Bitte beachten Sie: Diese archivierte Version des BaSiGo-Wikis wird nicht mehr aktualisiert. Das BaSiGo-Wiki wurde im Rahmen des BMBF-Forschungsprojektes 'Bausteine für die Sicherheit von Großveranstaltungen' (BaSiGo) entwickelt und stellt den Stand zum Projektende im Juni 2015 dar.

Einsatzplanung und -vorbereitung

Aus BaSiGo - Bausteine für die Sicherheit von Großveranstaltungen
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Planungsphase

In der Planungsphase sollte explizit die Reaktion auf durch Störungen ausgelöste Gefährdungen berücksichtigt werden. Im Vorfeld sollten daher die folgenden Punkte organisationsintern erörtert und ggf. mit weiteren Partnern abgestimmt werden:

  • Welche möglichen Störungen bzw. Auswirkungen haben einen Einfluss auf die Durchführung der Veranstaltung?
  • Welche möglichen Störungen haben negative Auswirkungen auf den Ablauf der Veranstaltung und welche Auswirkungen für die Gesundheit der Besucher resulieren hieraus?
  • Welche Maßnahmen erfordern diese einzelnen Störungsszenarien?
  • Welche Kräfte sind zur Beseitigung des jeweiligen Störungsszenarios notwendig?
  • Welche weiteren Kräfte sind über die Störung zu unterrichten?
  • Wie, wann, durch wen und bei welchen Störungen erfolgt die Unterrichtung/Einberufung des Koordinierungskreises?
  • Wie ist das Vorgehen der eingesetzten Einsatzkräfte der polizeilichen und nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr sowie der Dienstleister des Veranstalters bei Auftreten von Störungen?
  • Ist eine angepasste örtliche Verteilung/Stationierung von Einsatzkräften und -fahrzeugen während der Veranstaltungsdauer notwendig (Gefahrenabwehrbehörden)?
  • Ist eine Kompatibilität von Einsatzkonzepten und -gerät der Sicherheitsdienstleister und der zuständigen Behörden gewährleistet und ist diese geprüft worden oder muss eine Anpassung durch den Dienstleister an die örtlichen Vorgaben erfolgen?

Im Vorfeld sollte daher die Zusammenarbeit zwischen den Dienstleistern und Behörden abgestimmt werden.

Umsetzungsphase

Die in den Konzepten geplanten Maßnahmen (wie beispielsweise Zufahrtsmöglichkeiten, Kommunikationskonzepte etc.) sind vor Veranstaltungsbeginn auf Aktualität und Nutzbarkeit zu überprüfen. Explizit gilt dies für die Erreichbarkeiten der einzelnen Sicherheitsakteure und möglicher unterstützender Dienste (z.B. ÖPV, Abschleppdienste etc.). Besonders der Einfluss von Wetter kann vor Beginn einer Veranstaltung Kompensationsmaßnahmen erforderlich machen. Beispiele hierfür sind die Befestigung von Parkplätzen und Wegen (insbesondere Flucht- und Rettungswege) oder Gegenmaßnahmen bei langer Trockenheit (Brandgefahr, Sichtbeeinträchtigungen durch Staubentwicklung etc.). Die Auswirkungen der Witterung auf die geplanten Maßnahmen sind daher ebenfalls zu überprüfen.

Durchführungsphase

Informationsgewinnung

Zur Erhebung von Informationen über mögliche Gefährdungen sollten nach Möglichkeit alle Informationsquellen genutzt werden. Dies umfasst insbesondere

  • die Notrufnummern 110 und 112 für Meldungen der Besucher
  • die Leitstellen von Feuerwehr und Polizei (kontinuierlicher Austausch über Lageentwicklungen)
  • Radiostationen (beispielsweise zur Information über Staumeldungen)
  • automatisierte Warneinrichtungen über E-Mail/SMS-Service (beispielsweise Stauwarnungen, Katastrophenwarnsystem „Katwarn“ etc.)
  • der auf dem Gelände befindliche Ordnungs- und der Sanitätsdienst sowie weitere Dienstleister
  • Betreiber, Schausteller etc.
  • Posten oder automatisierte Systeme, beispielsweise zur kontinuierlichen Beobachtung von Besucherströmen und der Verkehrssituation (Verkehrsmonitoring) während der An- und Abreisephase

Informationsweitergabe

Die Kommunikation zwischen den Besuchern und den Einsatzkräften des Sanitätsdienstes und Ordnungsdienstes sowie der polizeilichen und nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr und die Kommunikation der Einsatzkräfte mit der Einsatzleitung des Sanitätsdienstes, den Leitstellen der polizeilichen und nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr sowie dem Koordinierungskreis ist sicherzustellen, um die Erfassung bzw. Kenntniserlangung von relevanten Lageinformationen über mögliche Einsätze sowie sich abzeichnende Lageveränderungen übermitteln zu können. Hierzu müssen die einzelnen Einsatzabschnitte

  • über geeignete Kommunikationsmöglichkeiten verfügen (z.B. BOS-Funk für den Bereich der Behörden, Betriebsfunk der Dienstleister)
  • Verbindung zur Leitstelle (Tel. 112 / 110) halten, damit veranstaltungsrelevante Notrufe vermittelt und Nachforderungen von Einsatzkräften und Material durchgeführt werden können.

Zusätzlich muss sichergestellt werden, dass die Besucher in der Lage sind Hilfe anzufordern, ohne die Verwendung eines Mobiltelefons. Dies kann z.B. erfolgen durch:

  • Notrufeinrichtungen auf dem Gelände („Notrufzellen“)
  • Streifengänge auf dem Veranstaltungsgelände
  • deutliche Kennzeichnung der Unfallhilfsstellen auf dem Veranstaltungsgelände
  • Kommunikationswege des Sicherheits- und Ordnungsdienstes
  • Information/Einbindung von Schaustellern und weiteren Dienstleistern

Darüber hinaus muss durch die Dienstleister eine Information der Leitstelle sowie des Koordinierungskreises erfolgen können. Die hierfür notwendigen Informationsstufen sind im Vorfeld durch den Veranstalter festzulegen und im Sicherheitskonzept niederzuschreiben.

Beurteilung der Lage

Die bei der Polizei, Feuerwehr oder den Stellen des Veranstalters während der Durchführungsphase eingehenden bzw. erhobenen Informationen, beispielsweise zur Verkehrssituation bzw. der Störung von Verkehrswegen, sollten zunächst im Rahmen einer akteursübergreifenden Lagebesprechung bzw. innerhalb der gewählten Gremienstrukturen (Sicherheitskreis, Koordinierungskreis, Krisenstab) erörtert und hinsichtlich der zu erwartenden Gefährdungen (im Beispiel: Inwiefern hat die Störung von Verkehrswegen einen direkten Einfluss auf den geplanten Veranstaltungsablauf?) eingestuft werden. Im Beispiel:

  • Störung von Verkehrswegen mit Beeinträchtigung
  • Störung von Verkehrswegen - Krisenfall (Einfluss auf die Sicherheit der Besucher)

Ergibt die Beurteilung der Lage durch die informierte Stelle, dass ein Krisenfall besteht, ist unmittelbar und anlassbezogen der Koordinierungskreis einzuberufen, um

  • eine akteursübergreifende Einschätzung der Lage vornehmen und
  • abgestimmte Maßnahmen zu erörtern und unmittelbar umsetzen

zu können. Gegebenenfalls ist der Krisenstab der Gefahrenabwehr zu informieren; hierfür sind die in den Koordinierungskreis entsandten Verbindungsbeamte/-kräfte der einzelnen Behörden zuständig. In jedem Fall sollte die Beurteilung der Lage in den vordefinierten Krisenmanagementstrukturen erfolgen; das Prozedere und die entsprechenden Voraussetzungen sollten im Sicherheitskonzept abgebildet sein.

Entschlussfassung

Zur Gewährleistung einer effektiven und effizienten Entscheidungsfindung sowie der Koordination von Maßnahmen, sollten zwischen den Einsatzleitungen der relevanten Akteure Verbindungsbeamte/-kräfte ausgetauscht werden; ggf. kann für die Veranstaltung eine gemeinsame Örtlichkeit der relevanten Akteure (analog der Koordinierungsstelle für den Koordinierungskreis) eingerichtet werden. Wenn aufgrund der zu erwartenden oder bereits eingetretenen Gefährdung die Veranstaltung nicht wie geplant weiter ablaufen kann oder eine Gefährdung für die Veranstaltungsteilnehmer oder Einrichtungen (Bühnen, Zelte etc.) erwartet wird oder bereits besteht, sind in Abhängigkeit vom avisierten Ausmaß weitere Maßnahmen zu treffen; hierzu zählen insbesondere die folgenden:

  • Einlassstopp
  • Sperrmaßnamen (z.B. von Verkehrswegen, welche die Fluchtwege kreuzen oder für die Anfahrt von Fachdiensten und/oder Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben relevant sind)
  • Öffnung von Fluchttoren
  • Durchführung von Durchsagen über Beschallungsanlagen, ggf. in diversen Sprachen
  • Unterbrechung der laufenden Veranstaltung
  • (Teil-)Abbruch der laufenden Veranstaltung
  • Räumung des Veranstaltungsgeländes/Evakuierung der Besucher

Die jeweils beschlossenen Maßnahmen sollten zeitnah abgestimmt an die Medien kommuniziert werden, um z.B. ggf. anlassbezogen eine weitere Anreise zur Veranstaltung zu reduzieren. Die getroffenen Entschlüsse und Maßnahmen sind im Sinne der Kontrolle der Maßnahmenumsetzung sowie der -> Nachbereitung nachvollziehbar zu dokumentieren.

Maßnahmenumsetzung

Die getroffenen Entscheidungen und die umzusetzenden Maßnahmen sind den hierfür vorgesehenen Kräften (z.B. Security, Bühnenmanager, Sanitätsdienst, Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben) mitzuteilen. Ebenso gilt dies für den Betreiber, die Schausteller, Künstler etc., die über ggf. durch diese zu treffende Maßnahmen oder Unterstützungsleistungen (beispielsweise Ansage durch den Künstler an das Publikum) zu unterrichten sind. Die Umsetzung der Maßnahmen ist bei Auswirkungen auf den Veranstaltungsbesuch an die Besucher zu kommunizieren. Hierfür sollten vor allem Durchsagen über Beschallungsanlagen (ggf. in diversen Sprachen) genutzt werden. Es bieten sich als Ergänzung Hinweise auf Videoleinwänden oder durch Ordner an. Weitere Kommunikationswege, wie beispielsweise Radiostationen oder falls vorhanden Apps / Internetseiten, sollten ebenfalls bei der Informationsweitergabe berücksichtigt und vorgeplant werden, da diese die Erreichbarkeit der Veranstaltungsbesucher erhöhen. Die Maßnahmen der Teilnehmerkommunikation sind bis zur Bewältigung des Ereignisses aufrechtzuerhalten.

Auftragsvergabe

Die Auftragsvergabe (z.B. Hinsichtlich der Bearbeitung von an die Leitstelle vermittelten Notrufen) an die jeweils zuständigen Einsatzabschnitte kann grundsätzlich über folgende Kanäle erfolgen:

  • Telefon (Festnetz, Handy)
  • Funk (analog, digital)
  • elektronische Übermittlung z.B. durch Einsatzfaxe, Pager etc.
  • persönlich (Melder)

Eine Redundanz sollte sichergestellt sein.

Dokumentationspflichten

Die Vertreter der jeweiligen Akteure sollten (u.a. hinsichtlich der Nachbereitung) erkannte Probleme sowie ihre Entscheidungen, Entscheidungsgrundlagen etc. nachvollziehbar dokumentieren (z.B. über elektronische Einsatzprotokollsysteme).

Nachbereitungsphase

Nach Beendigung der Veranstaltung sollte durch den Veranstalter und seine Dienstleister sowie die polizeiliche und nichtpolizeiliche Gefahrenabwehr ein interner Erfahrungsbericht erstellt werden, der in einem zweiten Schritt mit den Mitgliedern des Koordinierungskreises nachbereitet werden sollte. Die Nachbereitung dient vor allem dazu, das akteursübergreifende Management relevanter Gefährdungen zu überprüfen und die getroffenen Entscheidungen und umgesetzten Maßnahmen hinsichtlich der Abwehr entsprechender Gefahren für die Veranstaltungsteilnehmer sowie Einrichtungen auf dem Veranstaltungsgelände zu analysieren und auszuwerten. Zusätzlich sollen mögliche Schwachstellen im Sicherheitskonzept identifiziert und Optimierungsansätze entwickeln werden.

Als weitere mögliche Themenfelder ergeben sich z.B.

  • Mögliche Probleme hinsichtlich der Einhaltung erteilter Auflagen in Bezug auf die Veranstaltung
  • Effizienz und Effektivität hinsichtlich der Entscheidungsfindung und der Umsetzung beschlossener Maßnahmen

Die Nachbereitungsergebnisse sind zu dokumentieren und dienen als Grundlage für zukünftige Veranstaltungen (Anpassung des Sicherheitskonzepts, Erteilung/Anpassung von Auflagen, Einsatzplanung der Gefahrenabwehr etc.).




Autoren: Deutsche Hochschule der Polizei (DHPol), Fachgebiet "Polizeiliches Krisenmanagement"; Johannes Thomann, Dennis Vosteen (Feuerwehr München)