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Veranstaltungsgelände: Topographie, Bodenbeschaffenheit und Vegetation

Aus BaSiGo - Bausteine für die Sicherheit von Großveranstaltungen
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Einleitung

Das Veranstaltungsgelände und die Beschaffenheit des Bodens und der vorhandenen Umwelt haben Einfluss auf die Planung und Durchführung von Veranstaltungen, da diese zum einen den Aufbau und die Wegführungen bestimmen (z.B. aufgrund von Tragfähigkeit oder Drainagesysteme), zum anderen aber auch konkrete Gefahrenquellen darstellen können. Neben der Bodenbeschaffenheit sind die Topographie des Veranstaltungsgeländes sowie die Vegetation von sicherheitsrelevantem Interesse. Dies gilt nicht nur für die Veranstaltungen auf Wiesen und unbefestigten Geländen, sondern gleichermaßen für Veranstaltungen im urbanen Raum. Zu prüfen ist jeweils nicht nur das Veranstaltungsgelände selbst, sondern auch das Umfeld (Zuwegungen, An- und Abfahrten etc).

Bodenbeschaffenheit

Flächen, die schon beim Aufbau zerstört werden, können während der Veranstaltung Gefährdungen darstellen - z.B. Ab- und Umknicken, Stolpern über Furchen und in Löchern. Photo: Rheinkultur GmbH / Marc Nowak
Photo: Rheinkultur Gmbh / Marc Nowak

Die Beschaffenheit des Bodens ist insbesondere aus zwei Blickwinkeln zu betrachten

  • Tragfähigkeit des Untergrundes
  • Anfälligkeit des untergrundes

Tragfähigkeit des Untergrundes

Nicht nur in Bezug auf das Aufstellen tonnenschwerer Bühnenkonstruktionen, sondern auch insbesondere in Bezug auf den häufig mit Veranstaltungen verbundenen Schwerlastverkehr muss geprüft werden, ob der Untergrund geeignet ist, der Belastung standzuhalten. Diese Prüfung betrifft nicht nur die Veranstaltungsgelände „auf der grünen Wiese“, sondern auch die Flächen, die zum Beispiel über Tiefgaragen etc. liegen.

Anfälligkeit des Untergrundes

Nicht selten entstehen auf einem Veranstaltungsgelände, entweder nach langanhaltendem Regen oder auch nach kurzen heftigen Regenschauern große Wasser- und / oder Schlammflächen. Böden mit schlechten Abflussbedingungen führen bei starkem Niederschlag zu Flutungen und oberflächigem Wasserrückhalt. Eine Bodenprüfung ist immer Teil der Machbarkeitsanalyse für die Auswahl des Veranstaltungsorts und der Geländeplanung [1].

Neben Fragen des Wohlbefindens und der Hygiene stellt sich hier insbesondere die Frage nach der weiteren Nutzbarkeit der Wege und Flächen. Dies betrifft insbesondere

  • Park- & Aufstellflächen,
  • Zugangsstellen,
  • Flucht- und Rettungswege in Bezug auf Ihre Befahr- & Begehbarkeit.

Zu den möglichen Gefahren gehören [2]:

  • Minderung von zur Verfügung stehenden Flächen (evtl. Verbunden mit höheren Dichten auf den restlichen Flächen),
  • Einschränkung des Fußgängerverkehrs durch Matsch- und Schlammbildung,
  • erhöhte Unfallgefahr für Fußgänger,
  • potentielle Kontamination von Wasserressourcen,
  • potentielle Ausbreitung von Krankheitserregern,
  • Verkehrsprobleme aufgrund schlecht befahrbarer Zu- und Abwege,
  • potentielle Gefahren für elektrische Installationen,
  • Fehlen von trockenen Bereichen und Unterstellmöglichkeiten für Besucher,
  • mangelhafter Halt und geringe Belastungsfähigkeit des Bodens für temporäre Bauten, Barrier, etc.

In Bezug auf die Auswahl des Veranstaltungsgeländes müssen also mindestens die folgenden Aspekte geprüft werden:

  • Eignung des Bodens, die eingebrauchten Lasten standsicher aufzunehmen,
  • Eignung des Bodens, auch vorübergehende Starkbelastung (z.B. Schwerlastverkehr) aufzunehmen,
  • Drainageverhalten des Bodens: welche Wassermengen kann der Boden / kann die Veranstaltungsfläche aufnehmen,
  • Vorhandensein von Senken, in denen sich Wasser ansammeln kann
  • Freihalten der später von den Besuchern genutzten Flächen sowie der Flächen, die als Flucht- und Rettungswege oder Entlastungsflächen vorgesehen sind, von Schwerlast- und Produktionsverkehren (bes. wichtig bei anhaltendem schlechten Wetter in Verbindung mit nicht-befestigten Flächen)?

Topographie

Seen oder Brunnen laden - trotz Verbot - an heissen Veranstaltungstagen zur Abkühlung ein. Schilder helfen hier kaum. Besondere Aufmerksamkeit muss immer dann gelten, wenn das Besucherprofil eine vulnerable Zielgruppe aufzeigt. Maßnahmen können von "Duldung mit personeller Überwachung" bis zu einer Abschrankung oder - wenn möglich - Sperrung des Gewässers gehen. Photo: Rheinkultur Gmbh / Marc Nowak
Photo: Rheinkultur Gmbh / Marc Nowak

Hänge, Steigungen und Neigungen im Gelände können sich auf die Fußgängerlenkung auswirken – insbesondere in Verbindung mit Wettererscheinungen wie Starkregen o.ä.

Es ist zu prüfen, inwieweit sich der Weg über Steigungen auf die Entfluchtungszeiten auswirkt und inwieweit sich gerade an Hängen eine Dynamik entwickeln kann, die möglicherweise nur schwer zu stoppen ist (Domino-Effekt).

Auch Seen oder Bäche und Flüsse im oder am Veranstaltungsgelände stellen eine potentielle Gefahrenquelle dar. Ist das Schwimmen oder Baden in Gewässern auf dem Gelände nicht gestattet, so müssen diese Gewässer entsprechend gesichert werden und Warnhinweise angebracht werden. Gewässer, die zum Zweck des Schwimmens vorgesehen sind, müssen in Übereinstimmung mit der Badegewässerverordnung [3] eingezäunt und geprüft werden. Die Wasserqualität muss vor und während der Veranstaltung geprüft werden. Erfahrungen haben gezeigt, dass insbesondere bei hohen Temperaturen nur leicht abgesicherte Gewässer seitens der Besucher gerne genutzt werden (dies gilt im Übrigen ebenso für Springbrunnen etc. im urbanen Veranstaltungsgelände). Auch bei erlaubtem Badebetrieb sollte es eine Überwachung des Gewässers geben im Hinblick auf Familien mit kleinen Kindern oder auch alkoholisierte oder durch Drogen in ihrer Urteilskraft beeinträchtigte Personen. Im Allgemeinen gehen von Gewässern folgende Gefährdungen aus [3].:

  • Ertrinken,
  • Ausrutschen,
  • Verletzungen an sich unter der Oberfläche befindende Gegenstände (Scherben etc.)
  • Untiefen,
  • Gesundheitsgefährdungen durch Bakterien / Verschmutzungen

Auch die Gefahr der Überflutung muss berücksichtigt werden – bei einem nahegelegenen Fluss oder Bach ist immer zu prüfen, ob und inwieweit ein Hochwasserstand (auch ein nur temporärer / kurzfristiger) Auswirkungen auf die Nutzung des Veranstaltungsgeländes haben kann. Dies gilt dabei nicht nur für die von den Besuchern genutzten Flächen, sondern auch für Anfahrts- und Rettungswege sowie Fluchtwege.

Vegetation

Vegetation wie Büsche und Bäume können gerade bei Schlechtwetter zu Gefahrenquellen werden. Dabei ist zum einem im Sommer Brandgefahren zu nennen bei Büschen [4] bis hin zur Waldbrandgefahr als auch die Gefahr des Einschlags von Blitzen in Bäume, Blitzüberschläge bei Personen in der Nähe von Bäumen oder abknickende Äste bei Sturmböen Wind. Gerade, weil Bäume von Besuchern häufig als Regenschutz genutzt werden, sind hier besondere Maßnahmen bzw. eine intensive Betrachtung der möglichen Gefahren notwendig.

Insbesondere ist hier auch zu prüfen, inwieweit diese Gefährdungen nicht nur auf dem Veranstaltungsgelände selbst, sondern vor allem auf den Fluchtwegen bestehen. Vor Veranstaltungsbeginn ist daher auch in Bezug auf die Vegetation immer eine Begehung vorzunehmen, die potentielle Gefahrenquellen sondiert und eliminiert. Bäume werden zusätzlich häufig als Möglichkeit genutzt, eine bessere Sicht auf das Veranstaltungsgeschehen zu erlangen. Auch wenn dies kaum zu verhindern ist, ist dies doch im Rahmen der Gefährdungsanalyse immer zu betrachten und ggfs. sind organisatorische Maßnahmen einzuleiten (Warnhinweise, Personal bis hin zu Abschrankungen).

Weitere Gefahrenquellen im Zusammenhang mit der Beschaffenheit des Geländes, der Topographie oder der Vegetation können sein:

  • Stromleitungen insbesondere in Zusammenhang mit Sturm,
  • Hohe Staubbelastung bei sehr trockenen Böden,
  • Tiere,
  • Gefährliche Pflanzenbestände (z.B. Bärenklau, dessen Saft eine extrem ätzende Wirkung auf die Haut hat),
  • Mulden und Senken als Stolperfallen,
  • unbefestigte Geländestrukturen,
  • Gefahren durch benachbarte Landnutzungen.

Gegebenenfalls ist zu prüfen, inwieweit durch die Veranstaltung Belange des Umwelt- und Naturschutzes berührt werden. Dies betrifft nicht nur die Beanspruchung der Flächen selbst, sondern auch von der Veranstaltung ausgehende Emissionen (Abwasser / Licht / Lautstärke).

Literatur

  • Commonwealth of Australia (Hrsg.) (1999): Safe and Healthy Mass Gatherings. A Health, Medical and Safety Planning Manual for Public Events. Australian Emergency Manuals Series. Dickson. [4]
  • Dávid, Lóránt (2009): Environmental Impacts of Events. In: Raj, Razaq / Musgrave, James (Hrsg.) (2009): Event Management and Sustainability. S.66-75. Oxfordshire, Cambridge.
  • Federal Emergency Management Agency (Hrsg.) (2010): Special Events Contingency Planning.
  • Kemp, Chris / Hill, Iain / Upton, Mick / Hamilton, Mark (2007): Case Studies in Crowd Management. Cambridge.
  • VDE (Hrsg.) (2013): Blitzschutz bei Veranstaltungen und Versammlungen. Merkblatt. Frankfurt. [www.vde.com/blitzschutz-veranstaltungen]
  • HSE (Hrsg.) (2014): The Purple Guide to Health, Safety and Welfare at Music and Other Events. [5]
  • Sounds for Nature Foundation e.V. (SfN)(Hrsg.) (2013): Leitfaden für die umweltverträgliche Gestaltung von Open-Air-Veranstaltungen. Bonn. [6]
  • Swedish Civil Contingency Agency (MSB) (Hrsg.) (2012): Event Safety Guide. Karlstad. [7]

Einzelnachweise

  1. Sounds for Nature Foundation e.V. (Hrsg.)(2013): Leitfaden für die umweltverträgliche Gestaltung von Open-Air-Veranstaltungen. Bonn. S. 18. [1]
  2. Kemp, Chris / Hill, Iain / Upton, Mick / Hamilton, Mark (2007): Case Studies in Crowd Management. Cambridge. S. 184f.
  3. Commonwealth of Australia (Hrsg.) (1999): Safe and Healthy Mass Gatherings. A Health, Medical and Safety Planning Manual for Public Events. Australian Emergency Manuals Series. Dickson. S. 40. [2]
  4. Kemp, Chris / Hill, Iain / Upton, Mick / Hamilton, Mark (2007): Case Studies in Crowd Management. Cambridge. S. 182.




Autoren: Sabine Funk, Simon Runkel (IBIT GmbH)