Bitte beachten Sie: Diese archivierte Version des BaSiGo-Wikis wird nicht mehr aktualisiert. Das BaSiGo-Wiki wurde im Rahmen des BMBF-Forschungsprojektes 'Bausteine für die Sicherheit von Großveranstaltungen' (BaSiGo) entwickelt und stellt den Stand zum Projektende im Juni 2015 dar.

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Aus BaSiGo - Bausteine für die Sicherheit von Großveranstaltungen
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Die Eventphase bedeutet für die Unterstützungskräfte (Polizei, Feuerwehr, Sanitätsdienst und städtische Behörden bzw. Ämter) eine besondere kommunikative Herausforderung, weil sie sich nicht nur untereinander sondern ggf. auch mit Dienstleistern und Publikum austauschen. Im Folgenden sollen entsprechend der Unterstützungskräfte exemplarisch zu berücksichtigende Kommunikationsanforderungen und Handlungsempfehlungen gegeben werden.

Polizei/Bundespolizei

Als zentrale Aufgabe der Polizei bzw. Bundespolizei ist das Aufrechterhalten der öffentlichen Ordnung anzusehen. Die dafür notwendige Kommunikation unterteilt sich in interne und externe Kommunikation. Als Adressaten bzw. Zielgruppen der externen Kommunikation sind je nach Polizeieinheit z.B. Kollegen der anderen Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) zu berücksichtigen aber auch der Veranstalter, die Veranstaltungsbesucher, Verkehrsteilnehmer, Anwohner sowie ggf. Straftäter und Betroffene bzw. Opfer. Auch die Medien (Lokalpresse und überregionale Medien) sind in regelmäßigen Abständen von der Polizei mit Informationen über die Lage zu informieren (z.B. zur Verkehrs- oder Anreisesituation rund um das Veranstaltungsgelände, über spezifische Maßnahmen oder Kontrollen, Zahl der Festnahmen etc.). Im einzelnen lassen sich die Aufgaben der Polizei in die folgenden wesentlichen Prozesse unterscheiden:

Präsenz zeigen

Die Anwesenheit der Polizei vor bzw. um ein Veranstaltungsgelände dient der Vermittlung eines individuellen Sicherheitsgefühls für die Veranstaltungsbesucher. Präsenz ergibt sich sowohl durch einfache Anwesenheit uniformierter Polizisten als auch durch gezielte Regulierungs- und Überprüfungsmaßnahmen sowie mittels Streifengängen. Neben den Veranstaltungsbesuchern dient die Präsenz aber auch dem Sicherheitsgefühl der Anwohner bzw. Passanten in der Umgebung eines Veranstaltungsgeländes. Zugleich stehen die Beamten der Polizei den Besuchern und Passanten für Fragen und Auskünfte zur Verfügung. Sollten Informationen nicht vorliegen, könnten diese entweder per Funk eingeholt werden oder die Passanten auf entsprechende Auskunftsstellen hingewiesen werden. Für weiterführende Sicherheitsinformationen können auch in Kooperation mit dem Veranstalter die Videoleinwände oder vorhandenen Lautsprecheranlagen genutzt werden (vgl. interorganisational kooperieren). Die für die Kommunikation verwendete Tonalität sollte freundlich, einfach und leicht verständlich sein.

Verkehr regulieren

Im Zuge der Verkehrsregulierung und -kontrollen sind spezifische Kommunikationsanforderungen an die Polizisten gestellt. Neben der Verkehrsregulation mittels Handzeichen sind auch unterschiedliche Strategien der verbalen Kommunikation zu verfolgen. Im Fall der gezielten Ansprache von Einzelpersonen im Zuge einer (Routine-)Überprüfung kann die kommunikative Tonalität von sehr bestimmt bis freundlich hinweisend variieren. In Situationen der Vergabe von Verwarn- oder Bußgeldern oder der Verhängung von Verboten wird ggf. eine beruhigende bzw. deeskalierende Ansprache notwendig. In jedem Fall aber sollte die Kommunikation einfach, klar und verständlich gehalten sein. Weiterhin ist auch die kompetente Informationsleistung für Fragestellungen durch Veranstaltungsbesucher und Passanten beispielsweise zu temporären Straßensperrungen oder Einbahnstraßenregelungen rund um das Veranstaltungsgelände zu gewährleisten.

Kontrollieren

Für ggf. durchgeführte Überprüfungen nach harten und weichen Drogen oder Waffen sowie in routinemäßigen Verkehrskontrollen sollte die Kommunikation jeweils deeskalierend und erklärend sein. Die Maßnahmen müssen für die Veranstaltungsbesucher nachvollziehbar und einleuchtend erklärt werden. Sollten Konfiszierungen oder andere Maßnahmen notwendig sein sowie weitere Konsequenzen daraus resultieren müssen diese klar und verständlich kommuniziert werden. Für Rückfragen sollten die Beamten immer zur Verfügung stehen und diese möglichst ruhig beantworten.

Taktisch kommunizieren

Für Großveranstaltungen sind Fähigkeiten und Maßnahmen der Taktischen Kommunikation z.T. unerlässlich. Eine Aufgabe der Taktischen Kommunikation liegt in der möglichst frühzeitigen Einbindung von eventuell bekannten Veranstaltungsbesuchern oder Besuchergruppen in die Maßnahmenplanung der Sicherheitsvorkehrungen. Hierzu gehört, dass z.B. Verhaltensweisen der Besucher verabredet werden und für den Fall von Zuwiderhandlungen Konsequenzen bzw. Sanktionsmaßnahmen bekannt sind. Für einen konkreten Einsatz der taktischen Kommunikation sind aber auch die Kenntnis über die jeweilige Fanstruktur und typische bzw. einschlägige Terminologien notwendig, die beruhigend und Vertrauen erzeugend wirken können. Taktische Kommunikation muss darüber hinaus informierend, aufklärend und gezielt erfolgen. D.h. Aufforderungen müssen mit möglichen Konsequenzen verknüpft sein, die auch die Wirklichkeit umgesetzt werden können.

Zugreifen

Optimaler Weise wären dem Täter die Konsequenzen seines Handelns vor dem Zugriff zu verdeutlichen. Die Zugriffssituation ist mit Blick auf die Kommunikation eine Besondere, denn neben einer ggf. erfolgenden Kommunikation mit Befehlscharakter ist auch die Anforderung von Unterstützung (z.B. mittels Funk) durch weitere Polizeikräfte denkbar. Kommunikation in einer Zugriffssituation erfolgt also unter Stress in einem sehr engen Zeitfenster. Im Fall von Großveranstaltungen kann es auch möglich sein, dass minderjährige Personen in Gewahrsam genommen werden, wodurch sich eine Folgekommunikation mit erziehungsberechtigten Personen an die Zugriffskommunikation anschließt.

Bereithalten

In den Rückzugsräumen gibt es einerseits Besprechungen über die aktuelle und noch zu erwartende Lage sowie intra- und interorganisationale Pausengespräche. Für die Lagekonstruktion (vgl. Lage konstruieren) können interorganisational verwendete Lagekarten z.B. auf Softwarebasis oder auf Tafeln etc. genutzt werden. Die Kommunikation in den Rückzugsräumen kann auch für vertiefende Abstimmungen gemeinsamer Handlungsweisen oder gezielt erfolgende Erfahrungs- oder Informationsaustausche genutzt werden.

Lage konstruieren

Die Lagekonstruktion sollte idealer Weise interorganisational erfolgen. Eine überorganisationale Maßnahme sind z.B. gemeinsame Kontrollgänge über das Veranstaltungsgelände, die in Rückkopplung mit der Leitstelle (z.B. via Funk) erfolgen sollten. Weiterhin können neben den bekannten analogen Werkzeugen softwaregestützte (Web-)Lösungen für die Lagekonstruktion genutzt werden, die es erlauben, dass z.B. die bestehenden materiellen oder personellen Ressourcen aller Akteure für jeden einsehbar sind. Diese Transparenz erlaubt in Krisensituationen eine optimierte weil konzentriertere Übersicht z.B. über die Situation der beteiligten Akteure oder an unterschiedlichen Orten des Veranstaltungsgeländes, über Wetterverhältnisse, aktuelle Maßnahmen sowie über Besucheranzahl, -bewegungen und -stimmungen. In Datenbanken können Kontaktdaten zu Experten oder Informationen für die Akteure hinterlegt sein, die für die Bewältigung von Störungen notwendig sind.

Interorganisational kooperieren

Interorganisationale Kooperation erfolgt z.B. in Unterstützungsfällen durch oder für die Polizeikräfte sowie durch regelmäßig gemeinsam von Polizei, Feuerwehr, Sanitätern und Ämtern vollzogene Patrouillen über ein Veranstaltungsgelände. Für eine überorganisationale Abwicklung von Störungen ist darauf zu achten, dass die beteiligten Akteure ein gleiches Bild von der Lage besitzen und sich auf zuvor getroffene sprachliche bzw. terminologische Verabredungen beziehen können. Darüber hinaus kooperiert die Polizei z.B. in regelmäßigen Lagebesprechungen mit den anderen relevanten Sicherheitsakteuren einer Großveranstaltung, sowie in der kontinuierlich zu vollziehenden Lagekonstruktion. Diese dient beispielsweise dem Austausch und intersubjektiven Abgleich über aktuelle Entwicklungen. Aus den in den vorangegangenen Veranstaltungsphasen gewählten Quellen und vorherbestimmten Informationswegen ist eine regelmäßig aktualisierte gemeinsame Lagekonstruktion und -bewertung z.B. zu den Themen Wetter, Besucheraufkommen, -stimmung und -bewegungsströme, über die eigenen personellen und materiellen Ressourcen, besondere Vorkommnisse etc. vorzunehmen. Des Weiteren ist mit den anderen Akteuren das weitere Vorgehen und Handeln abzustimmen und wenn möglich weiter zu vertiefen und zu vernetzen.

Feuerwehr

Die Hauptaufgaben der Feuerwehr liegen im Kontrollieren von Brandschutzauflagen und Hilfsbelangen sowie im Bergen, Retten und Schützen im Krisen- oder Katastrophenfall. Daher sind bei der Feuerwehr vergleichbar zur Polizei die Adressaten der Kommunikation die eigenen Kollegen (interne Kommunikation) sowie die Veranstaltungsbesucher, der Veranstalter, die anderen BOS sowie Dienstleister und ggf. Medien (externe Kommunikation). Im Zuge dieser Aufgaben, die sich anhand von bestimmbaren Prozessen darstellen lassen, ergeben sich unterschiedliche kommunikative Herausforderungen.

Bereithalten

In den Rückzugsräumen gibt es einerseits Besprechungen über die aktuelle und noch zu erwartende Lage sowie intra- und interorganisationale Pausengespräche. Für die Lagekonstruktion können interorganisational verwendete Lagekarten z.B. auf Softwarebasis oder auf Tafeln etc. genutzt werden. Die Kommunikation in den Rückzugsräumen kann auch für vertiefende Abstimmungen gemeinsamer Handlungsweisen oder gezielt erfolgende Erfahrungsaustausche im Sinne von Know-How genutzt werden.

Überwachen

Auf den Überwachungsgängen (die optimaler Weise mit den anderen Sicherheitsakteuren zusammen durchgeführt werden sollten) überprüfen die Beamten der Feuerwehr die Einhaltung der Brandschutzbestimmungen. Sollten sie hierbei auf Missstände aufmerksam werden sind die entsprechenden Akteure (z.B. bei Zelten und Fahrzeugen, die Rettungswege versperren sowie im Fall von Gaskartuschen oder zu dicht stehenden Verpflegungsständen) freundlich aber bestimmt auf diese hinzuweisen und eine Veränderung zu fordern. Sollten die Akteure den Anweisungen keine Folge leisten sind ihnen die Konsequenzen zu verdeutlichen (z.B. die Hinzuziehung Sicherheitsdienst und/oder Polizei, Schließung des Verpflegungsstandes, Verweis vom Veranstaltungsgelände etc.).

Taktisch kommunizieren

Ein weiterer Aspekt der Kommunikation für Feuerwehren liegt in der Kommunikation mit Betroffenen im Falle von Einzelereignissen/Störungen. Hier sind z.T. beruhigende, deeskalierende, tröstende aber auch aufklärende und helfende Kommunikationsvorgänge nötig. Sollte es zu vereinzelten Schadensfällen während einer Großveranstaltung kommen, die aber durch Unachtsamkeit, Nachahmung oder Fehlverhalten weiterer Veranstaltungsbesucher erneut auftreten können, kann die Feuerwehr auch über einschlägige Medien (Websites, Social Media-Plattformen, Veranstaltungszeitung, App, Durchsagen, Nachrichten auf Videoleinwänden etc.) präventive Hinweise für korrektes Verhalten zur Stärkung der Selbstkompetenz und mögliche Sanktionsmaßnahmen kommunizieren.

Interorganisational kooperieren

Zu interorganisationaler Kooperation kann es z.B. kommen, wenn Personen den Anweisungen durch die Feuerwehr nicht Folge leisten. In diesen Fällen kann die Feuerwehr über Funk die Leitstelle informieren und sowohl Sicherheitsdienst und/oder die Polizei um Unterstützung bitten. Den Betroffenen ist in diesem Zusammenhang die Konsequenz ihres Handelns aufzuzeigen. Den Sicherheitsdienstleistern ist die Situation wahrheitsgemäß zu schildern, so dass in gemeinsamer Kommunikation eine möglichst deeskalierende Lösung des Problems herbeigeführt werden kann.

Lage konstruieren

Des Weiteren erlauben die gemeinsam vollzogenen Patrouillen über das Veranstaltungsgelände eine gemeinsame und geteilte Lagekonstruktion und -bewertung. Weiterhin empfiehlt sich eine gemeinsame Lagekonstruktion, unterstützt z.B. durch eine für alle Sicherheitsakteure nutzbare Leitstellensoftware, für den Umgang mit weiteren Risiken einer Großveranstaltung z.B. im Hinblick auf herannahende Unwetter, die Stimmung und Verhaltensweisen von Besuchern, spezielle Programmpunkte der Veranstaltung sowie auf das Abstimmen und Koordinieren gemeinsamer Handlungs- und Vorgehensweisen.

Behörden bzw. Ämter

Die behördlichen Vertreter der Städte und Gemeinden haben im wesentlichen die Aufgabe die Einhaltung der Vorgaben zu überprüfen. Die zentralen Kommunikationspartner sind hier also die z.B. der Veranstalter, die Dienstleister und BOS. Im Rahmen dieser Handlungen haben sie klar, verständlich auf Missstände hinzuweisen und bestimmt Korrekturen anzuordnen bzw. bei Nichtbefolgung auch die Konsequenzen aufzuzeigen. In jedem Fall ist der Veranstalter über das Vorgehen der amtlichen Vertreter zu informieren, der diese Informationen ggf. auch an die anderen Akteure weiterleitet. Vor dem Hintergrund der interorganisationalen Kommunikation mit dem Veranstalter ist auch das weitere Abstimmen über zukünftige Handlungen notwendig, die mit den Handlungsvorhaben der anderen Unterstützungskräfte verknüpft werden sollten.