Bitte beachten Sie: Diese archivierte Version des BaSiGo-Wikis wird nicht mehr aktualisiert. Das BaSiGo-Wiki wurde im Rahmen des BMBF-Forschungsprojektes 'Bausteine für die Sicherheit von Großveranstaltungen' (BaSiGo) entwickelt und stellt den Stand zum Projektende im Juni 2015 dar.

Straßenverkehrsrecht

Aus BaSiGo - Bausteine für die Sicherheit von Großveranstaltungen
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I. Einführung

Es gibt eine Reihe von Großveranstaltungsarten, die auf öffentlichen Straßen veranstaltet werden, wie z.B. Straßenumzüge oder Sportveranstaltungen wie Marathons oder Radrennen. Durch die Nutzung von Verkehrsflächen können Veranstalterinteressen mit denen des Straßenverkehrs kollidieren, soweit sich die Veranstaltung auf den Verkehrsfluss auswirkt. Daneben ist die Beeinflussung des Verkehrs durch den An- und Abgangsverkehr bzw. durch parkende Veranstaltungsteilnehmer möglich. Für diese Fälle werden treffen den Veranstalter straßenverkehrsrechtliche Rahmenbedingungen und Erlaubnispflichten, die bei der Planungsphase berücksichtigt werden müssen.

II. Anwendungsbereich

Im Falle des Straßenverkehrsrechts können zwei Genehmigungs- und Erlaubnistatbestände Relevanz für den Veranstalter haben. Für den Fall, dass durch die Veranstaltung die öffentlichen Verkehrsflächen mehr als übermäßig genutzt werden, ist die Veranstaltung gem. § 29 StVO genehmigungspflichtig. Daneben können gem. § 46 StVO Ausnahmegenehmigungen von straßenverkehrsrechtlichen Vorgaben erteilt werden, falls die Großveranstaltung eine Nutzung der Verkehrswege erfordert. Öffentlicher Straßenverkehr umfasst die Nutzung aller öffentlichen Wege, die aufgrund straßenrechtlicher Widmung zum allgemeinen Gebrauch zugelassen sind (rechtliche öffentliche Wege). Die Erlaubnispflichten der StVO gelten nicht außerhalb des feststellbaren öffentlichen Verkehrsraums und sind deswegen dann nicht anwendbar, wenn zwar eine Fläche genutzt wird, die nach Maßgabe der Straßengesetze Straßenbestandteil ist, aber nicht selbst dem Verkehr dient, wie z.B. ein Grünstreifen oder wenn die Veranstaltung auf einer Parkfläche ausgerichtet wird.

III. Genehmigungs-/Erlaubnisvoraussetzungen und Rechtswirkung

1. Genehmigungstatbestand a) § 29 StVO: Die Nutzung der öffentlichen Verkehrsflächen ist grundsätzlich erlaubnisfrei, wird aber im Fall einer übermäßigen Nutzung durch § 29 StVO beschränkt. Nach § 29 Abs. 2 StVO sind Veranstaltungen als Sondernutzung auf öffentlichen Verkehrsflächen dann erlaubnispflichtig nach § 29 Abs. 2 StVO, wenn sie einen gewissen organisatorischen Aufwand und Umfang aufweisen, deren Wirkungen den allgemeinen Verkehr stören. Merkmale dabei sind Zahl und Verhalten der Teilnehmer sowie die Fahrweise der beteiligten Fahrzeuge. Die Veranstaltung muss aber nicht mit der Benutzung zu Verkehrszwecken zusammenhängen, vielmehr fallen auch stationäre Veranstaltungen unter § 29 Abs. 2 StVO. Auch soweit die Veranstaltung reflexhaft, z.B. durch Zu- und Abgangsverkehr oder durch ein großes Aufkommen parkender Autos in den Verkehrsfluss eingreift, kann eine verkehrsrechtliche Erlaubnis erforderlich sein. Erlaubnisse sind danach erforderlich für Veranstaltungen mit Kraftfahrzeugen, die nicht unter den Begriff des Rennens fallen (z.B. Oldtimer-Veranstaltungen) und Sportveranstaltungen wie Radsportveranstaltungen, Stadtläufe, Inlineskateveranstaltungen oder Fastnachts- und Karnevalsumzüge, die auf öffentlichen Straßenflächen stattfinden. Darüber hinaus können auch Märkte auf öffentlichen Verkehrsflächen und Straßenfeste eine Erlaubnis nach § 29 StVO erfordern (daneben können in diesem Fall noch gewerberechtliche Berührungspunkte eine Rolle spielen (SIEHE SICHERHEITSBAUSTEIN GEWERBERECHT). Die durch die Erlaubnis zulässige übermäßige Benutzung einer Straße im straßenverkehrsrechtlichen Sinne setzt aber voraus, dass der Widmungszweck der Straße erhalten bleibt, sonst ist eine Sondernutzungserlaubnis nach dem Straßen- und Wegerecht (SIEHE SICHERHEITSBAUSTEIN STRAßEN- UND WEGERECHT) erforderlich. Die Genehmigung liegt im Ermessen der zuständigen Behörde, diese darf bei der Entscheidung nur straßenverkehrsrechtliche Belange einfließen lassen.

b) § 46 StVO: § 46 StVO regelt als Generalklausel die Befugnisse und Voraussetzungen, unter denen die Straßenverkehrsbehörden Ausnahmen von Vorschriften der StVO und von Anordnungen nach § 45 StVO erteilen können. Dabei ist ein Katalog von Regelungen aufgeführt, von denen durch § 46 StVO eine Ausnahme erteilt werden kann. Die Genehmigung liegt im Ermessen der Behörde. Bei der Ausübung des Ermessens muss beachtet werden, dass eine Ausnahme nur dann erteilt werden kann, wenn das Schutzgut der jeweiligen Vorschrift, von der befreit werden soll, nicht wesentlich beeinträchtigt wird. Dabei sind die Interessen der Allgemeinheit mit dem Interesse des Antragstellers abzuwägen. Der Antragsteller, also der Veranstalter, muss die besonderen Umstände, die die Versagung einer Ausnahmeerteilung als eine besondere Härte erscheinen lässt, substantiiert vorbringen.

2. Nebenbestimmungen und Sicherheitsauflagen a) Der Erlaubnis nach § 29 Abs. 2 StVO können im Ermessen der Straßenverkehrsbehörde Nebenbestimmungen nach § 36 Abs. 2 VwVfG beigefügt werden, wobei diese dem Schutz des allgemeinen Verkehrs dienen sollen und nicht allgemeine, nicht-verkehrsbezogene Gefahren zum Gegenstand haben dürfen. Es ist anerkannt, dass die straßenverkehrsrechtlichen Regelungen nicht nur der Abwehr der dem Verkehr selbst drohenden Gefahren dienen, sondern auch der Abwehr der vom Straßenverkehr ausgehenden Gefahren für die Umwelt. Damit sind Instrumentarien gegeben, um dem Veranstalter sicherheitsrelevante Pflichten auferlegen zu können. Konkretisiert werden diese durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO, [1]), die eine Vielzahl von Pflichten und Empfehlungen ausspricht, die die Sicherheit der Veranstaltungsbesucher gewährleisten. Außerdem wird darin eine Kooperationspflicht mit anderen Sicherheitsbehörden festgelegt, wie z.B. Brandschutzdienststellen oder der Polizei. b) Auch der Ausnahmegenehmigung nach § 46 StVO können gemäß § 46 Abs. 3 StVO Nebenbestimmungen in Form einer Befristung, einer Bedingung, eines Widerrufsvorbehalts oder einer Auflage beigefügt werden. Die Sicherheit des Verkehrs darf durch eine Ausnahmegenehmigung nach § 46 StVO nicht beeinträchtigt werden und ist durch Erteilung dieser Nebenbestimmungen zu gewährleisten. Auch diese Entscheidung stellt eine Ermessensentscheidung der Behörde dar, welche durch die VwV-StVO gesteuert wird.

3. Konzentrationswirkung Siehe Sicherheitsbaustein zum STRAßEN- UND WEGERECHT.

IV. Zuständige Behörde

Straßenverkehrsbehörde (gem. § 44 StVO).

V. Verfahren

1. Antragstellung Antragsteller ist in der Regel der Veranstalter, welcher auch der Adressat der Erlaubnis ist. In dem Antrag sollten die Straßen, deren Nutzung beabsichtigt ist, aufgeführt werden sowie die Art und Dauer der Nutzung.

2. Anhörung Der Antragsteller (Veranstalter) ist nach § 28 VwVfG im Vorfeld durch die zuständige Behörde anzuhören, damit diese Belange interessengerecht abwägen zu können.

3. Form Für den Antrag ist keine bestimmte Form vorgeschrieben, da er aber die zur Beurteilung der Veranstaltung notwendigen Angaben enthalten muss, ist er normalerweise schriftlich bei der zuständigen Behörde zu stellen. Im Einzelfall sind Antragsformulare im Internet möglicherweise abrufbar. (SIEHE SICHERHEITSBAUSTEIN E-GOVERNMENT)

V. Handlungsempfehlung:

Schnittstellen kann die Antragstellung mit Straßen- und Wegerecht, Baurecht und Gewerberecht haben. Auch wenn die rechtlichen Vorgaben zum Erlass eines Sicherheitskonzepts nicht bestehen, ist die Erstellung stark empfohlen. Bei der Erstellung sollten die Sicherheitsbehörden stark eingebunden werden. Besonderer Berücksichtigung bedürfen Rückwirkungen auf die Leichtigkeit und Sicherheit des Straßenverkehrs.

Abkürzungsverzeichnis und Erläuterungen

StVO = Straßenverkehrsordnung

VwV-StVO = Verwaltungsvorschrift zur StVO

VwVfG = Verwaltungsverfahrensgesetz

Literatur

Eine Reihe von Inhalten dieses Sicherheitsbausteins beruhen auf den Beiträgen in: Kugelmann (Hrsg.), Verfahrensrecht der Sicherheit von Großveranstaltungen, Baden-Baden, 1. Auflage 2015.