Bitte beachten Sie: Diese archivierte Version des BaSiGo-Wikis wird nicht mehr aktualisiert. Das BaSiGo-Wiki wurde im Rahmen des BMBF-Forschungsprojektes 'Bausteine für die Sicherheit von Großveranstaltungen' (BaSiGo) entwickelt und stellt den Stand zum Projektende im Juni 2015 dar.

Grundlagen/private Akteure/Veranstalter: Unterschied zwischen den Versionen

Aus BaSiGo - Bausteine für die Sicherheit von Großveranstaltungen
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(1) Der Betreiber oder ein von ihm Beauftragter hat im Einvernehmen mit der Brandschutzdienststelle eine Brandschutzordnung und gegebenenfalls ein Räumungskonzept aufzustellen. Darin sind
(1) Der Betreiber oder ein von ihm Beauftragter hat im Einvernehmen mit der Brandschutzdienststelle eine Brandschutzordnung und gegebenenfalls ein Räumungskonzept aufzustellen. Darin sind
* die Erforderlichkeit und die Aufgaben eines Brandschutzbeauftragten und der Kräfte für den Brandschutz sowie
* die Erforderlichkeit und die Aufgaben eines Brandschutzbeauftragten und der Kräfte für den Brandschutz sowie
* die Maßnahmen, die im Gefahrenfall für eine schnelle und geordnete Räumung der gesamten Versammlungsstätte oder einzelner Bereiche unter besonderer Berücksichtigung von Menschen mit Behinderung erforderlich sind, festzulegen. Die Maßnahmen nach Satz 2 Nr. 2 sind bei Versammlungsstätten, die für mehr als 1 000 Besucher bestimmt sind, gesondert in einem Räumungskonzept darzustellen, sofern diese Maßnahmen
* die Maßnahmen, die im Gefahrenfall für eine schnelle und geordnete Räumung der gesamten Versammlungsstätte oder einzelner Bereiche unter besonderer Berücksichtigung von Menschen mit Behinderung erforderlich sind, festzulegen. Die Maßnahmen nach Satz 2 Nr. 2 sind bei Versammlungsstätten, die für mehr als 1 000 Besucher bestimmt sind, gesondert in einem Räumungskonzept darzustellen, sofern diese Maßnahmen nicht bereits Bestandteil des Sicherheitskonzepts nach § 43 sind.
nicht bereits Bestandteil des Sicherheitskonzepts nach § 43 sind.





Version vom 4. November 2014, 13:23 Uhr

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Während innerhalb des Geltungsbereiches der Muster-Versammlungsstättenverordnung zumindest ein Teil der Verantwortlichkeiten definiert sind, muss außerhalb der in Gesetzen oder Verordnungen festgeschriebenen Vorgaben explizit herausgearbeitet werden, wer im rahmen von Veranstaltungen welche Verantwortung trägt. Dies ist insbesondere wichtig bei der vermeintlich eindeutigen Position des Veranstalters, der zwar häufig als „der Verantwortliche“ genannt wird, der bei genauerem Hinsehen evtl. aber bestimmte Verantwortlichkeiten weder trägt noch tragen kann. Es ist daher im Rahmen jeder Sicherheitsplanung von Veranstaltungen von besonderer Bedeutung, dass insbesondere die Rolle des Veranstalters eindeutig mit den jeweiligen Pflichten und Rechten festgelegt ist – dies betrifft sowohl den inhaltlichen Teil der Verantwortung, als auch den zeitlichen („von wann bis wann“ ist der Veranstalter verantwortlich) sowie einen räumlichen Faktor („für welchen Bereich / für welche Fläche“ ist der Veranstalter verantwortlich).

Einleitung

Ein Veranstalter ist eine natürliche oder juristische Person, die eine Veranstaltung eigenverantwortlich durchführt. Veranstalter können sowohl kommerzielle als auch nichtkommerzielle Interessen verfolgen, sie können professionell und hauptberuflich arbeiten oder nebenberuflich auf „Hobbybasis“. In Deutschland existieren keine Anforderungen an „den Veranstalter“ in Bezug auf seine Qualifikation und seine Ausbildung – dies bedeutet in der Konsequenz, dass grundsätzlich jeder als Veranstalter auftreten kann, ohne hierfür über Grundlagen oder Nachweise zu verfügen. Ebenfalls existieren keine Anforderungen an Rechtsformen oder andere gesetzliche Grundlagen. In vielen Fällen ist der Veranstalter gleichzeitig auch Arbeitgeber und / oder Unternehmer im Sinne der Arbeitsschutzgesetze und der Unfallverhütungsvorschriften – er hat also in der Praxis unterschiedliche Schutzziele abzudecken. Grundsätzlich hat derjenige, der eine Gefahrenquelle schafft, vorhält oder in sonstiger Weise hierfür verantwortlich ist, Schutzmaßnahmen zu treffen (Verkehrssicherungspflicht).

Verkehrssicherungspflichtig ist, wer

  • eine Gefahrenquelle schafft oder unterhält,
  • oder eine Sache beherrscht, die für Dritte gefährlich werden kann,
  • oder wer gefährliche Sachen dem allgemeinen Verkehr aussetzt oder in Verkehr bringt.

Der Veranstalter hat also unabhängig von seiner Rechtsform, von seinem professionellen Status oder seinem geschäftlichen Ansinnen die Pflicht zur Verkehrssicherung seiner Veranstaltungsfläche.

Der Veranstalter in der Muster-Versammlungsstättenverordnung und in den Unfallverhütungsvorschriften

Die Muster-Versammlungsstättenverordnung definiert in § 38 die Verantwortung des Betreibers einer Versammlungsstätte.

(1) Der Betreiber ist für die Sicherheit der Veranstaltung und die Einhaltung der Vorschriften verantwortlich.

(2) Während des Betriebes von Versammlungsstätten muss der Betreiber oder ein von ihm beauftragter Veranstaltungsleiter ständig anwesend sein.

(3) Der Betreiber muss die Zusammenarbeit von Ordnungsdienst, Brandsicherheitswache und Sanitätswache mit der Polizei, der Feuerwehr und dem Rettungsdienst gewährleisten.

(4) Der Betreiber ist zur Einstellung des Betriebes verpflichtet, wenn für die Sicherheit der Versammlungsstätte notwendige Anlagen, Einrichtungen oder Vorrichtungen nicht betriebsfähig sind oder wenn Betriebsvorschriften nicht eingehalten werden können.

(5) Der Betreiber kann die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 durch schriftliche Vereinbarung auf den Veranstalter übertragen, wenn dieser oder dessen beauftragter Veranstaltungsleiter mit der Versammlungsstätte und deren Einrichtungen vertraut ist. Die Verantwortung des Betreibers bleibt unberührt.


Weitere Pflichten ergeben sich aus § 41:

(1) Bei Veranstaltungen mit erhöhten Brandgefahren hat der Betreiber eine Brandsicherheitswache einzurichten. (...)

(3) Veranstaltungen mit voraussichtlich mehr als 5 000 Besuchern sind der für den Sanitäts- und Rettungsdienst zuständigen Behörde rechtzeitig anzuzeigen.


§ 42:

(1) Der Betreiber oder ein von ihm Beauftragter hat im Einvernehmen mit der Brandschutzdienststelle eine Brandschutzordnung und gegebenenfalls ein Räumungskonzept aufzustellen. Darin sind

  • die Erforderlichkeit und die Aufgaben eines Brandschutzbeauftragten und der Kräfte für den Brandschutz sowie
  • die Maßnahmen, die im Gefahrenfall für eine schnelle und geordnete Räumung der gesamten Versammlungsstätte oder einzelner Bereiche unter besonderer Berücksichtigung von Menschen mit Behinderung erforderlich sind, festzulegen. Die Maßnahmen nach Satz 2 Nr. 2 sind bei Versammlungsstätten, die für mehr als 1 000 Besucher bestimmt sind, gesondert in einem Räumungskonzept darzustellen, sofern diese Maßnahmen nicht bereits Bestandteil des Sicherheitskonzepts nach § 43 sind.


und § 43:

(1) Erfordert es die Art der Veranstaltung, hat der Betreiber ein Sicherheitskonzept aufzustellen und einen Ordnungsdienst einzurichten(...).

In der ergänzenden Informationsschrift BGI 810 zur Unfallverhütungsvorschrift BGV C1 (jetzt: DGUV Vorschrift 17) werden Betreiber und Veranstalter wie folgt definiert:

Der Betreiber betreibt die Veranstaltungsstätte und hat die Verkehrssicherungspflicht zu erfüllen. (...)

Der Veranstalter trägt für die jeweilige Veranstaltung die Verantwortung. Ein Veranstalter ist die für alle organisatorischen, technischen und wirtschaftlichen Abläufe einer Veranstaltung juristisch haftende Person oder Körperschaft. Diese Veranstaltung kann er selbst durchführen, bzw. teilweise oder vollständig als Auftraggeber durch für die entsprechende Dienstleistung qualifizierte Auftragnehmer durchführen lassen. Unabhängig von der Vergabe von Leistungen verbleiben unübertragbar beim Veranstalter die Organisationspflichten, insbesondere die Auswahl- und Überwachungspflichten.

Pflichten des Veranstalters

Betrachtet man die oben aufgeführten Pflichten, die für den Betreiber gelten, so lassen sich diese auch auf den Veranstalter im Allgemeinen übertragen. In Anwendung der Pflichten des Betreibers auf den Veranstalter ergäbe sich hier also folgendes Bild: Der Veranstalter ist – außerhalb des Geltungsbereiches der Muster-Versammlungsstättenverordnung – verantwortlich für

  • die Sicherheit der Veranstaltung,
  • die Einhaltung der Vorschriften,
  • die Stellung eines verantwortlich Anwesenden,
  • die Zusammenarbeit der beteiligten Behörden und Organisationen,
  • ggfs. die Absage, die Unterbrechung oder den Abbruch der Veranstaltung,
  • ggfs. Einrichten einer Brandsicherheitswache,
  • ggfs. Einrichten eines Sanitätsdienstes in Abstimmung mit dem öffentlichen Rettungsdienst,
  • ggfs. Erstellung eines Sicherheits- & Räumungskonzeptes.

Dazu kommen noch diverse Pflichten aus dem Bereich des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung. Für den Veranstalter ergeben sich darüber hinaus allgemein folgende Pflichten:

  • Organisationsverantwortung: Schaffung von geeigneten Strukturen, um die Veranstaltung sicher durchführen zu können. Hierzu gehört auch die Bereitstellung ausreichender Ressourcen,
  • Fachverantwortung: Kenntnis und Umsetzung der relevanten Gesetze und Verordnungen
  • Auswahlverantwortung: Auswahl geeigneten Personals, Dienstleister, Materialien ..
  • Aufsichtsverantwortung: Kontrolle der ordnungsgemäßen Umsetzung

Abgrenzung

Gerade wegen grundsätzlicher Verantwortlichkeit des Veranstalters für die Veranstaltung ist es wichtig, den Verantwortungsbereich abzugrenzen und genau zu definieren, für was der Veranstalter tatsächlich die Verantwortung trägt. Zu den abzugrenzenden Verantwortlichkeiten gehören insbesondere

  • zeitliche Verantwortung: von wann bis wann ist der Veranstalter für die Veranstaltungsfläche verantwortlich? Dies ist insbesondere dann relevant, wenn nach Ende der eigentlichen Veranstaltung trotzdem zahlreiche Menschen im ehemaligen Veranstaltungsgebiet bleiben und auch ohne eine tatsächliche Veranstaltung feiern
  • räumliche Verantwortung: für welchen Bereich ist der Veranstalter verantwortlich? Dies ist insbesondere dann relevant, wenn sich die Auswirkungen der Veranstaltung auf Flächen außerhalb des eigentlichen Veranstaltungsgeländes erstrecken (z.B. Einlassbereiche vor dem Veranstaltungsgelände, Brücken, von denen man aus das Veranstaltungsgelände einsehen kann etc)
  • fachliche Verantwortung: für welche Situationen – gerade im Notfall – ist der Veranstalter verantwortlich? Welche Entscheidungen muss oder kann er treffen, welche fallen in den Bereich der polizeilichen oder der nicht-polizeilichen Gefahrenabwehr?
  • Inhaltliche Verantwortung: Welche Pflichten trägt der Veranstalter selbst, welche hat er delegiert (z.B. auf Dienstleister?). Dieser Punkt wird insbesondere dann relevant, wenn es mehrere Veranstalter im Rahmen einer Veranstaltungsfläche gibt (z.B. Veranstalter, die eigene Programmteile oder Flächenteile in eigener Verantwortung „bespielen“).

Es ist von immenser Bedeutung, diese Fragen im Rahmen eines Sicherheitskonzeptes (oder anderer Dokumente) verbindlich zu klären und festzulegen. In der Praxis zeigen sich genau hier Schnittstellenprobleme oder „Lücken“ – insbesondere dann, wenn der Veranstalter als verantwortlich betrachtet wird, diese Verantwortung aber rein rechtlich gar nicht umsetzen kann (z.B. Aufstellung von Abschrankungen im öffentlichen Raum). Auch das Nebeneinander mehrerer Veranstalter führt in der Realität häufig zu Problemen – abgestimmte Prozedere und Abläufe sowie die Benennung EINES Entscheiders auch für mehrere Veranstalter ist hier unumgänglich.

Aufbauorganisation

Es ist nicht möglich, eine verbindliche „Aufbauorganisation für Veranstalter“ festzulegen – zu unterschiedlich sind die Beispiele in der Realität. Von der „One –Man-Show“, der alles an externe Dienstleister delegiert bis hin zum großen Unternehmen, in dem alle Positionen mit erfahrenen Festangestellten besetzt werden. Zusammenfassend lassen sich nur die folgenden Anforderungen an eine Aufbauorganisation des Veranstalters darstellen

  • es muss jederzeit ein Ansprechpartner für die Sicherheitsbehörden zur Verfügung stehen;
  • alle Tätigkeiten, die nur mit bestimmten fachlichen Qualifikationen besetzt werden dürfen, müssen entsprechend besetzt sein;
  • eine der Größe und der Komplexität des Veranstaltungsgeländes angemessene Personalstruktur muss vorhanden sein (z,B, mit Abschnittsleitern, Bereichsleitern etc.);
  • Die Abarbeitung des Normalbetriebs muss auch im Falle eines Schadens gewährleistet sein – Verantwortungsträger dürfen keine Doppelfunktionen haben, die sie in der einen Aufgabe binden so dass sie für die andere Aufgabe nicht mehr zur Verfügung stehen.

Im Folgenden werden einige mögliche Aufbauorganisationen dargestellt:

EINFÜGEN MUSTER ORGANIGRAMME NACH FREIGABE


Literatur

  • Musterverordnung über den Bau und Betrieb von Versammlungsstätten (Muster-Versammlungsstättenverordnung – MVStättVO) Fassung Juni 2005 (zuletzt geändert durch Beschluss der Fachkommission Bauaufsicht vom Juli 2014)
  • BGI 810 Leitfaden "Sicherheit bei Veranstaltungen und Produktionen"