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Sicherheitsbausteine/Verkehrliche Erschließung der Veranstaltung/Werkzeuge und Methoden: Unterschied zwischen den Versionen

Aus BaSiGo - Bausteine für die Sicherheit von Großveranstaltungen
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==Simulation==
==Simulation==
Erläuterungstext/Motivation für [[Sicherheitsbausteine/Werkzeuge und Methoden/Simulation|Simulation]]
Erläuterungstext/Motivation für [[Sicherheitsbausteine/Werkzeuge und Methoden/Simulation|Simulation]]
1 Mikroskopische Verkehrssimulation
Die mikroskopischen Modelle bilden einzelne Fahrer/Fahrzeug oder Fußgänger-Einheiten mit ihrer jeweils individuellen Charakteristik ab.
1.1 Fahrzeuge IV und ÖV
In mikroskopischen Simulationsmodellen bilden die einzelnen Fahrzeuge, aus denen sich ein Verkehrsstrom zusammensetzt, das kleinste Element des Systems. In der Simulation werden sowohl die individuellen Eigenschaften verschiedenen Fahrzeuge und Fahrer als auch die Interaktionen der Fahrzeuge untereinander nachgebildet. Die Modelle setzten sich aus einzelnen Teilmodellen zusammen. Dazu gehört grundsätzlich ein Netzmodell, in dem sämtliche für die Simulation relevanten Daten der Infrastruktur im Untersuchungsgebiet hinterlegt sind wie die Anzahl der Fahrstreifen, Knotenpunkte mit ihren geometrischen und topologischen Eigenschaften oder Lichtsignalanlagen mit den dazugehörigen Regelalgorithmen. Dazu kommen verschiedene Verhaltensmodelle (z. B.: Fahrzeugfolgemodell, Fahrstreifenwechselmodell oder Routenwahlmodell), in denen Rechenalgorithmen zur Nachbildung des Fahrverhaltens zusammengefasst sind <ref>Mikroskopische Verkehrssimulation – Grundlagen und praktische Hinweise zur Anwendung, FGSV, 2006.</ref>.
Wichtigste Anwendungsfälle der mikroskopischen Fahrzeugsimulation sind im Veranstaltungsbereich der Zu- und Abfluss zu Veranstaltungen. Aufgrund des hohen Modellierungsaufwandes und der hohen Rechnerleistungen ist die mögliche Größe des Untersuchungsgebietes allerdings begrenzt.
Die Verkehrsmengen können in verschiedenen Optionen in das Modell eingespeist werden. Sollten die Werte aus einem makroskopischen Modell stammen so bietet es sich an sie in Matrixform zu importieren (vgl. Sicherheitsbaustein makroskopische Verkehrsmodellierung). Sollten die Werte aus einer Verkehrszählung stammen und durch eine Handumlegung (vgl. Sicherheitsbaustein Handrechenverfahren) hochgerechnet worden sein können sie auch als Abbiegeanteile (Aufteilung des in einer Zufahrt ankommenden Verkehrs auf die möglichen Abbiegerichtungen) in das Modell übernommen werden.
Bei der Auswertung der Ergebnisse muss darauf geachtet werden, dass mehrere Simulationsläufe durchgeführt werden müssen, um eine statistische Sicherheit für die Interpretation der Ergebnisse zu erlangen <ref>Mikroskopische Verkehrssimulation – Grundlagen und praktische Hinweise zur Anwendung, FGSV, 2006.</ref>.
Die in den Simulationstools integrierten Auswerteoptionen ermöglichen zumeist die Ermittlung und statistische Aufbereitung praktisch aller denkbaren verkehrlichen Kenngrößen. Zu diesen zählen: Verkehrsstärke, Dichte bzw. Belegungsgrad, Geschwindigkeit (z.B. mittlere), Reisezeit, Zeitlückenverteilung, Verlustzeiten usw. Die Einordnung der Ergebnisse kann auf Basis des HBS <ref>HBS Handbuch für die Bemessung von Straßenverkehrsanlagen, Bundesanstalt für Straßenwesen, Bergisch Gladbach, 2005.</ref> erfolgen. So kann z. B. die Qualität des Verkehrsablaufs (Level of Service) an einer Straßenverkehrsanlage ermittelt werden.
Ein wesentlicher Vorteil einer durch eine Mikrosimulation gestützten Untersuchung ist zudem die Visualisierung der Verkehre. Durch die Präsentation eines Simulationsvideos können auch fachfremden Personen und einer breiten Masse von Interessierten die Verkehrszusammenhänge verständlich und anschaulich dargestellt werden.
1.2 Fußgänger
Ähnlich den mikroskopischen Modellen für Fahrzeuge betrachten mikroskopische Modelle für Fußgänger das zu simulierende Objekt (den Fußgänger) als Individuum. Sie haben das Ziel Interaktionen zwischen den Fußgängern und deren Fluss innerhalb vorgegebener Geometrien zu beschreiben. Dabei sollen lokale Phänomene wie Stau vor Engstellen, Stauwellen oder Bahnenbildung im Gegenstrom möglichst realistisch nachgebildet werden. Abgesehen von Stauwellen, welche auch im Straßenverkehr existieren zeigt sich an dieser Stelle der bedeutenste Unterschied zwischen Fahrzeugen und Fußgängern. Fahrzeuge stellen sich im Stau hintereinander, Fußgänger eher in einer traubenform auf. Die Bahnenbildung im Gegenstrom bei Fahrzeugen ist durch Fahrstreifen in der Regel klar vorgegeben. Bei den Fußgängern entsteht sie dadurch, dass Menschen dazu tendieren anderen zu folgen, welche in dieselbe Richtung laufen. Dies vermeidet Kollisionen und führt zur Bahnenbildung.
Wichtigstes Unterscheidungskriterium mikroskopischer Fußgängersimulationsmodelle ist, ob es sich um ein kontinuierliches oder diskretes Modell handelt. Raumkontinuität beschreibt dir Fähigkeit eines Modells, Einheiten auf einer definierten Fläche frei und kontinuierlich zu bewegen. Sie werden nicht anhand eines vorgegebenen Rasters bewegt, sondern können ihre Position in Abhängigkeit der Wunschrichtung und Geschwindigkeit frei wählen.
Raumdiskrete Modelle hingegen richten die simulierten Einheiten an einem fest definierten Gitternetz aus. Jede Zelle des Gitternetzes hat eine bestimmte Eigenschaft und ist somit eine begehbare Fläche, ein Hindernis oder eine belegte Zelle. Die Bewegung eines Elements wird durch die fortlaufende Blockierung hintereinander liegender Zellen dargestellt. Solche Modelle werden als zellulare Automaten bezeichnet.
Zum Aufbau eines Mikrosimulationsmodells für Fußgänger gehört vergleichbar mit der mikroskopischen Fahrzeugsimulation ein Netzmodell bzw. in diesem Fall eher ein Flächenmodell, welches die Geometrie der zu untersuchenden Infrastruktur wiedergibt. Hierzu gehören „normale“ Bewegungsflächen, Hindernisse (Wände, Säulen, städtebauliches Mobiliar und auch Rampen oder Treppen.
Im Umfeld von Großveranstaltungen gibt es für die Fußgängersimulation folgende Anwendungsfälle:
        
Zufluss zum Veranstaltungsgelände,
Bewegungen auf dem Veranstaltungsgelände,
Evakuierung der Veranstaltung und
Abfluss vom Veranstaltungsgelände.
Die in der Simulation anzusetzenden Verkehrsmengen können je nach Anwendungsfall aus unterschiedlichen Quellen stammen wie z. B:
 Makroskopisches Verkehrsmodell (Kantenbelastung, Matrix oder Umsteigezahlen zwischen verschiedenen Verkehrsmodi) (vgl. Sicherheitsbaustein makroskopische Verkehrsmodellierung)
 Fußgängerzählung
 Handumlegung (vgl. Sicherheitsbaustein Handrechenverfahren)
 Eintrittskarten, Erfahrungswerte früherer Veranstaltungen usw.
Analog der Fahrzeugsimulation sollten auch für die Fußgängersimulation mehrere Simulationsläufe zur Erlangung statistischer Sicherheit durchgeführt werden <ref>RiMEA – Richtlinie für Mikroskopische Entfluchtungsanalysen, Initiatoren des RiMEA-Projekts, 2009.</ref>.
Die Auswertung der Modelle ist stark abhängig von der Art der Anwendung. Bei der Auswertung von Evakuierungsmodellen ist großteils allein die Evakuierungszeit maßgebend. Bei der Bewertung von Zu- und Abfluss bzw. Bewegungen auf dem Gelände handelt es sich tendenziell eher um Komfortanalysen. Es soll gewährleistet sein, dass grundsätzlich genügend Gehfläche für alle Besucher vorhanden ist. Sobald dies nicht der Fall ist kann die Untersuchung auch sicherheitsrelevante Bedeutung bekommen, sofern festgestellt wird, dass etwa an Engstellen hohe Dichten auftreten können.
Damit ist das wichtigste Auswertekriterium Dichte [Pers./m2] bereits genannt. Anhand der gemessenen Dichte lassen sich Bewertungen nach dem Level of Service Konzept (LOS) vornehmen. U. a. gibt <ref>HBS Handbuch für die Bemessung von Straßenverkehrsanlagen, Bundesanstalt für Straßenwesen, Bergisch Gladbach, 2005.</ref> hierzu Grenzwerte vor. Andere Auswertungen wie Reisezeiten, Geschwindigkeiten oder Verlustzeiten sind zumeist ebenfalls möglich.
Durch den Einsatz eines Simulationsvideos sind auch die Ergebnisse einer Fußgängersimulation einem breiten, auch fachfremden Publikum, anschaulich darzustellen. Somit ist eine deutlich höhere Akzeptanz der Ergebnisse zu erzielen.
1.3 Intermodal
Weniger weit verbreitet ist bisher die Simulation von Fahrzeugen (MIV, Busse und Schienenfahrzeuge) und Fußgänger in einem Modell. Mit dieser Option ist es möglich die Interaktion zwischen Fahrzeugen und Fußgängern in einem Modell abzubilden. Folgende Anwendungsfälle lassen sich hiermit z. B. realitätsgetreu nachbilden:
 Geregeltes und ungeregeltes Queren von Fußgängern (auch abseits von Furten oder Zebrastreifen) über Straßen (inkl. „Rotgeher“).
 Ankunft und Abfahrt von Bussen oder Schienenfahrzeugen mit Nachbildung des Ein- und Aussteigevorgangs oder Verspätungslagen des öffentlichen Verkehrs.
 Shuttle-Bus Konzepte
Die Option alle Verkehrsmodi in einem Modell untersuchen zu können hilft insbesondere bei der Bewertung der Zu- und Abfließenden Verkehrsströme einer Großveranstaltung. Es kann eine ganzheitliche Betrachtung vorgenommen und damit eine höhere Planungssicherheit erreicht werden.
2 Übergang zur Makrosimulation
Ähnlich zur Handlungsempfehlung zur Ermittlung der Verkehrsnachfrage hat die PTV eine Empfehlung zur Handhabung des Übergangs zwischen Makro- und Mikrosimulation, bzw. zur möglichen Rückkopplung zwischen beiden Modellen erarbeitet.

Version vom 4. April 2014, 15:58 Uhr


Rechenverfahren

Erläuterungstext/Motivation für Rechenverfahren

Die Planung von Veranstaltungsverkehren lässt sich durch vier große Planungs- und Bewertungstools umsetzen. Der folgende Text und die nebenstehende Abbildung sollen einen ersten Überblick über die vorhandenen Tools und deren Einsatzmöglichkeiten geben. Alle vier Tools werden in separaten Sicherheitsbausteinen detaillierter beschrieben. In Abbildung 1 ist ein optimaler Ablauf zum Einsatz der Planungs- und Bewertungstools dargestellt. Je nach Größe und Art der zu erwartenden Besucherströme ist es nicht notwendig alle Tools einzusetzen, um eine optimale Abwicklung der Fahrzeug- und Personenströme zu gewährleisten.

In jedem Fall sollte zunächst eine Nachfrageberechnung zur Ermittlung der zu erwartenden Besucherzahlen durchgeführt werden. Dies kann relativ trivial bei einer ausverkauften Veranstaltung mit einer begrenzten Ticketanzahl sein. Es kann aber auch sehr komplex sein für eine offene Veranstaltung, die zum ersten Mal durchgeführt wird (vgl. Sicherheitsbaustein Nachfrageberechnung). Nach Ermittlung der zu erwartenden Besucherzahlen kann von der Genehmigungsbehörde aus verkehrlicher Sicht die Veranstaltung direkt ohne Auflage genehmigt oder aber auch eine Absage erteilt werden. Sofern keine der beiden Entscheidungen mit Sicherheit gefällt werden kann, kann die Genehmigungsbehörde eine grundsätzliche Durchführbarkeit in Aussicht stellen. Hierzu ist allerdings eine verkehrsplanerische Begleitung notwendig.

Mit sog Handrechenverfahren (vgl. Sicherheitsbaustein Handrechenverfahren) lassen sich, zumindest überschlägig, die unmittelbar an das Veranstaltungsgelände grenzenden Infrastrukturanlagen bewerten. Für den Individualverkehr können unter Einsatz des HBS die umliegenden Knotenpunkte bewertet werden [1]. Per Handrechnung lassen sich auch Parkplatzzufahrten grob dimensionieren. Fußgängerströme und die vorhandene bzw. geplante Infrastruktur können ebenfalls mit Handrechenverfahren bewertet werden. Als Faustformel gilt: Je komplexer die Fußgänger- oder Fahrzeugströme (Gegenströme, Kreuzen von Strömen, Hindernisse im Weg, enge Knotenpunktabstände oder Interaktion mit MIV oder ÖPV), desto limitierter sind die Handrechenverfahren und desto sinnvoller wird der Einsatz von Mikrosimulationsmodellen. Sofern es möglich ist mit Hilfe der Handrechenverfahren ausreichend planerische Sicherheit zur erlangen, d. h. eine sichere und leistungsfähige Veranstaltung gewährleisten zu können, kann von Seiten der Genehmigungsbehörde zu diesem Zeitpunkt die Veranstaltung genehmigt werden. Sobald die Komplexität der Verkehrsströme zu groß wird und daher eine verlässliche Aussage nicht vorgenommen werden kann, wird der Einsatz von Verkehrssimulationstools empfohlen. Solange die zu erwartenden Probleme im näheren Umfeld oder auf dem Veranstaltungsgelände selbst liegen, kann der direkte Einsatz einer mikroskopischen Verkehrsflusssimulation (vgl. Sicherheitsbaustein Mikrosimulation) zielführend sein. Diese kann jedoch nur eingesetzt werden, soweit dem Planer die notwendigen zu prognostizierenden Verkehrsdaten zur Verfügung stehen.

Sobald der zu untersuchende Bereich das unmittelbare Umfeld des Veranstaltungsgeländes überschreitet und auch entferntere Verkehrsströme bewertet werden sollen, ist der Einsatz eines makroskopischen Verkehrsmodells (vgl. Sicherheitsbaustein Makroskopische Verkehrssimulation) notwendig. In diesem Fall werden die prognostizierten Verkehrsströme als Eingangsdaten für die Mikrosimulation genutzt. Grundsätzlich können heute auch makroskopische Modelle zur Bewertung von Fußgänger- oder Fahrzeugströmen herangezogen werden.

Insbesondere zur Bewertung von Sicherheitsproblemen wird der Einsatz mikroskopischer Modelle empfohlen, da diese potenziell genauer sind und die Nachbildung detaillierterer Probleme erlauben [2].

Abbildung 1. Planungs- und Bewertungstools von Veranstaltungsverkehr.png

Simulation

Erläuterungstext/Motivation für Simulation

1 Mikroskopische Verkehrssimulation Die mikroskopischen Modelle bilden einzelne Fahrer/Fahrzeug oder Fußgänger-Einheiten mit ihrer jeweils individuellen Charakteristik ab.

1.1 Fahrzeuge IV und ÖV

In mikroskopischen Simulationsmodellen bilden die einzelnen Fahrzeuge, aus denen sich ein Verkehrsstrom zusammensetzt, das kleinste Element des Systems. In der Simulation werden sowohl die individuellen Eigenschaften verschiedenen Fahrzeuge und Fahrer als auch die Interaktionen der Fahrzeuge untereinander nachgebildet. Die Modelle setzten sich aus einzelnen Teilmodellen zusammen. Dazu gehört grundsätzlich ein Netzmodell, in dem sämtliche für die Simulation relevanten Daten der Infrastruktur im Untersuchungsgebiet hinterlegt sind wie die Anzahl der Fahrstreifen, Knotenpunkte mit ihren geometrischen und topologischen Eigenschaften oder Lichtsignalanlagen mit den dazugehörigen Regelalgorithmen. Dazu kommen verschiedene Verhaltensmodelle (z. B.: Fahrzeugfolgemodell, Fahrstreifenwechselmodell oder Routenwahlmodell), in denen Rechenalgorithmen zur Nachbildung des Fahrverhaltens zusammengefasst sind [3].

Wichtigste Anwendungsfälle der mikroskopischen Fahrzeugsimulation sind im Veranstaltungsbereich der Zu- und Abfluss zu Veranstaltungen. Aufgrund des hohen Modellierungsaufwandes und der hohen Rechnerleistungen ist die mögliche Größe des Untersuchungsgebietes allerdings begrenzt.

Die Verkehrsmengen können in verschiedenen Optionen in das Modell eingespeist werden. Sollten die Werte aus einem makroskopischen Modell stammen so bietet es sich an sie in Matrixform zu importieren (vgl. Sicherheitsbaustein makroskopische Verkehrsmodellierung). Sollten die Werte aus einer Verkehrszählung stammen und durch eine Handumlegung (vgl. Sicherheitsbaustein Handrechenverfahren) hochgerechnet worden sein können sie auch als Abbiegeanteile (Aufteilung des in einer Zufahrt ankommenden Verkehrs auf die möglichen Abbiegerichtungen) in das Modell übernommen werden.

Bei der Auswertung der Ergebnisse muss darauf geachtet werden, dass mehrere Simulationsläufe durchgeführt werden müssen, um eine statistische Sicherheit für die Interpretation der Ergebnisse zu erlangen [4].

Die in den Simulationstools integrierten Auswerteoptionen ermöglichen zumeist die Ermittlung und statistische Aufbereitung praktisch aller denkbaren verkehrlichen Kenngrößen. Zu diesen zählen: Verkehrsstärke, Dichte bzw. Belegungsgrad, Geschwindigkeit (z.B. mittlere), Reisezeit, Zeitlückenverteilung, Verlustzeiten usw. Die Einordnung der Ergebnisse kann auf Basis des HBS [5] erfolgen. So kann z. B. die Qualität des Verkehrsablaufs (Level of Service) an einer Straßenverkehrsanlage ermittelt werden.

Ein wesentlicher Vorteil einer durch eine Mikrosimulation gestützten Untersuchung ist zudem die Visualisierung der Verkehre. Durch die Präsentation eines Simulationsvideos können auch fachfremden Personen und einer breiten Masse von Interessierten die Verkehrszusammenhänge verständlich und anschaulich dargestellt werden.

1.2 Fußgänger

Ähnlich den mikroskopischen Modellen für Fahrzeuge betrachten mikroskopische Modelle für Fußgänger das zu simulierende Objekt (den Fußgänger) als Individuum. Sie haben das Ziel Interaktionen zwischen den Fußgängern und deren Fluss innerhalb vorgegebener Geometrien zu beschreiben. Dabei sollen lokale Phänomene wie Stau vor Engstellen, Stauwellen oder Bahnenbildung im Gegenstrom möglichst realistisch nachgebildet werden. Abgesehen von Stauwellen, welche auch im Straßenverkehr existieren zeigt sich an dieser Stelle der bedeutenste Unterschied zwischen Fahrzeugen und Fußgängern. Fahrzeuge stellen sich im Stau hintereinander, Fußgänger eher in einer traubenform auf. Die Bahnenbildung im Gegenstrom bei Fahrzeugen ist durch Fahrstreifen in der Regel klar vorgegeben. Bei den Fußgängern entsteht sie dadurch, dass Menschen dazu tendieren anderen zu folgen, welche in dieselbe Richtung laufen. Dies vermeidet Kollisionen und führt zur Bahnenbildung.

Wichtigstes Unterscheidungskriterium mikroskopischer Fußgängersimulationsmodelle ist, ob es sich um ein kontinuierliches oder diskretes Modell handelt. Raumkontinuität beschreibt dir Fähigkeit eines Modells, Einheiten auf einer definierten Fläche frei und kontinuierlich zu bewegen. Sie werden nicht anhand eines vorgegebenen Rasters bewegt, sondern können ihre Position in Abhängigkeit der Wunschrichtung und Geschwindigkeit frei wählen.

Raumdiskrete Modelle hingegen richten die simulierten Einheiten an einem fest definierten Gitternetz aus. Jede Zelle des Gitternetzes hat eine bestimmte Eigenschaft und ist somit eine begehbare Fläche, ein Hindernis oder eine belegte Zelle. Die Bewegung eines Elements wird durch die fortlaufende Blockierung hintereinander liegender Zellen dargestellt. Solche Modelle werden als zellulare Automaten bezeichnet.

Zum Aufbau eines Mikrosimulationsmodells für Fußgänger gehört vergleichbar mit der mikroskopischen Fahrzeugsimulation ein Netzmodell bzw. in diesem Fall eher ein Flächenmodell, welches die Geometrie der zu untersuchenden Infrastruktur wiedergibt. Hierzu gehören „normale“ Bewegungsflächen, Hindernisse (Wände, Säulen, städtebauliches Mobiliar und auch Rampen oder Treppen.

Im Umfeld von Großveranstaltungen gibt es für die Fußgängersimulation folgende Anwendungsfälle: 

Zufluss zum Veranstaltungsgelände,

Bewegungen auf dem Veranstaltungsgelände,

Evakuierung der Veranstaltung und

Abfluss vom Veranstaltungsgelände.

Die in der Simulation anzusetzenden Verkehrsmengen können je nach Anwendungsfall aus unterschiedlichen Quellen stammen wie z. B:  Makroskopisches Verkehrsmodell (Kantenbelastung, Matrix oder Umsteigezahlen zwischen verschiedenen Verkehrsmodi) (vgl. Sicherheitsbaustein makroskopische Verkehrsmodellierung)  Fußgängerzählung  Handumlegung (vgl. Sicherheitsbaustein Handrechenverfahren)  Eintrittskarten, Erfahrungswerte früherer Veranstaltungen usw. Analog der Fahrzeugsimulation sollten auch für die Fußgängersimulation mehrere Simulationsläufe zur Erlangung statistischer Sicherheit durchgeführt werden [6].

Die Auswertung der Modelle ist stark abhängig von der Art der Anwendung. Bei der Auswertung von Evakuierungsmodellen ist großteils allein die Evakuierungszeit maßgebend. Bei der Bewertung von Zu- und Abfluss bzw. Bewegungen auf dem Gelände handelt es sich tendenziell eher um Komfortanalysen. Es soll gewährleistet sein, dass grundsätzlich genügend Gehfläche für alle Besucher vorhanden ist. Sobald dies nicht der Fall ist kann die Untersuchung auch sicherheitsrelevante Bedeutung bekommen, sofern festgestellt wird, dass etwa an Engstellen hohe Dichten auftreten können.

Damit ist das wichtigste Auswertekriterium Dichte [Pers./m2] bereits genannt. Anhand der gemessenen Dichte lassen sich Bewertungen nach dem Level of Service Konzept (LOS) vornehmen. U. a. gibt [7] hierzu Grenzwerte vor. Andere Auswertungen wie Reisezeiten, Geschwindigkeiten oder Verlustzeiten sind zumeist ebenfalls möglich.

Durch den Einsatz eines Simulationsvideos sind auch die Ergebnisse einer Fußgängersimulation einem breiten, auch fachfremden Publikum, anschaulich darzustellen. Somit ist eine deutlich höhere Akzeptanz der Ergebnisse zu erzielen.

1.3 Intermodal

Weniger weit verbreitet ist bisher die Simulation von Fahrzeugen (MIV, Busse und Schienenfahrzeuge) und Fußgänger in einem Modell. Mit dieser Option ist es möglich die Interaktion zwischen Fahrzeugen und Fußgängern in einem Modell abzubilden. Folgende Anwendungsfälle lassen sich hiermit z. B. realitätsgetreu nachbilden:  Geregeltes und ungeregeltes Queren von Fußgängern (auch abseits von Furten oder Zebrastreifen) über Straßen (inkl. „Rotgeher“).  Ankunft und Abfahrt von Bussen oder Schienenfahrzeugen mit Nachbildung des Ein- und Aussteigevorgangs oder Verspätungslagen des öffentlichen Verkehrs.  Shuttle-Bus Konzepte

Die Option alle Verkehrsmodi in einem Modell untersuchen zu können hilft insbesondere bei der Bewertung der Zu- und Abfließenden Verkehrsströme einer Großveranstaltung. Es kann eine ganzheitliche Betrachtung vorgenommen und damit eine höhere Planungssicherheit erreicht werden.

2 Übergang zur Makrosimulation Ähnlich zur Handlungsempfehlung zur Ermittlung der Verkehrsnachfrage hat die PTV eine Empfehlung zur Handhabung des Übergangs zwischen Makro- und Mikrosimulation, bzw. zur möglichen Rückkopplung zwischen beiden Modellen erarbeitet.

  1. HBS Handbuch für die Bemessung von Straßenverkehrsanlagen, Bundesanstalt für Straßenwesen, Bergisch Gladbach, 2005
  2. Mikroskopische Verkehrssimulation – Grundlagen und praktische Hinweise zur Anwendung, FGSV, 2006
  3. Mikroskopische Verkehrssimulation – Grundlagen und praktische Hinweise zur Anwendung, FGSV, 2006.
  4. Mikroskopische Verkehrssimulation – Grundlagen und praktische Hinweise zur Anwendung, FGSV, 2006.
  5. HBS Handbuch für die Bemessung von Straßenverkehrsanlagen, Bundesanstalt für Straßenwesen, Bergisch Gladbach, 2005.
  6. RiMEA – Richtlinie für Mikroskopische Entfluchtungsanalysen, Initiatoren des RiMEA-Projekts, 2009.
  7. HBS Handbuch für die Bemessung von Straßenverkehrsanlagen, Bundesanstalt für Straßenwesen, Bergisch Gladbach, 2005.