DIN 77200, Nr. 4.12.2];
* Nachweis über die Verfügbarkeit einer jederzeit mit Führungspersonal besetzten und erreichbaren Einsatzleitung [DIN 77200 Nr. 4.6, DIN 15602, Nr. 2.5.2];
* Einsatz – und/ oder Abschnittsleitung ortsnah zum Einsatzbereich [DIN 77200, Nr. 6.3 Abs. 2 S. 2];
* Nachweis der Verfügbarkeit zusätzlicher Kräfte und Führungs- und Einsatzmittel (FEM) als Reserve mit einer Reaktionszeit 1-3 Stunden;
* Nachweis über 50 % der Beschäftigten mit mindestens zehn Verwendungen bei Großveranstaltungen;
* Führungskräfte : Nachweis über zwei Jahre Führungserfahrung bei Veranstaltungen sowie Führungsverantwortung bei mindestens zehn Veranstaltungen;
* Führungskräfte: Nachweis über die Teilnahme an veranstaltungsspezifischen Fortbildungen;
* Einsatzkräfte: Nachweis über die Teilnahme an veranstaltungsspezifischen Fortbildungen;
* Einsatzkräfte :Nachweis über die Teilnahme an einer Unterweisung in lebensrettenden Sofortmaßnahmen;
* Einsatzkräfte : Nachweis über die Teilnahme an einer auftragsspezifischen Fortbildung.


==Literatur==
==Literatur==


* Hofinger, Gesine/Horn, Günter (2002): Notfallplanung. Aufgaben, Anforderungen, Anregungen. In: Strohschneider, Stefan/von der Weth, Rüdiger (Hg.) (2002): Ja, mach nur einen Plan: Pannen und Fehlschläge – Ursachen, Beispiele, Lösungen. Bern: 224-239. Online unter: [http://www.horn-engineering.de/fileadmin/horn-engineering.de/upload/notfallmanagement/DrHorn_-_Notfallplanung_Hofinger_Horn2002.pdf]
* http://www.innenministerkonferenz.de/IMK/DE/termine/to-beschluesse/11-12-09/Anlage07-3.pdf?__blob=publicationFile&v=2 (abgerufen 14.10.2014).
* Swedish Civil Contingecies Agency (2011): The Event Safety Guide. [https://www.msb.se/RibData/Filer/pdf/26172.pdf]
* BDSW (2014): Partner für professionellen Veranstaltungsordnungsdienst. Bundesverband für Sicherheitswirtschaft. Bad Homburg.
* The Event Industry Forum (2014): Purple Guide to Health, Safety and Welfare at Music and other Events. [http://www.thepurpleguide.co.uk/]
* Ottens, R.W., Olschok, H. u. S. Landrock (Hrsg.) (1999): Recht und Organisation privater Sicherheitsdienste in Europa. Boorberg. Stuttgart.  
* The Event Safety Alliance (2013): The Event Safety Guide.[http://eventsafetyalliance.org/]
* VBG (Hrsg.) (2005): Unfallverhütungsvorschrift Wach- und Sicherungsdienste vom 1. Oktober 1990 in der Fassung vom 1. Januar 1997 mit Durchführungsanweisungen vom Januar 2005. Verwaltungsberufsgenossenschaft (VBG). Hamburg.
* Toft, Brian and Simon Reynolds (1994): Learning from Disasters. Oxford, UK: Butterworth-Heinmann.
* VBG (Hrsg.) (2012): Wach- und Sicherungsdienste – sicher und erfolgreich. Leitfaden für eine präventive Gestaltung der Arbeit. VBG-Branchenleitfaden BGI 5022. Verwaltungsberufsgenossenschaft (VBG). Hamburg.
* DIN 77200 „Sicherungsdienstleistungen“
* DIN EN 15602 „Sicherheitsdienstleister / Sicherungsdienstleister-Terminologie“

Version vom 4. November 2014, 10:52 Uhr

Die Auswahl eines geeigneten Veranstaltungsordnungsdienstes ist eine wesentliche Grundlage für die Planung und Durchführung einer sicheren Veranstaltung. Eine frühzeitige Zusammenarbeit unter Berücksichtigung der Fachkenntnisse und der Erfahrungen des Dienstleisters garantiert eine umfassende Berücksichtigung der für die Veranstaltung greifenden sicherheitsrelevanten Belange. Die Auswahl eines geeigneten Dienstleisters garantiert dabei nicht nur Unterstützung während der Planung, sondern natürlich auch eine professionelle Umsetzung der Aufgaben während der Veranstaltung – sowohl im Rahmen einer Normal- als auch im Rahmen einer Schadenlage. In der Realität gehen der Stellenwert der Arbeit der Veranstaltungsordnungsdienste und die damit einhergehende Verantwortung nicht immer einher mit den bestehenden Angeboten. Der Markt der Dienstleister ist geprägt von häufiger Fluktuation, Mini- und Nebenjobs und Mindestlohn. Niedrige Eintrittshürden in das Tätigkeitsfeld und ein zuweilen die Grenzen des Verantwortbaren sprengender Preiskampf sorgen dafür, dass der Markt der privaten Sicherheits- und Ordnungsdienste nahezu unüberschaubar ist und sich auch in einem ständigen Wechsel befindet. Hierunter leidet der allgemeine Ausbildungsstand bei den Mitarbeitern der Branche, so dass die Diskrepanz zwischen nachgefragter Expertise und angebotener Arbeitsleistung hoch ist. Der BDSW (Bundesverband der Sicherheits- & Wachdienste) e.V. hat zu diesem Thema eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die sich im speziellen mit dieser Problematik beschäftigt und als Konsequenz den „Veranstaltungsordnungsdienst“ als ein eigenständiges Tätigkeits- & Arbeitsfeld definiert.

Einleitung

Der Gesetzgeber verlangt in der Muster-Versammlungsstättenverordnung den Einsatz von Ordnungsdiensten, hat diese aber nicht ausreichend definiert. In der Praxis werden die Begriffe „Ordnung“ und „Sicherheit“ häufig synonym verwendet, eine inhaltliche Trennung der Aufgaben erfolgt kaum. Viele Mitarbeiter, die heute auf Veranstaltungen als Ordner eingesetzt werden, müssen dieselben Voraussetzungen erfüllen, wie etwa ein Sicherheitsmitarbeiter oder ein Mitarbeiter im Geld- und Werttransport. Dies liegt daran, dass Behörden und Kunden oftmals nicht unterscheiden zwischen Veranstaltungsordnungsdienst (VOD) und Sicherheitsdienstleistungen (SDL). In der Muster-Versammlungsstättenverordnung (link) wird der Einsatz von Ordnungsdiensten auf Veranstaltungen gefordert, eine genauere Definition unterbleibt jedoch.

In § 43, Absatz 4 der Verordnung heißt es: 1 Der Ordnungsdienstleiter und die Ordnungsdienstkräfte sind für die betrieblichen Sicherheitsmaßnahmen verantwortlich.

2 Sie sind insbesondere für die Kontrolle an den Ein- und Ausgängen und den Zugängen zu den Besucherblöcken, die Beachtung der maximal zulässigen Besucherzahl und der Anordnung der Besucherplätze, die Beachtung der Verbote des § 35, die Sicherheitsdurchsagen sowie für die geordnete Evakuierung im Gefahrenfall verantwortlich.


Trotz der vermeintlich eindeutigen Terminologie wird in den jeweiligen Bereichen häufig auch von einem Sicherheitsdienst gesprochen – oder aber, als ein häufig verwendeter Begriff, von einem „privaten Sicherheits- & Ordnungsdienst“. Diese „privaten Sicherheits- & Ordnungsdienste“ werden bei Veranstaltungen jeder Art (auch außerhalb des Geltungsbereiches der Verordnung) eingesetzt – oftmals ohne eine tatsächliche inhaltliche Unterscheidung zwischen Ordnungs- & Sicherheitsaufgaben. Diese ist jedoch nötig, um die geeignete Besetzung von Positionen innerhalb der Veranstaltung zu gewährleisten. Die Sicherheitsdienstleistungen (SDL) fallen unter den Bereich der Bewachungsdienstleistungen, die gesetzlich durch den § 34a der Gewerbeordnung (GewO) in Verbindung mit der Bewachungsordnung geregelt werden. Dagegen umfasst der Veranstaltungsordnungsdienst (VOD) eine Vielzahl von speziellen Tätigkeiten, die sich auf die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Veranstaltungen beziehen. VOD ist keine Sicherheitsdienstleistung im rechtlichen Sinne.

Sicherheitsdienstleistungen

Das Bewachungsrecht sieht seit Januar 2003 eine Sachkundeprüfung für bestimmte Tätigkeiten vor. Rechtsgrundlage ist § 34 a Abs. 1 Satz 5 Gewerbeordnung (GewO) in Verbindung mit der Bewachungsverordnung (BewachV). Die Anforderungen an den Sicherheitsdienst werden im § 34 Gewerbeordnung (GewO) festgelegt

(1) Wer gewerbsmäßig Leben oder Eigentum fremder Personen bewachen will (Bewachungsgewerbe), bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. (...) Der Gewerbetreibende darf mit der Durchführung von Bewachungsaufgaben nur Personen beschäftigen, die die Voraussetzungen nach Satz 3 Nr. 1 und 3 erfüllen. Für die Durchführung folgender Tätigkeiten ist der Nachweis einer vor der Industrie- und Handelskammer erfolgreich abgelegten Sachkundeprüfung erforderlich (...)

(5) Der Gewerbetreibende und seine Beschäftigten dürfen bei der Durchführung von Bewachungsaufgaben gegenüber Dritten nur die Rechte, die Jedermann im Falle einer Notwehr, eines Notstandes oder einer Selbsthilfe zustehen, die ihnen vom jeweiligen Auftraggeber vertraglich übertragenen Selbsthilferechte sowie die ihnen gegebenenfalls in Fällen gesetzlicher Übertragung zustehenden Befugnisse eigenverantwortlich ausüben. In den Fällen der Inanspruchnahme dieser Rechte und Befugnisse ist der Grundsatz der Erforderlichkeit zu beachten.


Gegenstand der Sachkundeprüfung sind folgende Sachgebiete, die auch im Rahmen der Unterrichtungsverfahren behandelt werden:

  • Recht der öffentlichen Sicherheit und Ordnung einschließlich Gewerberecht und Datenschutzrecht,
  • Bürgerliches Gesetzbuch,
  • Straf- und Strafverfahrensrecht einschließlich Umgang mit Waffen,
  • Unfallverhütungsvorschrift Wach- und Sicherungsdienste,
  • Umgang mit Menschen, insbesondere Verhalten in Gefahrensituationen und Deeskalationstechniken in Konfliktsituationen, und
  • Grundzüge der Sicherheitstechnik


Hieraus ergibt sich, dass die auch im Veranstaltungsbereich häufig anzutreffende Forderung nach einer Unterrichtung oder auch Sachkundeprüfung gem. 34a GewO keinen grundsätzlichen Vorteil in Bezug auf die sicher Durchführung der Veranstaltung bedeutet: Durch die oft vorgenommene Gleichsetzung der Bereiche entstehen Defizite in der Ausbildung und Schulung der Mitarbeiter: Veranstaltungsspezifische Qualifizierungsinhalte wie die Dynamik von Menschenmassen, Psychologie zur Führung von größeren Menschengruppen, Deeskalation von Menschenmassen und das Zusammenwirken von Polizei, Feuerwehr, Rettungsdiensten und anderen am Logistikprozess einer Veranstaltung beteiligten Organisationseinheiten werden im Rahmen der Wissensvermittlung gemäß § 34a GewO nicht behandelt. In einer aktuellen Stellungnahme des Bundesverbands für Sicherheitswirtschaft (BDSW 2014, 2) wird darauf hingewiesen, dass die 40-stündige Sachkunde-Unterrichtung auf der Basis der gewerberechtlichen Grundlagen des §34a Gewerbeordnung keine angemessene „Qualifizierung“ für die Arbeit im Rahmen von (Groß-)Veranstaltungen darstellt.

Veranstaltungsordnungsdienst

Der BDSW (2014, 3) definiert VOD wie folgt: „Veranstaltungsordnungsdienst führt durch, wer als Mitarbeiter eines Bewachungsunternehmen gemäß § 34a der Gewerbeordnung eine der folgenden Tätigkeiten im Rahmen einer Veranstaltung ohne die Übertragung des Hausrechts durch den jeweiligen Veranstalter durchführt und dabei nicht selbstständig handelt, sondern engmaschig durch einen Supervisor/Bereichsleiter geführt wird und nicht einer Erlaubnis nach §34 a Gewerbeordnung bedarf.“

Als Tätigkeiten des VOD werden vom BDSW (2014, 3) genannt:

  • Kartenabriss und Platzanweisung,
  • Ansprache zum Freihalten von Gängen in Stuhlreihen oder Mundlöchern,
  • Kartenkontrolle an Zuschauer-Blöcken / Bereichen,
  • Kontrolle von Akkreditierungen (Zutrittsberechtigung ähnlich Ticket),
  • Steuerung von Menschenströmen durch Information,
  • Zufahrtskontrolle auf Akkreditierung
  • Evakuierungshelfer,
  • Mengenkontrolle der Bereiche,
  • Bergen von hilfsbedürftigen Personen,
  • Lenkung des ruhenden und fließenden Verkehrs auf dem Veranstaltungsgelände,
  • Freihalten von Flucht und Rettungswegen.

Leistungsmerkmale und Anforderungen

Für Veranstalter, die entweder nicht erfahren in der Auswahl eines geeigneten Veranstaltungsordnungsdienstes sind oder diejenigen, die dies eher als „lästige Notwendigkeit“ betrachten – aber auch für diejenigen, die dem strengen Vergaberecht unterliegen – ist der Preis der Dienstleistung häufig ein ausschlaggebendes Kriterium. Der Preis kann bestenfalls ein Anhaltspunkt für die Qualität des Unternehmens sein, da bei einem zu niedrigen Preis die Möglichkeit besteht, dass weder die Einhaltung des Mindestlohnes, der tariflich vorgegeben Aufschläge noch die Zahlung regelmäßiger Sozialabgaben gegeben ist.

Im Folgenden werden einige Leistungsmerkmale (vgl. VBG 2012, 52) aufgezeigt, die dem Auftraggeber bzw. Entscheider bei der Auswahl des geeigneten Dienstleisters behilflich sein sollen. Die DIN 77200 „Sicherungsdienstleistungen“ sowie die DIN EN 15602 stellen Anforderungen an Organisation, Personalführung und Arbeitsweise eines Unternehmens zur Erbringung von Sicherheitsdienstleistungen dar. Damit werden Qualitätskriterien für die Vergabe von SDL durch öffentliche und private Auftraggeber bzw. Nachfrager vorgegeben. Die dort so genannten Veranstaltungsdienste werden nur rudimentär angesprochen. Das Vorliegen einer Zertifizierung ist ebenso wenig wie der Preis jedoch kein Kriterium, dass für sich alleinstehend Auskunft über die Qualifikation eines VOD geben kann: Erfahrungen, Führungsstrukturen und festes Personal sind Kriterien, die im Allgemeinen genauso wichtig sind, wir Ortskunde und Erfahrung mit der angefragten Veranstaltungsart im Speziellen.

Langjährige Erfahrung des Unternehmens ist eines der wichtigsten Kriterien. Glaubt man den Beschreibungen vieler Selbstdarstellungen von Unternehmen, so hat nahezu jeder Dienstleister „umfangreiche Erfahrungen“ bei Großveranstaltungen und viele Dienstleister geben bekannte Künstler und Musiker als Referenzen an. Zwar mögen einzelnen Unternehmen durchaus mit bestimmten Tätigkeiten rund um eine bestimme Großveranstaltung betraut gewesen sein, dies gilt aber zwangsläufig nicht für die Mitarbeiter des Unternehmens. Die Branche ist grundsätzlich von einer hohen personellen Fluktuation gekennzeichnet, sodass lediglich der Nachweis kontinuierlicher Weiter- und Fortbildungen ein Indiz für praktisches Erfahrungswissen der Mitarbeiter sein kann und auf existierende Formen der Weitergabe von Handlungs- und Betriebswissen im Unternehmen selbst hindeutet. Es ist vor allem wichtig, dass mindestens diejenigen, die eine führende Position innehaben oder diejenigen, die in besonders anspruchsvollen Bereichen arbeiten (z.B. an einer Bühnenabsperrung bei einem Konzert, bei dem eine hohen Dynamik im Publikum erwartet wird), über die entsprechende Erfahrung verfügen. Liegt die nachweisbare Erfahrung in den geforderten Arbeitsbereichen vor, ist sie ein wesentliches Entscheidungskriterium für den jeweiligen VOD. Ein erfahrener Dienstleister steht nicht nur für eine professionelle Umsetzung der Leistung, sondern auch für die Möglichkeit, von den Erfahrungen bereits im Rahmen der Planungsphase zu profitieren.

Folgende Kriterien können bei der Auswahl des geeigneten Dienstleisters herangezogen werden

  • Bestätigung der Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden gemäß § 9 Abs. BewachV;
  • Nachweis einer Datenschutzverpflichtungserklärung der Beschäftigten und des Gewerbetreibenden im Sinne des § 8 Abs. 1 BewachV bzw. Ziffer 4.11.3 (Abs. 3 Satz 1) DIN 77200;
  • Nachweis einer Verschwiegenheitsverpflichtungserklärung des Gewerbetreibenden sowie der Beschäftigten gem. § 8 Abs. 2 der BewachV;
  • Nachweis einer nachvollziehbaren und transparenten Aufbauorganisation durch

Vorlage eines Organigramms einschließlich der dazugehörigen Stellenbeschreibungen [DIN 77200, Ziffer 4.1];

  • Nachweis einer nachvollziehbaren und transparenten Ablauforganisation durch Vorlage tätigkeitsbezogener mit dem Auftraggeber abgestimmter Dienstanweisungen auf Grundlage der Anforderungsprofile [DIN 77200, Ziffer 4.9];
  • Nachweis einer Einsatzdokumentation [DIN 77200, Ziffer 4.14];
  • Nachweis einer dienstanweisungsbezogenen Unterweisung der Beschäftigten [DIN 77200, Ziffer 4.11.5];
  • Nachweis der Auftraggebergenehmigung sowie der vertraglichen Bindung bei Einsatz von Subunternehmen;
  • Nachweis eines zielgruppenorientierten, verwendungsbezogenen Fortbildungskonzeptes;
  • Nachweis, dass die Beschäftigten die deutsche Sprache in Wort und Schrift

beherrschen gem. § 3 Abs. 1 BewachV;

  • Nachweis der Mindestanforderungen an die Beschäftigten und ihrer gesundheitlichen (physischen/psychischen) Eignung in Abhängigkeit von dem jeweiligen Anforderungsprofil [DIN 77200, Ziffer 4.11.1 und 4.11.2, S. 2 i. V. m. Anhang B.2];
  • Nachweis von Firmenausweisen für Einsatzkräfte und Führungskräfte gem. § 11 Abs. 1 BewachV, DIN 77200 Nr. 4.11.4];
  • Nachweis von zweckmäßiger, unverwechselbarer und einheitlicher Dienstkleidung für alle Beschäftigten [§ 12 BewachV, DIN 77200, Nr. 4.12.2];
  • Nachweis über die Verfügbarkeit einer jederzeit mit Führungspersonal besetzten und erreichbaren Einsatzleitung [DIN 77200 Nr. 4.6, DIN 15602, Nr. 2.5.2];
  • Einsatz – und/ oder Abschnittsleitung ortsnah zum Einsatzbereich [DIN 77200, Nr. 6.3 Abs. 2 S. 2];
  • Nachweis der Verfügbarkeit zusätzlicher Kräfte und Führungs- und Einsatzmittel (FEM) als Reserve mit einer Reaktionszeit 1-3 Stunden;
  • Nachweis über 50 % der Beschäftigten mit mindestens zehn Verwendungen bei Großveranstaltungen;
  • Führungskräfte : Nachweis über zwei Jahre Führungserfahrung bei Veranstaltungen sowie Führungsverantwortung bei mindestens zehn Veranstaltungen;
  • Führungskräfte: Nachweis über die Teilnahme an veranstaltungsspezifischen Fortbildungen;
  • Einsatzkräfte: Nachweis über die Teilnahme an veranstaltungsspezifischen Fortbildungen;
  • Einsatzkräfte :Nachweis über die Teilnahme an einer Unterweisung in lebensrettenden Sofortmaßnahmen;
  • Einsatzkräfte : Nachweis über die Teilnahme an einer auftragsspezifischen Fortbildung.

Literatur

  • http://www.innenministerkonferenz.de/IMK/DE/termine/to-beschluesse/11-12-09/Anlage07-3.pdf?__blob=publicationFile&v=2 (abgerufen 14.10.2014).
  • BDSW (2014): Partner für professionellen Veranstaltungsordnungsdienst. Bundesverband für Sicherheitswirtschaft. Bad Homburg.
  • Ottens, R.W., Olschok, H. u. S. Landrock (Hrsg.) (1999): Recht und Organisation privater Sicherheitsdienste in Europa. Boorberg. Stuttgart.
  • VBG (Hrsg.) (2005): Unfallverhütungsvorschrift Wach- und Sicherungsdienste vom 1. Oktober 1990 in der Fassung vom 1. Januar 1997 mit Durchführungsanweisungen vom Januar 2005. Verwaltungsberufsgenossenschaft (VBG). Hamburg.
  • VBG (Hrsg.) (2012): Wach- und Sicherungsdienste – sicher und erfolgreich. Leitfaden für eine präventive Gestaltung der Arbeit. VBG-Branchenleitfaden BGI 5022. Verwaltungsberufsgenossenschaft (VBG). Hamburg.
  • DIN 77200 „Sicherungsdienstleistungen“
  • DIN EN 15602 „Sicherheitsdienstleister / Sicherungsdienstleister-Terminologie“