Bitte beachten Sie: Diese archivierte Version des BaSiGo-Wikis wird nicht mehr aktualisiert. Das BaSiGo-Wiki wurde im Rahmen des BMBF-Forschungsprojektes 'Bausteine für die Sicherheit von Großveranstaltungen' (BaSiGo) entwickelt und stellt den Stand zum Projektende im Juni 2015 dar.

Sanitäranlagen (final)

Aus BaSiGo - Bausteine für die Sicherheit von Großveranstaltungen
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Sanitäranlagen, insbesondere WC Anlagen, gehören zur Grundausstattung der Infrastruktur bei Veranstaltungen. Die richtige Bemessung der Kapazitäten ist dabei nicht nur relevant in Bezug auf Hygiene und Gesundheit der Menschen, sondern sorgt auch in nicht unerheblichem Maße für das Wohlbefinden der Besucher bzw. – im Falle von nicht ausreichenden Kapazitäten – möglicherweise für Unruhe und schlechte Stimmung unter den Besuchern. Fehlende Toilettenkapazitäten können darüber hinaus durch durch wildes Urinieren zu umfangreiche Umweltverschmutzung führen (Übersäuerung des Bodens). Die Wahl des richtigen Aufstellortes ist dabei auch aus sicherheitsrelevanten Aspekten von Bedeutung.

Die Umsetzung richtet sich in erster Linie nach vorhandenen Zu- & Ableitungsmöglichkeiten und die Anforderung an die Ausstattung. Das Angebot und die damit verbundenen Möglichkeiten der Ausstattung sind heutzutage vielfältig und werden von einer Vielzahl von Anbietern am Markt abgedeckt.


Überblick

Zu den klassischen WC-Systemen auf Veranstaltungen gehören

  • Mobiltoiletten (mit Tank)
  • Urinale (mit Tank)
  • WC-Container mit Tank
  • WC-Container ohne Tank (d.h. mit Ableitungsmöglichkeit in einen hierfür geeigneten Kanal)

Bei der Auswahl geeigneter Infrastruktur ist dabei regelmäßig folgendes zu beachten

  • Benötigte Kapazitäten (Menge WCs, Größe Tank etc.)
  • Versorgungsmöglichkeiten mit Trinkwasser
  • Entsorgungsmöglichkeiten (Kanal mit geeigneten Ableitungsmöglichkeiten)
  • Möglichkeiten der Zwischenleerung (Anfahrbarkeit)
  • Möglichkeiten der Handwäsche
  • Zusammensetzung des Publikums (Geschlechterverteilung / Anspruchshaltung)
  • Barrierefreiheit – auch für Familien und Kinder (Kinderwagen, Wickelbereich, Rolatoren)
  • Aufstellmöglichkeiten (Bodenbeschaffenheit, Ausrichtung, Warteflächen)
  • Beleuchtung (Toilettenanlage und Zuwegung)
  • Umwelt- und Wasserschutzzonen
  • Be- und Ausschilderung


Berechnung der Menge der zur Verfügung gestellten Toiletten

In der Musterversammlungsstättenverordnung (MVStättVO) wird für Versammlungsstätten folgender Berechnungsschlüssel für de Kapazitätsberechnung von Toiletten vorgegeben.

Toiletten1.jpg


Die Anwendung der Vorgaben der MVStättVO führt bei Veranstaltungen außerhalb von Versammlungsstätten häufig zu Problemen, da die hier zugrundegelegte Annahmen nicht den Anforderungen der meisten Großveranstaltungen auf öffentlichen Verkehrsflächen entspricht. Die Portable Sanitation Association schlägt eine Bemessung auf der Basis der Aufenthaltsdauer vor:

Toiletten5.jpg


Der englische Purple Guide geht als Grundlage der Berechnung ebenfalls von der Dauer der Veranstaltung in Kombination mit dem Angebot an Speisen und Getränken aus:

Toiletten2.JPG


Für die Bemessung der Kapazitäten ist eine Betrachtung verschiedener Faktoren (und deren Zusammenwirken) nötig. Mindestens müssen für die Festlegung der Kapazitäten folgende Überlegungen angestellt werden:

  • Durchschnittliche Verweildauer der Besucher auf dem Veranstaltungsgelände
  • Größe der Veranstaltungsfläche und Verteilung der Besucher auf der Fläche
  • Besucherprofil (Verteilung der Geschlechter. Gibt es hierzu keine Angaben, ist von einer 50/50 Verteilung auszugehen)
  • Aufstellmöglichkeiten (auch barrierefrei)
  • Programm- / Pausengestaltung der Veranstaltung
  • Wetterverhältnisse
  • Möglichkeiten der (Zwischen)Leerung

Inzwischen gibt es auf dem Markt zahlreiche Anbieter, die zum Teil sehr aufwändige und leistungsstarke Systeme entwickelt haben.


Versorgung mit Trinkwasser

Für die Versorgung der Toiletten mit Wasser (Spül- & Waschbecken) gelten die Vorgaben der Trinkwasserverordnung. Bei der Zulegung der Schläuche ist darauf zu achten, dass durch die Schläuche keine zusätzlichen Stolpergefährdungen entstehen und dass diese nach Möglichkeit vandalismusgeschützt verlegt werden (bes. im Hochsommer kommt es immer wieder zum Aufschneiden der Schläuche).

Entsorgungsmöglichkeiten

Sogenanntes Schwarzwasser (fäkalienhaltig) darf nur in hierfür geeignete Kanäle eingeleitet werden. Hierfür ist regelmäßig die Einholung einer Einleitgenehmigung notwendig. Ist die Einleitung nicht möglich, müssen Anlagen gewählt werden, die entweder über eine ausreichende Tankkapazität verfügen oder die ggf. auch während der Veranstaltung geleert werden können. Hier ist insbesondere die Anfahrbarkeit, aber auch Lautstärke und Geruchsbelastung zu bedenken.


Abbildung 4: Unzureichende, bzw. neue Gefährdungen schaffende Absicherung von Einleitstellen
Abbildung 5: Unzureichende, bzw. neue Gefährdungen schaffende Absicherung von Einleitstellen


Ausstattung

Zum Schutz der Privatsphäre der Besucher empfiehlt sich besonders bei Urinalen ein Sichtschutz um den Toilettenbereich. Gerade bei der Aufstellung von mobilen Toilettten kann es erforderlich sein, dass ein zusätzliches Lichtangebot geschaffen werden muss, wenn die Toiletten auch im Dunkeln benutzt werden sollen. Eine ausreichende Ausleuchtung dient darüber hinaus dem Schutz vor möglichen Übergriffen.

Für mobile Toiletten ohne Handwaschgelegenheiten sind diese separat bereit zu stellen. Dabei ist darauf zu achten, dass durch die Nutzung des Wassers keine schlammigen Bereiche mit daraus resultierender Rutschgefahr etc. entstehen.


Organisatorische Anforderungen

Bei der Aufstellung der Toiletten muss darauf geachtet werden, dass sich durch die wartenden Besucher kein Hindernis des Personenstroms ergibt (Warteschlange steht quer zum Personenstrom) und dass Zu- & Abwasserleitungen keine zusätzlichen Stolpergefahren darstellen. Auch ist zu berücksichtigen, dass sich vor Toiletten häufig die Begleitpersonen der jeweiligen Nutzer aufhalten, für die ebenfalls Warteflächen zur Verfügung stehen sollten.

Ist mit hohem Publikumsandrang zu rechen, empfehlen sich Containeranlagen mit zwei möglichst entgegengesetzt liegenden Türen, so dass für die Nutzung der Container bei Bedarf ein Einbahnstraßensystem eingerichtet werden kann.

Bei der Aufstellung der Toiletten sollte darauf geachtet werden, dass die Angebote dezentral angeordnet und gut sichtbar ausgeschildert sind.

Toiletten für Rollstuhlfahrer müssen immer barrierefrei erreichbar und ebenfalls separat ausgeschildert sein. In der Praxis finden sich diese Toiletten häufig in direkter Umgebung der Unfallhilfestationen. Je nach Publikumsprofil sind weitere besondere Anforderungen an Ausstattung und Begehbarkeit zu berücksichtigen.

Bei Veranstaltungen, bei denen mit einer frühen Anreise der Besucher gerechnet werden muss, kann es nötig sein, Toiletten auch im Aussen-/ Wartebereiche der Veranstaltung aufzustellen. Hier ist insbesondere zu klären, welche Bereiche hierfür zur Verfügung stehen (evt. Nutzung von öffentlichen Verkehrsflächen). Das Zur-Verfügungstellen von Toiletten auch im Aussen- / Wartebereich ist insbesondere dann relevant, wenn anzunehmen ist, dass die Besucher ansonsten auf das Trinken verzichten würde und die Gefahr der Dehydrierung entstehen würde. Im Bereich von Warteschlangen sind im Rahmen des Crowd Managements geeignete Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass die Besucher nach der Nutzung der Toiletten ihre Warteposition an gleicher Stelle wieder einnehmen können.

Es sind darüberhinaus geeignete Sanitäranlagen für Mitarbeiter und Beteiligte bereit zu halten. Diese sollten nach Möglichkeit getrennt von den Anlagen für das Publikum angeboten werden. Toiletten müssen immer dort bereit gestellt werden, wo die Personen ihre Positionen nicht / nur schwer verlassen können. Zu beachten ist, dass die sanitäre Versorgung auch in ausreichendem Maße in der Auf- & Abbauphase gewährleistet sein muss

Quellen

  • Musterverordnung über den Bau und Betrieb von Versammlungsstätten (Muster-Versammlungsstättenverordnung – MVStättVO). Fassung Juni 2005 (zuletzt geändert durch Beschluss der Fachkommission Bauaufsicht vom Juli 2014).
  • Portable Sanitation Association
  • Trinkwasserverordnung