Bitte beachten Sie: Diese archivierte Version des BaSiGo-Wikis wird nicht mehr aktualisiert. Das BaSiGo-Wiki wurde im Rahmen des BMBF-Forschungsprojektes 'Bausteine für die Sicherheit von Großveranstaltungen' (BaSiGo) entwickelt und stellt den Stand zum Projektende im Juni 2015 dar.

Straßen- und Wegerecht

Aus BaSiGo - Bausteine für die Sicherheit von Großveranstaltungen
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I. Einführung

Das Straßenrecht ist für eine Vielzahl von Veranstaltungen relevant, die auf öffentlichen Straßenflächen stattfinden, wie z.B. Volksfeste im Innenstadtbereich, Konzertveranstaltungen oder Sportveranstaltungen wie z.B. Stadtläufe.

II. Anwendungsbereich

Sobald eine Veranstaltung auf öffentlichen Straßen, öffentlichen Plätzen und in Fußgängerbereichen stattfindet, ist der Anwendungsbereich des Straßen- und Wegegesetzes bzw. des Fernstraßengesetzes eröffnet, welches unter anderem den Gebrauch öffentlicher Straßen, Wege und Plätze regelt. Das Straßen- und Wegerecht gehört zum öffentlichen Sachenrecht und setzt den Rahmen für die Nutzung, indem es insbesondere die Widmung, also die Bestimmung als öffentlich Straße und damit der Nutzung und des Nutzerkreises sowie die Einstufung und Einziehung von Straßen regelt. Demgegenüber regelt das Straßenverkehrsrecht die Modalitäten der Straßennutzung unter dem Aspekt der Gefahrenabwehr und betrifft die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs (siehe Sicherheitsbaustein zum Straßenverkehrsrecht).

III. Genehmigungs-/ Erlaubnisvoraussetzungen und Rechtswirkungen

1. Sondernutzungserlaubnis, landesrechtlich z.B. nach § 18 Abs. 1 StrWG bzw. § 8 Abs. 2 FStrG

Grundsätzlich bedarf die „gemeingebräuchliche Nutzung“ einer öffentlichen Fläche keiner besonderen Erlaubnis. Diese gemeingebräuchliche Nutzungsart einer „öffentlichen Fläche als Straße für die Allgemeinheit“ wird durch eine Widmung festgelegt, die dem Einzelnen ein subjektives Nutzungsrecht eröffnet. Der Inhalt des Gemeingebrauchs bestimmt sich nach der Funktion der Straße. Deren Hauptzweck ist vor allem der Verkehr. Daneben ist für Fußgängerzonen und verkehrsberuhigte Bereiche auch die Kommunikation als Nebenzweck Teil des Gemeingebrauchs.

Sofern die Großveranstaltung in ihrer Art und Ausgestaltung diese gemeingebräuchliche Nutzung der Straße übersteigt, also durch sie eine widmungsfremde Nutzung der Straße vorliegt, ist eine Sondernutzungserlaubnis nötig.

Der Gebrauch der Straßen im Zuge der Durchführung von Veranstaltungen ist in der Regel eine widmungsfremde Nutzung, da die Straßen und Plätze nicht wie sonst für straßenverkehrsübliche Zwecke genutzt werden, sondern die Veranstaltung durch ihre Einrichtungen (Stände, Bühnen, Sanitäranlagen, Absperrungen, Parkplatzbedarf, etc.) die Leichtigkeit des Verkehrs beeinflusst und daher als Sondernutzung anzusehen ist.

Die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis steht in der Regel nach den einschlägigen Bestimmungen im Ermessen der Behörde und ist deswegen nach den Maßgaben des § 40 VwVfG am Sinn und Zweck der Erlaubnis zu messen. Dies bedeutet, dass die Sondernutzungserlaubnis nur aus straßenrechtlichen Gründen versagt werden kann und nicht z.B. aus ordnungspolitischen Belangen.

2. Nebenbestimmungen und Sicherheitsauflagen

§ 18 Abs. 2 S. 2 StrWG NRW bzw. § 8 Abs. 2 S. 2 FStrG (wenn Bundesstraßen betroffen sind) Die Veranstaltung kann nicht nur erlaubt oder versagt werden, sondern die Genehmigungs-/Erlaubnisbehörde hat auch die Möglichkeit, die Erlaubnis mit Bedingungen und Auflagen zu versehen. Diese müssen den Ermessensmaßstäben gerecht werden, die der Hauptentscheidung zugrunde liegen. Sie müssen einen sachlichen Bezug zur Straße haben und dürfen keine sachfremden Zwecke, wie allgemeine sicherheitsrechtliche oder umweltpolitische Zwecke verfolgen. Es können dadurch solche Sicherheitsbestimmungen getroffen werden, die die Substanz der Straße sichern, übermäßige Straßenverunreinigungen vermeiden oder Verkehrsgefährdungen verhindern sollen.

In der Praxis werden z.B. die Vorgaben des Sicherheitskonzepts verbindlich für den Veranstalter statuiert, die straßenrechtlichen Zwecken dienen.

3. Sondernutzungssatzungen

In vielen Bundesländern können die Gemeinden und Städte Freistellungen von der Erlaubnispflicht in Sondernutzungssatzungen festlegen und Bestimmungen über die Ausübung nach Ort, Zeit und Art schaffen. Dies ist von dem Veranstalter zu beachten. Auch hier ist aber immer ein Straßenbezug herzustellen, so dass eine Freistellung nicht als ein Instrumentarium zur Gewährleistung von Sicherheit bei Großveranstaltungen außerhalb von Straßensicherheitszwecken dienen kann.

4. Konzentrationswirkung

Wenn nach den Vorschriften des Straßenverkehrsrechts eine Erlaubnis für eine übermäßige Straßenbenutzung (§ 29 StVO) oder eine Ausnahmegenehmigung (§ 46 StVO) (siehe Sicherheitsbaustein zum Straßenverkehrsrecht) erforderlich bzw. erteilt ist, bedarf es keiner straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis (z.B. gem. § 13 BerlStrG). In diesem Fall besteht dafür eine Mitwirkungsbefugnis der Straßenbaubehörde im straßenverkehrsrechtlichen Verfahren. Sie ist im Vorfeld der Entscheidung anzuhören und die von ihr vorgeschlagenen straßenrechtlichen Nebenbestimmungen sind in die straßenverkehrsrechtliche Entscheidung aufzunehmen. Die dann erteilte Erlaubnis hat eine Konzentrationswirkung hinsichtlich der hier erläuterten Sondererlaubnis.

IV. Sondersituation Stadtstaat Berlin [1]

Sondernutzungserlaubnis und Nebenbestimmungen nach dem BerlStrG

In Berlin ist die Erlaubniserteilung nicht in ein pflichtgemäßes Ermessen gestellt, sondern als Soll-Vorschrift ausgestaltet und mit zusätzlichen Kriterien versehen, die bei der Entscheidung miteinbezogen werden müssen. Nach § 11 Abs. 2 S. 1, 2 BerlStrG soll die Erlaubnis in der Regel erteilt werden, wenn überwiegende öffentliche Interessen der Sondernutzung nicht entgegenstehen. Der Begriff des öffentlichen Interesses ist hier weit zu verstehen und betrifft nicht nur straßenbezogene Gründe des öffentlichen Interesses, sondern bereits das Vorliegen von Gefahren für die „überwiegenden öffentlichen Interessen“ reicht aus, um in Berlin die Ablehnung von Sondernutzungserlaubnissen bzw. die Beifügung von Nebenbestimmungen zur Sondernutzungserlaubnis zu rechtfertigen. Deswegen kann die straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis in Berlin zur umfassenden Regelung der Sicherheitsbelange von Großveranstaltungen herangezogen werden. Auf Grundlage des § 11 Abs. 2 BerlStrG können deshalb den Veranstaltern formularmäßig und gleichförmig Sicherheitskonzeptpflichten durch Nebenbestimmungen auferlegt werden.

V. Zuständige Behörde

Die zuständige Behörde ist die Straßenbaubehörde (z.B. gem. § 56 StrWG NRW).

VI. Verfahren

1. Antragstellung

Antragsteller ist in der Regel der Veranstalter, welcher auch der Adressat der Erlaubnis ist. In dem Antrag sollten die Straßen, deren Nutzung beabsichtigt ist, aufgeführt werden sowie die Art und Dauer der Nutzung.

2. Anhörung

Der Antragsteller ist nach § 28 VwVfG im Vorfeld durch die zuständige Behörde anzuhören.

3. Form

Für den Antrag ist keine bestimmte Form vorgeschrieben, da er aber die zur Beurteilung der Veranstaltung notwendigen Angaben enthalten muss, ist er normalerweise schriftlich bei der zuständigen Behörde zu stellen. Im Einzelfall sind Antragsformulare im Internet möglicherweise abrufbar. (siehe Sicherheitsbaustein zum E-Government)

VII. Empfehlung

Schnittstellen kann die Antragstellung mit dem Straßenverkehrsrecht, dem Baurecht und/oder dem Gewerberecht haben.

Die Erstellung eines Sicherheitskonzepts wird empfohlen. Bei der Erstellung sollten die Sicherheitsbehörden stark eingebunden werden. Die unterschiedlichen Interessen bei der Nutzung von Straßen sollten besonders berücksichtigt werden.

Abkürzungsverzeichnis und Erläuterungen

BerlStrG = Berliner Straßengesetz
FStrG = Bundesfernstraßengesetz
StVO = Straßenverkehrsordnung
StrWG = Straßen- und Wegegesetz
VwVfG = Verwaltungsverfahrensgesetz

Literatur

Eine Reihe von Inhalten dieses Sicherheitsbausteins beruhen auf den Beiträgen in: Kugelmann (Hrsg.), Verfahrensrecht der Sicherheit von Großveranstaltungen, Baden-Baden, 1. Auflage 2015.

  1. Die landesrechtliche Betrachtung beschränkte sich im Rahmen des Projekts auf Berlin, Bayern und Nordrhein-Westfalen, es sei an dieser Stelle aber angemerkt, dass die Besonderheiten der Regelungen Berlins auch in den Regelungen von Bremen und Hamburg zu finden sind.




Autoren: Antonia Buchmann, Saniye Öcal, Dieter Kugelmann (Deutsche Hochschule der Polizei)