Sicherheitsbeurteilung
Die Sicherheitsbeurteilung setzt sich zusammen aus zwei wesentlichen Aspekten. Zum einen aus einer Risikoeinteilung, welche die zuständigen Fachbehörden bei der Beurteilung des Gefährdungspotenzials einer Veranstaltung und mögliche Maßnahmen bzw. Auflagen vorschlägt, die aufgrund des Gefährdungspotenzial notwendig sein können. Zum anderen aus einem Verfahren zur Risikobeurteilung, die den Veranstalter unterstüzen soll, die möglichen Risiken auf seiner Veranstaltung zu identifizieren, analysieren und zu bewerten, um anschließend Schutzmaßnahmen zu formulieren, die die Risikobewältigung unterstützen sollen.
Diese Beurteilungen werden im Genehmigungsverfahren, speziell in der Planungsphase, durchgeführt. Das Genehmigungsverfahren soll hier auf Hinblick auf die Erstellung der Aspekte der Sicherheitsbeurteilung kurz dargestellt werden. Wird von einem Veranstalter eine Großveranstaltung geplant, muss er diese bei der zuständigen Behörde anmelden. Dies kann häufig online erfolgen. Der Veranstalter füllt dazu einen Anmeldebogen mit den wichtigsten Daten aus.
Diese Anmeldung geht dann an die zuständige Genehmigungsbehörde, idealerweise handelt es sich dabei uns einen zentralen Ansprechpartner (wird häufig als "Federführende Stelle" bezeichnet), die diese an die zuständigen Fachbehörden weiterleitet. Die zuständigen Fachbehörden müssen dann feststellen, ob ein erhöhtes Gefährdungspotenzial vorliegt. Daraus ergibt sich, ob die Genehmigung von der Erfüllung bestimmter Auflagen abhängt. Eine Hilfestellung stellt die Risikoeinteilung für die Polizei und die Risikoeinteilung für Brandschutz-, Sanitätsdienstbelange.
Bei der Planung von Veranstaltungen sollte der Veranstalter grundsätzlich eine Risikobeurteilung durchführen. Die Ergebnisse der Risikobeurteilung können dann in das Sicherheitskonzept übertragen werden.
Risikoeinteilung
Die Risikoeinteilung wird innerhalb des Genehmigungsverfahrens durchgeführt und ist eine Entscheidungshilfe für die zuständigen Fachbehörden, welche Auflagen an die Genehmigung gebunden sein sollten, in Abhängigkeit des Gefährdungspotenzials der Veranstaltung. Mit Hilfe von Checklisten soll den zuständigen Fachbehörden die Möglichkeit gegeben werden, das Gefährdungspotenzial besser einschätzen zu können und notwendige Maßnahmen auszuwählen.
Wie bereits oben erwähnt, ist es bei Großveranstaltungen notwendig, diese bei der zuständigen Genehmigungsbehörde anzumelden. Es ist zu empfehlen, einen standardisierten Anmeldebogen zu verwenden, z.B. als Online-Abfrage. Dabei ist zu beachten, dass der verlinkte Anmeldebogen sich bisher im wesentlichen auf die polizeilichen Aspekte sowie die Aspekte des Brandschutzes und des Sanitätsdienstes bezieht. Dieser ist aber durch die Belange der weiteren zuständigen Fachbehörden erweiterbar. Welche weiteren Fachbehörden mit eingebunden werden sollten, kann nicht pauschal festgelegt werden. Je nach Ausgestaltung der Veranstaltung ist das Fachwissen einzelner Behörden notwendig. Eine nicht abschließende Auflistung über die zu beteiligenden Fachbehörden ist im Kapitel 5 des Leitfadens "Sicherheit bei Großveranstaltungen" des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport zu finden [1]
Aspekte der Risikoeinteilung
Wenn die zuständigen Behörden ausgewählt und die Informationen des Anmeldebogens an die zuständigen Behörden weiter geleitet wurden, führen die eine Risikoeinteilung durch. Unter den folgenden Links werden Polizeiliche Aspekte und Aspekte des Brandschutzes und des Sanitätsdienstes vorgestellt, die eine Risikoeinteilung mindestens umfassen sollte. Mithilfe der verschiedenen Checklisten legen die zuständigen Fachbehörden fest, ob für ihren Bereich das Risiko nicht mehr toleriert werden kann. Im nächsten Schritt ist dann zu klären, ob das Risiko durch Auflagen und Schutzmaßnahmen noch verringert und somit toleriert werden kann. Ist dies aus Sicht einer oder mehrerer zuständiger Fachbehörden nicht möglich, kann keine Genehmigung zur Durchführung der Veranstaltung erstellt werden.
Auflagen auf Grundlage der Risikoeinteilung
Wurde auf Grundlage der Risikoeinteilung ermittelt, dass die Genehmigung an Auflagen geknüpft werden muss, müssen diese je nach Risiko ausgewählt werden. Eine Empfehlung für die möglichen Maßnahmen ist hier zu finden.
Risikobeurteilung
Die Risikobeurteilung ist Teil des Risikomanagementprozesses nach ISO 31000:2009 [2], der im nebenstehenden Bild graphisch dargestellt wird. Die Risikobeurteilung besteht aus den Schritten Risikoidentifikation, Risikoanalyse und Risikobewertung. Vorangestellt ist die Erstellen des Zusammenhangs und danach folgt der Schritt der Risikobewältigung. Umgangssprachlich werden diese zwei Schritte der Risikobeurteilung zugeordnet. Im weiteren Verlauf werden die einzelnen Schritte des Verfahrens näher erläutert.
Erstellen des Zusammenhangs
Durch das Erstellen des Zusammenhangs bringt laut ISO 31000 [3] die Organisation ihre Ziele zum Ausdruck. Dabei wird zwischen internen und externen Einflussfaktoren unterschieden. Ziele bei einer Veranstaltung können unterschiedlich ausgestaltet sein, Beispiele sind der wirtschaftliche Gewinn, Wiedererkennungswert (z.B. mit einem bestimmten Produkt), zufriedene Besucher (welche die nächste Veranstaltung wieder besuchen werden), ein bestimmungsgemäßer Veranstaltungsverlauf und eine sichere Veranstaltung. Durch die Formulierung dieser Ziele, werden so genannte Schutzziele festgelegt, die für die Bestimmung der Grenzrisiken notwendig sind. Der Begriff Schutzziele wird von den Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben unterschiedlich definiert. So besteht ein Schutzziel bei der Feuerwehr aus Erreichungsgrad, Funktionsstärke und Hilfsfrist. Dies ist in diesem Zusammenhang eine zu enge Definition. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe definiert den Begriff "Schutzziel" wie folgt:
Angestrebter Zustand eines Schutzguts, der bei einem Ereignis erhalten bleiben soll. [4]
Allgemein würde dies so viel heißen, wie "Erhaltung der körperlichen Unversehrtheit des Besuchers". Doch wird das Schutzziel "Keine Verletzungen der Besucher von Veranstaltungen" kaum einzuhalten sein und sollte daher so nicht formuliert werden. Der Veranstalter sollte sich aber darüber Gedanken machen, wie viele Verletzten er bei seiner Veranstaltung noch toleriert. Auch kann er bestimmte Arten von Verletzungen oder Erkrankungen festlegen, die er auf der Veranstaltung nicht tolerieren wird. So könnte beispielsweise ein Ziel sein, dass es keine Lebensmittelvergiftungen auf einer Veranstaltungen geben soll. Gibt es einen Verkauf von Lebensmitteln auf der Veranstaltung, kann der Veranstalter daher verlangen, dass alle gültigen Regeln zu diesem Aspekt eingehalten werden sollen und kann dazu noch Kontrollen einbauen.
Beispiele für formulierte Schutzziele:
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Mit der Formulierung der Schutzziele wird festgelegt, welche Risiken auf einer Veranstaltung noch akzeptiert werden können. Das Bild "Grenzrisiko" zeigt, wie bei einer gewissen Höhe des Risikos der Grenzwert überschritten wird, dass es nicht mehr toleriert werden kann. Ein einfaches Beispiel zur Veranschaulichung: Bei der Planung einer Veranstaltung wird ein gewisser Finanzrahmen gesetzt, der nicht überschritten werden darf. Wird dieser jedoch bei der Planung der Veranstaltung überschritten, wird der Veranstalter die Planung abbrechen und die Veranstaltung nicht durchführen oder andere Mittel und Wege suchen, um die Kosten zu senken (z.B. günstigerer Veranstaltungsort, günstigerer Main Act). Gleiches gilt bei der Veranstaltung im Bezug auf die Besuchersicherheit. Bereits in der Planung muss festgelegt werden, welche Risiken in welcher Höhe noch toleriert wird und ab wann Maßnahmen ergriffen werden müssen, um das Risiko zu mindern.
Dieses Grenzrisiko ist dabei selten ein fester Wert, sondern eher ein Risikoband, wie es das Bild der Risikomatrix darstellt.Der gelbe Bereich der Matrix stellt das Grenzrisiko dar. Häufig wieder dieser Bereich als "ALARP" bezeichnet. Das bedeutet, dass dort das ALARP-Prinzip greift. Es beschreibt die Risikoreduzierung "As Low As Reasonable Practicable". Das heißt, dass Maßnahmen zur Bewältigung der Risiken durchgeführt werden sollen, mit dem Ziel, dass das verbleibende Restrisiko toleriert werden können und der Aufwand für weitere risikomindernde Maßnahmen unverhältnismäßig groß ist, im Vergleich zur weiteren erreichbaren Risikoverringerung[5].
Die Schutzziele und die daraus abzuleitenden Grenzrisiken sind nicht starr und allgemein für alle Arten von Veranstaltungen anzuwenden. Sie müssen mit jeder neuen Veranstaltung neu formuliert werden. Denn die Schutzziele ändern sich mit jeder Veranstaltung. Dies soll das folgende Beispiel veranschaulichen: Auf einer Kirmesveranstaltung erwarten die Besucher unter anderem spektakuläre Fahrgeschäfte und die Möglichkeit Bier und andere alkoholische Getränke zu konsumieren. Somit wird die Veranstaltung darauf ausgelegt, dass diese Erwartungen der Besucher auch erfüllt werden. Es werden viele Bierstände aufgestellt und ein hoher Bierverkauf (und damit ein hoher Umsatz) ist ein Ziel der Veranstaltung. Bei einer solchen Veranstaltung muss also davon ausgegangen werden, dass einige Personen eine sanitätsdienstliche Versorgung aufgrund von zu hohem Bierkonsum benötigen. Der Veranstalter kann davon ausgehen, dass dies allgemein akzeptiert ist. Auf einem Kinderfest erwarten die Besucher Spiele für Kinder, Unterhaltung durch Clowns und kindgerechtes Essen. Es werden solche Stände aufgebaut, der Fokus liegt auf der Unterhaltung der Kinder. Die möglichen Verletzungen sind Versorgung von gestürzten Kindern. Dass sich einige Kinder verletzten werden, weil sie beim Spielen stürzen, ist dies akzeptiert. Nicht akzeptiert werden hingegen betrunkene Gäste, die möglicherweise sogar unangenehm auffallen. Folglich können die Schutzziele und Grenzrisiken sehr unterschiedlich sein. Bei einer sich wiederholenden Veranstaltungen sollte in der Planung geprüft werden, ob sich die Schutzziele geändert haben.
Die Definition von Schutzzielen und die Festlegung von Grenzrisiken stellen die Kalibrierung der Risikobewertung dar. In dem Schritt, der im späteren Verlauf erläutert wird, wird die Höhe der Risiken mit den Grenzrisiken verglichen und festgelegt, ob diese noch toleriert werden können.
Risikoidentifikation
Die Risikoidentifikation ist der erste der drei Schritte der Risikobeurteilung. Dieser Schritt wird in der ISO 31000 als Prozess zum Finden, Erkennen und Beschreiben von Risiken beschrieben. Dies kann unter anderem mit Hilfe einer Checkliste durchgeführt werden, welche die bekannten Risikoquellen umfasst.
Vorteile einer solchen Liste sind:
- Sie ist auch durch Laien anwendbar
- Häufige Probleme/Risikoquellen können nicht vergessen werden
- Zu jeder Risikoquelle können Vorschläge zur Risikobewältigung (so genannte Schutzmaßnahmen) verknüpft werden.
Die Nachteile sind:
- Es können nur bekannte Risikoquellen in der Liste festgehalten werden und somit auch nur bekannte Risikoquellen identifiziert werden
- Risikoquellen, die nicht so offensichtlich sind, können übersehen werden
- Eine Checkliste kann die Vielfalt der unterschiedlichen Veranstaltungen nicht in Gänze darstellen.
Daher sind weitere Verfahren notwendig, um den Herausforderungen der Veranstaltungssicherheit gerecht zu werden. Im Kapitel Ausgewählte Methoden werden hier weitere Methoden vorgestellt, die mehrere Schritt der Risikobeurteilung vereinigen.
Risikoanalyse
Die Risikoanalyse dienst der Bestimmung der Risikohöhe und betrachtet laut der ISO 31000 "die Ursachen und Quellen der Risiken, ihre positiven und negativen Auswirkungen und die Wahrscheinlichkeit ihres Eintretens." Sie stellt damit die Grundlage für die Risikobewertung dar. Häufig wird die Risikoanalyse gleichgesetzt mit der Bestimmung der Risikohöhe durch das Produkt aus Schadensausmaß und Eintrittswahrscheinlichkeit. Dies wird dann beispielsweise in die so genannte Risikomatrix eingetragen, die dann bereits Auskunft darüber geben kann, ob das Risiko noch im tolerablen Bereich liegt. Dies kann als erste Risikoschätzung durchgeführt werden, sollte aber nicht alleinige Methode zur Bestimmung des Wesens des Risikos sein, denn ein Ereignis kann vielfältige Auswirkungen haben und unterschiedliche Schutzziele betreffen. Aber auch der Aspekt der Wahrscheinlichkeit eines Auftretens kann noch präzisiert werden. Ein Beispiel ist die 3-F Methode[6], welche die Funktion um die Häufigkeit des Auftretens der Gefährdung erweitert. Damit lautet die Funktion
R = Auswirkung x Häufigkeit x Eintrittswahrscheinlichkeit
Doch auch dies kann das Risiko noch nicht in Gänze darstellen. Folgende Parameter sollten berücksichtigt werden[7]:
Parameter | Kriterien |
---|---|
Schadensausmaß (S) | S 1 = Leichte Verletzung einer Person; schädliche Umwelteinflüsse |
S 2 = Schwere reversible bis leichte irreversible Verletzungen von einer oder mehrerer Personen | |
S 3 = Schwere irreversible Verletzung einer oder mehrerer Personen | |
S 4 = Tod einer oder mehrer Personen aufgrund der Veranstaltung | |
Aufenthalt im Gefahrenbereich (A) | A 1 = seltener bis öfterer Aufenthalt im Gefahrenbereich |
A 2 = häufiger bis dauernder Aufenthalt im Gefahrenbereich | |
Gefahrenabwendung (G) | G 1 = Möglich unter bestimmten Bedingungen |
G 2 = Kaum möglich | |
Eintrittwahrscheinlichkeit (W) | W 1 = gering |
W 2 = mittel | |
W 3 = hoch |
Die Ausgestaltung der Kriterien wird derzeit noch überarbeitet. Dies sind erstmal Platzhalter, angelehnt an die VDI VDI 2180.
Risikobewertung
Risikobewältigung
ausgewählte Methoden für das Risikomanagement
Einzelnachweise
- ↑ Leitfaden "Sicherheit bei Großveranstaltungen" - Hessisches Ministerium des Innern und für Sport. Abgerufen am 05.03.2014.
- ↑ ISO 31000:2009 Risikomanagement - Grundsätze und Leitlinien.
- ↑ ISO 31000:2009 Risikomanagement - Grundsätze und Leitlinien.
- ↑ BBK-Glossar - Ausgewählte zentrale Begriffe des Bevölkerungsschutzes - Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. Abgerufen am 16.05.2014.
- ↑ Preiss (2009): Methoden der Risikoanalyse in der Technik. Wien: TÜV Austria Akademie GmbH.
- ↑ Preiss (2009): Methoden der Risikoanalyse in der Technik. Wien: TÜV Austria Akademie GmbH.
- ↑ Darstellung von Fiedler (2014), in Anlehnung an VDI 2180-1: Sicherung von Anlagen der Verfahrenstechnik mit Mitteln der Prozessleittechnik (PLT), Teil 1: Einführung, Begriffe, Konzeption; Ausgabe 04-2007.