Bitte beachten Sie: Diese archivierte Version des BaSiGo-Wikis wird nicht mehr aktualisiert. Das BaSiGo-Wiki wurde im Rahmen des BMBF-Forschungsprojektes 'Bausteine für die Sicherheit von Großveranstaltungen' (BaSiGo) entwickelt und stellt den Stand zum Projektende im Juni 2015 dar.

Social Media: Unterschied zwischen den Versionen

Aus BaSiGo - Bausteine für die Sicherheit von Großveranstaltungen
Zur Navigation springen Zur Suche springen
 
(Eine dazwischenliegende Version von einem anderen Benutzer wird nicht angezeigt)
Zeile 18: Zeile 18:
Der soziale Austausch zum Event wird in sozialen Netzen sichtbar und für viele Interessenten verfügbar. Soziale Medien prägen heutzutage den gesamten Veranstaltungsverlauf und ermöglichen eine neuartige und aktive Partizipation der [[Besucher]] an der Eventkommunikation. Die Informationshoheit liegt nicht mehr alleine bei den Veranstaltern und Organisationen, sondern wird von den Stimmungsbildern, Kommentaren und Live-Aufzeichnungen der Besucher mitgestaltetet. Dies fließt nicht nur PR- und Marketingkommunikation der Veranstalter ein, sondern ebenso in die Sicherheitskommunikation. Besucher sind hier nicht nur am Ende Kommunikationskette anzutreffen, sondern können in allen Veranstaltungsphasen einen aktiven Beitrag und Austausch zur Sicherheitskommunikation leisten. Die Integration der Veranstaltungsbesucher und ihre Beiträge in sozialen Netzwerken bieten damit ein bislang oft noch ungenutztes Potenzial zur Krisenprävention und –Bewältigung. Für die Zukunft der Veranstaltungssicherheit können soziale Medien einen innovativen Beitrag zur Sicherheitskommunikation ermöglichen: Denn wer „am Dialog teilnimmt, überlebt Krisen besser“ (Bernet, 2010, S. 169).  
Der soziale Austausch zum Event wird in sozialen Netzen sichtbar und für viele Interessenten verfügbar. Soziale Medien prägen heutzutage den gesamten Veranstaltungsverlauf und ermöglichen eine neuartige und aktive Partizipation der [[Besucher]] an der Eventkommunikation. Die Informationshoheit liegt nicht mehr alleine bei den Veranstaltern und Organisationen, sondern wird von den Stimmungsbildern, Kommentaren und Live-Aufzeichnungen der Besucher mitgestaltetet. Dies fließt nicht nur PR- und Marketingkommunikation der Veranstalter ein, sondern ebenso in die Sicherheitskommunikation. Besucher sind hier nicht nur am Ende Kommunikationskette anzutreffen, sondern können in allen Veranstaltungsphasen einen aktiven Beitrag und Austausch zur Sicherheitskommunikation leisten. Die Integration der Veranstaltungsbesucher und ihre Beiträge in sozialen Netzwerken bieten damit ein bislang oft noch ungenutztes Potenzial zur Krisenprävention und –Bewältigung. Für die Zukunft der Veranstaltungssicherheit können soziale Medien einen innovativen Beitrag zur Sicherheitskommunikation ermöglichen: Denn wer „am Dialog teilnimmt, überlebt Krisen besser“ (Bernet, 2010, S. 169).  


Grundsätzliches zum Einsatz sozialer Medien auf Großveranstaltungen
==Grundsätzliches zum Einsatz sozialer Medien auf Großveranstaltungen==
Der Austausch über Veranstaltungen in soziale Medien ist unumgänglich. Er findet mit und ohne Mitwirken der Veranstalter oder Sicherheitsbehörden statt. Wenn auch die Informationshoheit der Verantwortlichen in sozialen Medien nicht mehr gewährleistet ist, sind sie dennoch wichtiges und komplementär begleitendes Kommunikationsinstrument von Veranstaltungen geworden (Zanger, 2014, S. 16). Besonders für die Sicherheitskommunikation ist es von enormer Bedeutung die Veranstaltungsbesucher zu involvieren und über alle Kommunikationsinstrumente hinweg ein übereinstimmendes Informationsangebot zu gestalten. Dies gilt ebenfalls für die Kommunikation über soziale Medien. Nur so können widersprüchliche Inhalte und Fehlinformationen vermieden werden und ein optimales Zusammenspiel aller Medienkanäle im Sinne der Sicherheit von Events gewährleistet werden.  
Der Austausch über Veranstaltungen in soziale Medien ist unumgänglich. Er findet mit und ohne Mitwirken der Veranstalter oder Sicherheitsbehörden statt. Wenn auch die Informationshoheit der Verantwortlichen in sozialen Medien nicht mehr gewährleistet ist, sind sie dennoch wichtiges und komplementär begleitendes Kommunikationsinstrument von Veranstaltungen geworden (Zanger, 2014, S. 16). Besonders für die Sicherheitskommunikation ist es von enormer Bedeutung die Veranstaltungsbesucher zu involvieren und über alle Kommunikationsinstrumente hinweg ein übereinstimmendes Informationsangebot zu gestalten. Dies gilt ebenfalls für die Kommunikation über soziale Medien. Nur so können widersprüchliche Inhalte und Fehlinformationen vermieden werden und ein optimales Zusammenspiel aller Medienkanäle im Sinne der Sicherheit von Events gewährleistet werden.  


Zeile 217: Zeile 217:




''Autorin: Christiane Link (Universität Siegen)''
''Autoren: Christiane Link (Universität Siegen) und Robert Schwerdtner (DTAG)''

Aktuelle Version vom 27. Juli 2015, 14:20 Uhr

Social Media als Baustein der Sicherheitskommunikation

Social Media Tools und mobile Technologien verbinden immer mehr Menschen überall, zu jeder Zeit und schneller als je zuvor. In der Eventkommunikation sind soziale Medien nicht mehr wegzudenken. Diverse App-Anwendungen, Twitter-Walls, Hashtags, Foren und soziale Netzwerke unterstützten die interaktive Kommunikation der Veranstaltungsbesucher. Kann der Einsatz von Social-Media-Kommunikation über einen Marketingnutzen hinaus Anwendung finden? Erste Social-Media-Einsätze im Bevölkerungsschutz zeigen hier einen Trend in der Krisenprävention und –bewältigung auf.

Was sind die Chancen und Herausforderungen von Social Media für die Sicherheitskommunikation? Dieser Beitrag zeigt auf, welche Möglichkeiten Social Media für die Sicherheitskommunikation auf Sport-, Volks- und Musik-Veranstaltungen in allen Phasen der Veranstaltungskommunikation eröffnet. Das Echtzeit-Monitoring der sozialen Medien identifiziert und lokalisiert relevante Sicherheitsthemen und das Sicherheitsgefühl innerhalb der Social-Media-Gespräche. Die Praxisbeispiele des durchgeführten Monitorings in 2013 und 2014 auf dem Wacken Open Air, Chiemsee Summer und der Annakirmes zeigen neue Möglichkeiten auf, wie die integrierte Sicherheitskommunikation auf Großveranstaltungen durch soziale Medien unterstützt werden kann.[1]

Sicherheitskommunikation auf Großveranstaltungen 2.0

Die Sicherheitskommunikation auf Großveranstaltungen gewinnt spätestens seit der Loveparade-Katastrophe 2010 enorm an Bedeutung. Innovative Kommunikationslösungen sind gefragt damit alle Veranstaltungsbesucher in Zukunft weiter sicher und ausgelassen feiern können. Neben der internen Kommunikation zwischen den Behörden, Organisationen und Veranstaltern gilt es neue Möglichkeiten zu nutzen, die Veranstaltungsbesucher zu erreichen und einzubinden.

Mit Blick auf die Kommunikation mit den Veranstaltungsbesuchern ist hier eine grundlegende Veränderung der Kommunikation zu beobachten. Mit rasender Geschwindigkeit schreitet die digitale Vernetzung voran: Dreiviertel der deutschen Internutzer sind mindestens in einem sozialen Netzwerk, davon greifen 69 Prozent mindestens einmal täglich auf ihr Netzwerk zu (Bitkom, 2013). Im Social Media Prisma 2014 werden 261 relevante deutschsprachige Social Media Plattformen und Tools gelistet, Tendenz steigend. Dominierend sind auch in Deutschland weiterhin die großen Netzwerke wie Facebook, Twitter, Google+, Tumblr, Instagram mit mehreren Millionen von Nutzern (Social Media Prisma, 2014). Schon auf dem zweiten Platz der beliebtesten Funktionen in sozialen Medien - nach dem versenden von Nachrichten – stehen nach einer Bitkom-Umfrage (2013) die Informationen zu Veranstaltungen.

Soziale Medien sind längst ein wichtiger Bestandteil der Veranstaltungskommunikation und die digitale Vernetzung von Events schreitet weiter voran. Je nach Grad der Social Media Integration nehmen auch reale Events eine zunehmend hybride Form an.[2] Mit der Ära der mobilen Smartphones und Tablets können wir uns zu jeden Zeitpunkt und nahezu an jedem Ort vernetzen. [3] Mit der technologischen Weiterentwicklung von Social Media wie z.B. dem Ausbau der Kommunikationsinfrastruktur, Ladestationen für Smartphones auf Festival und Live-Twitter-Walls auf den Bühnenmonitoren steigt auch der digitale Austausch während der Veranstaltung.

Die virtuellen Gemeinschaften [4] und Eventgemeinschaften [5]beeinflussen sich wechselseitig und erweitern die kommunikativen Möglichkeiten. Veranstaltungsbesucher tauschen sich schon vor dem Besuch in sozialen Netzwerken aus, bilden Interessensgruppen zum Event, vereinbaren Treffpunkte vor Ort, organisieren ihre gemeinsame Anreise und teilen ihre Erlebnisse, Bilder und Eindrücke während und nach dem Event (öffentlich) mit Gleichgesinnten.

Der soziale Austausch zum Event wird in sozialen Netzen sichtbar und für viele Interessenten verfügbar. Soziale Medien prägen heutzutage den gesamten Veranstaltungsverlauf und ermöglichen eine neuartige und aktive Partizipation der Besucher an der Eventkommunikation. Die Informationshoheit liegt nicht mehr alleine bei den Veranstaltern und Organisationen, sondern wird von den Stimmungsbildern, Kommentaren und Live-Aufzeichnungen der Besucher mitgestaltetet. Dies fließt nicht nur PR- und Marketingkommunikation der Veranstalter ein, sondern ebenso in die Sicherheitskommunikation. Besucher sind hier nicht nur am Ende Kommunikationskette anzutreffen, sondern können in allen Veranstaltungsphasen einen aktiven Beitrag und Austausch zur Sicherheitskommunikation leisten. Die Integration der Veranstaltungsbesucher und ihre Beiträge in sozialen Netzwerken bieten damit ein bislang oft noch ungenutztes Potenzial zur Krisenprävention und –Bewältigung. Für die Zukunft der Veranstaltungssicherheit können soziale Medien einen innovativen Beitrag zur Sicherheitskommunikation ermöglichen: Denn wer „am Dialog teilnimmt, überlebt Krisen besser“ (Bernet, 2010, S. 169).

Grundsätzliches zum Einsatz sozialer Medien auf Großveranstaltungen

Der Austausch über Veranstaltungen in soziale Medien ist unumgänglich. Er findet mit und ohne Mitwirken der Veranstalter oder Sicherheitsbehörden statt. Wenn auch die Informationshoheit der Verantwortlichen in sozialen Medien nicht mehr gewährleistet ist, sind sie dennoch wichtiges und komplementär begleitendes Kommunikationsinstrument von Veranstaltungen geworden (Zanger, 2014, S. 16). Besonders für die Sicherheitskommunikation ist es von enormer Bedeutung die Veranstaltungsbesucher zu involvieren und über alle Kommunikationsinstrumente hinweg ein übereinstimmendes Informationsangebot zu gestalten. Dies gilt ebenfalls für die Kommunikation über soziale Medien. Nur so können widersprüchliche Inhalte und Fehlinformationen vermieden werden und ein optimales Zusammenspiel aller Medienkanäle im Sinne der Sicherheit von Events gewährleistet werden.

Wenn Social Media einen gezielten Beitrag im Kommunikationsmix der integrierten Sicherheitskommunikation auf Großveranstaltungen leisten soll, ist es empfehlenswert, die medienspezifischen Voraussetzungen für einen Einsatz zu schaffen. Dies betrifft sowohl die technische Infrastruktur, die zeitlichen Ressourcen als auch einen kompetenten medien- und zielgruppengerechten Umgang wie z.B.:

  • Betreiben die Veranstalter und Sicherheitsorganisationen selbst Seiten zu den bevorstehenden Events?
  • Wer ist für die Beobachtung und Kommunikation in den sozialen Medien verantwortlich?
  • Verfüge ich über fachkompetentes Personal oder Dienstleister, die sich in Sicherheitskommunikation und im Umgang mit Social Media auskennen?
  • Verfüge ich über eine stabile Kommunikationsinfrastruktur vor Ort während der Veranstaltung?
  • Gibt es bei Ausfall entsprechende kommunikative Rückfallebenen um die Besucher über alternative Medien zu erreichen?
  • Verfügen die Sicherheitsverantwortlichen über einheitliche Kommunikationssysteme und gemeinsame Lagepläne, in die eine Social Media Beobachtung integriert werden kann?
  • Sind ausreichend zeitliche Ressourcen vorhanden die Inhalte jederzeit aktuell zu prüfen und zu pflegen?
  • Ist bereits eine Sicherheitskultur bei den Veranstaltern und Organisationen etabliert?

Um eine wertschätzende und sicherheitsrelevante Kommunikation in sozialen Medien zu gewährleisten, bedarf es zunächst des richtigen Zuhörens. Dies schafft ein grundsätzliches Verständnis gegenüber den differenzierten Zielgruppen, ihren Bedürfnissen und Interessen hinsichtlich der Veranstaltung und kann durch ein zielgerichtete Beobachtung sowie Analyse der sozialen Medien sowohl manuell als auch automatisiert durchgeführt werden. In Anbetracht der unüberschaubaren Datenflut in einer Vielzahl von Netzwerken ist für die Sicherheitskommunikation vor allem die Aktualität und die Echtheit der Information von enormer Bedeutung. Hier bietet sich ein gezieltes Echtzeit-Monitoring zum Filtern und Kategorisieren der vorherrschenden Gesprächsthemen im Vergleich mit dem aktuellen Lagebild vor Ort an.

Um in der Event- und Sicherheitskommunikation in einen Dialog auf Augenhöhe zu treten gilt es, (sicherheits-)relevante Themen je nach Interessensgruppe zu identifizieren, Ziele des Social-Media-Einsatzes festzulegen und die Monitoring-Ergebnisse in die Sicherheitsmaßnahmen einzubetten bzw. diese entsprechend zu optimieren. Hier spielt die Integration von virtuellen Informationen und realen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Veranstaltungssicherheit eine tragende Rolle. Die sicherheitsrelevanten Gesprächsthemen können nützliche und aktuelle Zusatzinformationen zum Lagebild der Besucher liefern. Hieraus ergeben sich diverse Handlungsempfehlungen wie z.B. für das Crowd Management, Verkehrsmanagement, Mood Management vor, während oder nach der Veranstaltung. So können schon kleinste Informationen der Besucher (wie z.B. zu Versorgungmissständen, Gedränge, Missachtung von Verboten, Stimmungsumschwung, Gewaltvorgänge etc.) einen Aufschluss über eine mögliche Gefahrenquelle geben, die frühzeitig überprüft und behoben werden kann.

Neben den Maßnahmen vor Ort und dem Einsatz klassischer Eventkommunikation ist eine aktive Beteiligung am Austausch in den jeweiligen Netzwerken wichtig für das gelingen einer integrierten Sicherheitskommunikation. Für die strategische Einbettung der Besucher in die Sicherheitskommunikation auf Großveranstaltungen gilt es, sich auf die interaktions- und dialogbasierte Kommunikation in sozialen Medien einzustellen. Aus den vorherigen Schritten resultiert daher das sogenannte „Engagement“ in den sozialen Medien. Damit die sicherheitsrelevanten Themen hier validiert von einer vertrauenswürdigen Informationsquelle gestreut werden können sollten die Veranstalter und Organisationen eigene Seiten, Communities und Gruppen in den genutzten sozialen Medien aktiv betreiben und mit entsprechenden Fremdanbietern kooperieren.

Für die Sicherheitskommunikation in sozialen Medien gelten zunächst die gleichen Regeln wie in der restlichen Social-Media-Kommunikation: Unter anderem stellt Kreutzer (2014: 11) [6] allgemein gültige Grundprinzipien der Kommunikation in den sozialen Medien heraus:

  • Ehrlichkeit/Authentizität,
  • Offenheit/Transparenz,
  • Kommunikation auf Augenhöhe,
  • Relevanz und
  • Kontinuität/Nachhaltigkeit
  • sowie Geschwindigkeit.

Die Einhaltung dieser Grundprinzipien soll Fehlverhalten in sozialen Medien wie z.B. die Manipulation von Beiträgen, irrelevante und irreführende Informationen, falsche oder verspätete Reaktion sowie fehlende Wertschätzung der Nutzer vermeiden (vgl. ebd, S. 27). Des Weiteren sollten die Inhalte:

  • regelmäßig gepflegt und geprüft werden
  • auf Fragen und Kritik eingehen,
  • medien- und situationsgerecht,
  • für die entsprechende Besucherzielgruppe nützlich und verfügbar,
  • sowie involvierend sein, zum Mitmachen und Teilen anregen (wie z.B. durch Gewinnspiele oder Gamificationansätze[7]).

Diese Grundprinzipien lassen sich u.a. durch die besonderen Anforderungen der Sicherheitskommunikation ergänzen:

  • zielgruppen- und situationsgerechte Informationsvermittlung (je nach Veranstaltungsphase und Betriebsart)
  • kongruente Kommunikation über alle Medien
  • wiederholenden Inhalte
  • validierte Information und vertrauenswürdige Quelle
  • Deeskalierende und taktische Kommunikationsmaßnahmen
  • eingängig, klar und prägnante Formulierungen
  • Orientierung geben, Selbstkompetenz und Erfahrungsaustausch der Besucher fördern.
Gute Medienarbeit nach Bernet[8] (eigene Darstellung)

Die Funktion der Sicherheitskommunikation variiert dabei je nach Phase und Betriebsart der Veranstaltung. Entlang der ersten Veranstaltungsphasen ergeben sich zunächst präventive und organisationale Kommunikationsaufgaben. Hier kommen vor allem vorbereitende Maßnahmen für Schutz und Vorsorge, präventive Informationen und Vermittlung von Selbstkompetenz zum Tragen. Beispiele hierfür können das frühzeitige Involvieren der Besucher sein, wie wetterfeste Kleidung, Sicherheitstipps, Anreiseinformationen und der Erfahrungsaustausch zwischen Wiederholungs- und Erstbesuchern sein. Während der Durchführung des Events - von der Anreise, der eigentlichen Veranstaltung bis hin zur Abreise - gilt es die präventiven und organisationalen Kommunikationsmaßnahmen weiter zu stützen und in die Besucherkommunikation vor Ort zu überführen. In der Nachbereitung liegen die kommunikativen Schwerpunkte auf einem nachgelagerten Austausch über die gemeinsamen Eventerlebnisse sowie das zusätzliche Einholen und Evaluieren der Besucherfeedbacks.

Eine weitere Besonderheit der Sicherheitskommunikation ist die differenzierte Kommunikation in den jeweiligen Betriebslagen der Veranstaltung. Die spezifische Kommunikationsausrichtung je nach Betriebslage sollte daher auch beim Einsatz von Social-Media-Aktivitäten berücksichtigt werden. Im Normalbetrieb (wie zuvor beschrieben) wohnt ihr vor allem eine Orientierungs- und Präventionsfunktion inne. Sie vermittelt präventive Informationen und Instruktionen zum Veranstaltungsbesuch. Dies reicht von Empfehlungen zur empfohlenen Verpflegung über An- und Abreise-Tipps bis hin zu Geboten und Verboten zum Veranstaltungsbesuch. In Krisensituationen sollen die Veranstaltungsbesucher hinsichtlich der Gefahrenlage gewarnt werden und Ihnen entsprechende situationsgerechte Handlungsempfehlungen zur Verfügung gestellt werden. Zur Bewältigung einer vorangegangen Krise rücken psychosoziale Interventionen, die Beruhigung der Besucher und anschließende Verarbeitung der Gefahrensituation in den Vordergrund.[9]

Chancen und Herausforderungen des Social Media Einsatzes

Die virtuellen Netzwerke mit ihrer hohen Geschwindigkeit und Reichweite und der besondere Live-Charakter von Events, das Erleben vor Ort mit allen Sinnen zeichnen sich durch komplementäre Kommunikationsbedingungen aus. Hieraus ergeben sich u.a. folgende Synergiepotentiale:

  • Förderung von einem kooperativen Handeln aller Veranstaltungsakteure: Egal ob Besucher, Sicherheitsdienstleister oder Veranstalter
  • erhöhter Interaktionsgrad: Förderung der Partizipation der Besucher und des Zusammengehörigkeitsgefühl
  • virale Kommunikation und Vernetzung mit hoher Reichweite: z.B. können auch Besucher außerhalb des Bühnenbereichs- und Veranstaltungsgeländes erreicht werden
  • Kritik als Chance: Weiterentwicklung und Etablierung einer Sicherheitskultur
  • zeitliche Ausdehnung der Dialogkommunikation über alle Eventphasen hinweg
  • Früherkennung von potenziell kritischen Faktoren im Abgleich mit der Situation vor Ort: wie z.B. Themen, Ressourcendefizite, Personen
  • aktuelle (Echzeit-)Information zum Stimmungs- und Lagebild bei Krisensituationen
  • nachträglicher Datenzugriff für die Nachbereitung aller Veranstaltungs- und Krisenphasen
  • gezielte Ansprache von Zielgruppen und Informationsaustausch mit Meinungsführern
  • Erreichen neuer Zielgruppen, wie z.B. zukünftige Veranstaltungsbesucher
  • Verbesserung der Kundenbeziehungen über alle Veranstaltungsphasen hinweg

(vgl. Zanger, 2014, S. 8f.; Kirchner, 2011 und Zanger, 2012, S. 140f.[10]

Die Social-Media-Kommunikation auf Events birgt aber ebenso neue Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt:

  • zusätzliche zeitliche Ressourcen für die Social-Media-Beobachtung und die Aktualisierung der Beiträge müssen geschaffen werden
  • Dauerhafter digitaler Fußabdruck erfordert einen nachhaltigen Informationsaustausch
  • Kampf um Aufmerksamkeit bei einer Vielzahl von Medienangeboten: Welche Angebote werden wann, wo und wie von wem verwendet?
  • eingeschränkte Kontrolle über Medienäußerungen und oft fehlende Gatekeeper-Rolle
  • Validierung der digitalen Informationen und die Glaubwürdigkeit von anonymen Beiträgen
  • Fachkompetenter Umgang im Monitoring und Engagement muss erworben werden
  • Filterung und Analyse der Datenflut vor allem bei bekannten Events
  • Datenschutz der verbreiteten Inhalte und Daten muss berücksichtigt werden
  • Erreichbarkeit z.B. eine stabile Infrastruktur muss gestellt werden.

(vgl. Zanger, 2014, S. 15f.)

Praxisbeispiele der Social Media Beobachtung auf Großveranstaltungen

Im BMBF-Projekt BaSiGo - Bausteine für die Sicherheit von Großveranstaltungen (2012-2015) - wurde innerhalb der integrierten Kommunikationsanalyse 2013 und 2014 ein Social Media Monitoring zu verschiedenen Formen von Großveranstaltungen (Sportveranstaltungen, Musik- und Volksfeste) durchgeführt. Die internationalen Praxisbeispiele im Einsatz von sozialen Medien sowie die Monitoringergebnisse sollen einen Eindruck geben, wie Social Media Beobachtungen aktuell und in Zukunft für Präventions-, Krisen-, und Evaluationszwecke bei der Sicherheitskommunikation von Großveranstaltungen genutzt werden können.

Internationale Anwendungsbeispiele

Soziale Netzwerke wie Twitter, YouTube, Facebook oder eigens eingerichtete Plattformen und Netzwerke ergänzen weltweit immer mehr die traditionellen Medien in der Informations-Übermittlung bei der Sicherheitskommunikation. Von der Bevölkerung werden sie vermehrt für Echtzeit- und Lokal-Informationen herangezogen. Dieser Trend verstärkt sich (Social Media Consulting, 2013).

Vorreiter in diesem Zusammenhang ist vor allem Google, das mit Crisismaps international und national (z.B. mit dem Deichgrafen beim Jahrhunderthochwasser[11] einen wichtigen Beitrag zum Krisenmanagement geleistet hat.

Twitter ist dafür bekannt, wichtige Informationen schnell und öffentlich zugänglich weiterzuleiten. Dieser hohe Nutzwert konnte auch bei Katastrophen in Haiti, USA und Japan genutzt werden. Mit diesen Erfahrungen und neuen Funktionen wie Alert und Twitcident (twitcident.com) kündigte Twitter 2013 an, zukünftig im Katastrophenschutz aktiv zu helfen (Süddeutsche, 2013).

Ein Beispiel für einen Katastrophenfall im Rahmen einer Veranstaltung ist der Bombenanschlag während des Marathons in Boston im 15. April 2013. Das Massachusetts General Hospital in Boston nutzte die sozialen Plattformen Twitter und Facebook vor Beginn des Marathons als alltägliche Informationsplattform, indem zum einen für den Marathon selbst geworben und zum anderen während des Laufes die Läufer angespornt wurden. Nach den Bombenexplosionen nutze das Krankenhaus die sozialen Medien, um über die Zahlen und den Zustand der eingelieferten Patienten zu informieren. Weiterhin wurden Ratschläge für den richtigen Umgang mit traumatisierten Kindern gegeben. Google+ richtete eigens zur Boston-Marathon-Katastrophe ein Tool zur Personensuche ein. Auch die Bostoner Polizei informierte insbesondere über die sozialen Plattformen Twitter und Facebook über den jeweiligen aktuellen Ermittlungsstand. Als Kommunikationsplattform für die und mit den Bürgern setzte das Boston Police Departement die Portale für die Suche nach Hinweisen über Bilder oder Videos ein, die Zuschauer gegebenenfalls während des Marathons gemacht haben.

Anwendung und Defizite in Deutschland

Im Vergleich lässt sich bei den Behörden und Veranstaltern in Deutschland noch kein so ausgeprägtes Krisen- und Informationsmanagement, welches soziale Medien nutzt, erkennen. Das Thema Social Media im Katastrophenschutz und in der Veranstaltungssicherheit wird in Forschungsprojekten (wie z.B. Sikomm , BaSiGo) und auf verschiedenen Kongressen eingebunden. Als ein Beispiel hierfür ließe sich der 8. Europäische Bevölkerungsschutzkongress – Fachkongress für Katastrophen - und Zivilschutz sowie zivilmilitärische Zusammenarbeit aus dem Jahre 2012 in Bonn aufführen. Unter der Frage, wie Social Media in Notfällen genutzt werden kann, entstand 2012 in Kassel das 1. Crisis Prevention-Symposium. Es wurden Vorträge zum Thema gehalten und diverse Gründe aufgezeigt, warum die Organisationen der Gefahrenabwehr zukünftig Social Media nutzen sollten. Die Feuerwehr München berichtete von ihren mehrjährigen Erfahrungen hinsichtlich der Nutzung von Twitter und Facebook zur Ergänzung der Öffentlichkeitsarbeit. Neue Entwicklungen bestätigen diesen Trend, beispielsweise führt Twitter in Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz und FEMA ein neues Warnmeldesystem für Katastrophenfälle ein (cf. Social Media Consulting, 2013). Im Rahmen n BaSiGo wurden explorativ erste Veranstaltungen auf sicherheitsrelevante Thematiken in den sozialen Medien untersucht. Die Daten wurden sowohl manuell als auch automatisiert 2013 in Kooperation mit BC.Lab und 2014 mit Radiosphere und der Deutschen Telekom erfasst.

Social Media Veranstaltungsbeobachtung, IfM und bc.lab 2013

Die Social-Media-Beobachtung und -Analyse des IfM soll einen Eindruck davon geben, wie Social Media aktuell und in Zukunft für Präventions-, Krisen-, und Evaluationszwecke bei der Sicherheitskommunikation von Großveranstaltungen genutzt werden kann. Zunächst galt es ein Tools zu finden, dass die bedeutsamsten Social Media Vertreter beobachtet (Monitoring) und analysiert. Nach einer Einarbeitung in die diversen Social Media Monitoring Möglichkeiten und Softwareanbieter wurden Kriterien für eine Beobachtung und explorative Analyse der Veranstaltungen des Wacken Open Air, der Annakirmes in Düren, des Chiemsee Reggae Summers und des Berlin Marathons festgelegt:

  • Abdeckung von mindestens Facebook, Twitter und relevanter Blogs/Foren
  • Zeitlich rückwirkendes sowie Realtime Monitoring
  • Identifikation von Buzzwords
  • Alert-Funktion
  • Identifikation und Aktivitätsgrad von Meinungsführern und
  • Nationaler Fokus bzw. deutsche Sprache
  • Tonalitäts-/Stimmungsanalyse

Bc.lab und Radiosphere konnten diese Kriterien erfüllen und stellten sich für eine Kooperation im Projekt BaSiGo zur Verfügung. Interessant erschien uns hier vor allem auch das Krisenfrühwarnsystem „Krisen.Radar“ von bc.lab, ein selbstlernendes System zum Monitoring bestehender und zukünftiger Themen. Die jeweiligen Veranstaltungen wurden phasenübergreifend in Echtzeit beobachtet. Es sollten sicherheitsrelevante Themen und Situationen in Zusammenhang mit den Veranstaltungen identifiziert und in ihrer Tonalität bewertet werden.

Chiemsee Reggae Summer Festival 2013

Bislang wurde eher wenig via Social Media kommuniziert, auch während des Unwetters gab es keine Sicherheitshinweise oder Aufforderungen zur Evakuation über die sozialen Medien. Lediglich bei Google+ wurde über einen lokalen Nachrichtendienst (Chiemgau 24) mitgeteilt, dass das Programm unterbrochen werden musste, die Bands aber im Verlauf des Abends weiter spielen. Sicherheitsrelevante Themen lassen sich am ehesten in der Präphase und der Anstromphase finden. Vorab kommunizierte Gebote und Verbote auf dem diesjährigen Chiemsee Reggea Summer wie z.B. das Mitbringen von Gaskartuschen oder der Konsum von Drogen erfahren zwar eine hohe Relevanz bei den Besuchern und vor allem ein Dialog über Tipps und Tricks diese zu umgehen jedoch ohne weiteres Feedback der Akteure oder Maßnahmen vor Ort. Während des Events wurde die Kommunikation über die sozialen Portale stark reduziert bis nahezu gänzlich eingestellt - außer über Twitter, über das noch eine geringe Informationsverbreitung stattfand. Im Nachklang der Veranstaltung wurde anhand einer Online-Besucherumfrage aktiv nach Kritik und Anregungen zur Veranstaltung gefragt.

Wacken Open Air 2013

Der Social Media-Bereich ist nach wie vor eine gute Möglichkeit, sich nahezu über jede Gegebenheit für das Wacken Open Air zu informieren. Es fällt auf, dass neben den Informationsseiten der Anbieter, Foren die beste Möglichkeit sind, speziellere Angelegenheiten zu klären. Hier finden sich Experten, teils sogar auch der Veranstalter selbst. Jede gestellte Frage wurde meist zufriedenstellend beantwortet, wenn nicht, wurde meist direkt an den Veranstalter bzw. die zuständige Stelle verwiesen.

Facebook und Twitter sind in ihrer Funktion kaum relevant im Bereich der Informationsbeschaffung, Sicherheitsbelange werden jedoch teils aus bestehenden Blogs „retweetet“ bzw. geposted. Social Media wird hier zunächst zur breiten Streuung der Berichterstattung verwendet und bietet teilweise den Teilnehmern die Möglichkeit dies zu kommentieren. Die Nutzung der Kommentierungsfunktion scheint jedoch äußerst gering auszufallen, da der Veranstalter meist nicht auf Kommentare eingeht. Die Phasen unterscheiden sich kaum, es gibt höchstens während der Eventphasen mehr Beiträge im Netz, welche sich jedoch nicht qualitativ von denen der passiven Phasen unterscheiden. Auch hier wurde die Postphase für Evaluationsumfragen in Social Media genutzt.

Annakirmes Düren 2013

Social Media wurde in Hinblick auf Sicherheitskommunikation kaum genutzt. Es wurde vor allem auf lokale Medien zurückgegriffen, um die Besucher über den Ablauf und die Besonderheiten der Veranstaltung zu informieren. Ein öffentliches WLAN-Netz oder Apps für die Veranstaltung gab es nicht. Besondere Hinweise und Aufforderungen wurden durch die Polizei über die lokalen Medien kommuniziert, allerdings nicht in Echtzeit. Vor und während des Events fand der größte Teil sicherheitsrelevanter Kommunikation statt. Allerdings auch hier in sehr beschränktem Ausmaße.

Zusammenfassende Analyseergebnisse aus 2013

Derzeit finden digitale Kanäle und ihre dialogischen, interaktiven und lokalisierbaren Mehrwerte noch eine geringe Verwendung. Fast ausschließlich ist der Veranstalter Inhaltsgeber und Aggregator. Digitale Kanäle dienen mehr einer breiten medialen Streuung von Inhalten und werden weniger mediengerecht, phasenabhängig und zielgruppenrelevant eingesetzt. Inhaltlich werden überwiegend Themen zum Programm der Veranstaltung sowie allgemeine organisatorische Informationen kommuniziert. Maßgeblich sicherheitsrelevante Inhalte nehmen nur einen geringen Stellenwert ein und werden von den verantwortlichen Akteuren nicht interaktiv oder reaktiv genutzt. Informationen zu aktuellen Sicherheitsthemen vor Ort wurden nicht gleichzeitig in die digitalen Kanäle weitergetragen. Tendenziell werden über alle Phasen hinweg zunächst positive Inhalte kommuniziert, negative Beiträge und Sicherheitsthemen überwiegend gemieden und selten beantwortet. Durch spezielle WLAN-Zugänge und Twitteraufrufe soll zwar auch die Social Media-Interaktion mit den Besuchern vor Ort verstärkt werden, allerdings ist der Netz- und Wlan-Zugang vor Ort kaum verfügbar und ein Dialog während der Veranstaltung kaum zu beobachten.

Die Verwendung einer speziellen Monitoring Software zur Social Media Beobachtung stellt nur einen kleinen Teil des gesamten digitalen Kommunikationsflusses dar. Eine ausschließlich automatisierte Lösung zur Beobachtung und Analyse sicherheitsrelevanter Inhalte in sozialen Medien ist derzeit nicht vorhanden und die Grenzen liegen hier neben der Quellenabdeckung und Trefferrelevanz vor allem in einer lokalisierbaren, semantischen Analyse.

Social Media Monitoring 2014 in Zusammenarbeit mit der Telekom und Radiosphere

Nach einer ersten explorativen Beobachtung im Jahr 2013 konnten für das Jahr 2014 Radiosphere und die Deutsche Telekom für eine erneute Social Media Veranstaltungsbeobachtung gewonnen werden. Ziel war es, praktikable und zukunftsfähige Lösungsansätze für die Veranstalter und Behörden aufzuzeigen, die vor allem während der Veranstaltung das steigende Datenrauschen im Web 2.0 auf relevante Sicherheitsinformationen eingrenzen zu können.

Im Veranstaltungsjahr 2014 kommen sowohl vermehrt die Filterung durch Hashtags, die Technologien der Telekom „Cyber Threat Detector“ sowie das Geo-Location „Fencing“[12] von Radiosphere/Geofeedia für die Veranstaltungen Annakirmes, Wacken Open Air und Chiemsee Summer zum Einsatz. Diese automatisierten Filter sollen helfen, aus der erhebliche Social-Media-Datenflut zu den Veranstaltungen die wesentlichen Beiträge zu selektieren und vor allem durch Geolokation auf relevante Inhalte vor Ort zurückgreifen zu können.

Erhebungsarten des Social Media Monitoring 2014. Abbildung aus: Schultz, H., Schwerdtner, R. 2014, Abschlusspräsentation Social Media Beobachtung.[13]

(*) Suche ohne Hashtags oder Suchbegriff. Konzentration auf die Geo-Lokation

Social Media Monitoring mit der Quellenabdeckung wurde dieses Jahr vor allem mit der Quellenabdeckung von News, Blogs, Foren, Facebook, Twitter, LinkedIn, Instagram, Flickr, Foursquare, Tumblr, Slideshare, Youtube, Vimeo, Dailymotion durchgeführt. Pressemeldungen, Magazine und Nachrichtenkanäle wurden dieses Jahr nicht berücksichtigt.

Wacken Open Air 2014

Auf dem Wacken Open Air (WOA) vom 30.07. bis 01.08.2014 wurden die veranstaltungsspezifischen Hashtags #wacken, #wackenopenair, #woa, #wacken2014, #wacken14, #wackenopenair2014, #woa2014, #woa14 als Filter eingesetzt. Im Allgemeinen verlief das WOA 2014 aus Sicht der Sicherheitskommunikation ruhiger. Insgesamt wurden 273 Straftaten, 208 Eigentumsdelikte (davon 173 Zeltdiebstähle), 13 Körperverletzungen, 129 Verkehrsdelikte, 208 Rettungseinsätze und 3.400 versorgte Menschen durch das DRK verzeichnet. Vor allem herrschten auf dem Wacken Open Air im Sommer 2014 keine extreme wetterbedingte Ereignisse vor wie sie im Jahr 2013 verzeichnet wurden.

Anhand der diesjährig eingesetzten Filtermethoden konnten die über 25.000 Netzgespräche über das WOA während der Veranstaltung auf 3009 sicherheitsrelevante Beiträge, 283 Hashtag-Beiträge und 809 Beiträge vor Ort (Geolocation-Hits) eingegrenzt werden. Eine eindeutige Zuordnung von Netzbeiträgen, die vor Ort während der Veranstaltung getätigt wurden, machen so nur noch ca. drei Prozent des Gesamtgrundrauschens aus.

Auf dem WOA 2014 wurden insgesamt 3009 sicherheitsrelevante Beiträge identifiziert. Abbildung aus: Schultz, H., Schwerdtner, R. 2014, Abschlusspräsentation Social Media Beobachtung.
Von allen erfassten Beiträgen konnten 809 per Geolokalisation auf dem Veranstaltungsgelände des WOA 2014 verortet werden. Abbildung aus: Schultz, H., Schwerdtner, R. 2014, Abschlusspräsentation Social Media Beobachtung.

Für eine themenspezifische Zuordnung der sicherheitsrelevanten Beiträge und deren Integration in die Sicherheitskommunikation der BOS und Veranstalter ist zukünftig eine enge Verknüpfung zu dem Social Media Manager sowie den Sicherheitskräften vor Ort gefragt.

Chiemsee Summer 2014

Bei der Beobachtung des Chiemsee Summer Festivals vom 12.08. bis 16.08.2014 in Übersee wurden die veranstaltungsspezifischen Hashtags #chiemseesummerfestival, #chiemseesummer, #chiemseesummer14, #cs14, #chiemseesummerplus, #chiemseesummercruise, #cscruise, #summer2014, #sommerdeineslebens, #chiemsee als Filter eingesetzt. 2014 wurde das Chiemsee Summer Festival zwar nicht wie im Vorjahr von einem starken Unwetter überrascht, allerdings kam es durch den Dauerregen auch hier zu zahlreichen wetterbedingten Sicherheitsaufkommen. Dies spiegelt sich ebenfalls in den Netzbeiträgen wieder, die in den sicherheitsrelevanten Beiträgen überwiegend Wetterprobleme verzeichnen. Ansonsten verzeichnet das Festival mit 18 Diebstahlanzeigen, 1311 Behandlungen durch den Hilfsdienst, leichten Verkehrsproblemen durch PKW Anreise und Abreise im Vergleich zu ähnlichen Festivals nur wenige Ereignisse.

Das automatisierte Monitoring konnte auch hier durch sicherheitsrelevante Filter die 700 bis 1000 Netzgespräche auf 68 überschaubare Beiträge begrenzen. Für eine themenspezifische Zuordnung der sicherheitsrelevanten Beiträge und deren Integration in die Sicherheitskommunikation der BOS und Veranstalter ist auch hier zukünftig eine enge Verknüpfung zu dem Social Media Manager sowie den Sicherheitskräften vor Ort gefragt.

Annakirmes 2014

Auf der Annakirmes vom 25.07. bis 02.08.2014 wurden #annakirmes, #düren, #missdn, #annazelt, #missdueren als veranstaltungsspezifische Hashtags für das Socia Media Monitoring eingesetzt. Insgesamt gab es dieses Jahr auch wieder ein geringes sicherheitsrelevantes Aufkommen, wie z.B. 347 Verkehrsdelikte, 50 Polizeieinsätze, die im Vergleich zum Vorjahr leicht angestiegen sind.

Die 1375 Netzgespräche konnten mit Hilfe der automatisierten Geolokationsfilter auf 114 Beiträge eingegrenzt werden. Eine Großzahl (über 50 Prozent) der sicherheitsrelevanten Beiträge sind hier einem Unwetter und diversen Polizeieinsätzen zuzuordnen.

Auf der Annakirmes 2014 wurden insgesamt 87 sicherheitsrelevante Beiträge identifiziert. Abbildung aus: Schultz, H., Schwerdtner, R. 2014, Abschlusspräsentation Social Media Beobachtung.
Von allen erfassten Beiträgen konnten 114 per Geolokalisation auf dem Veranstaltungsgelände der Annakirmes 2014 verortet werden. Abbildung aus: Schultz, H., Schwerdtner, R. 2014, Abschlusspräsentation Social Media Beobachtung.

Zusammenfassende Analyseergebnisse aus 2014

Die steigenden Social-Media-Beiträge auch während der Veranstaltung vor allem durch den erhöhten Einsatz von Smartphones, den technischen Ausbau der Infrastruktur, Ladestationen und Live-Twitter-Walls verlangen zunehmend nach einer automatisierten Filterung von relevanten Sicherheitsthemen. Ein eigener Hashtag zu der Veranstaltung ist für das Monitoring vorteilhaft. Die klassische Suche mit Hashtags und Suchbegriffen beinhaltet jedoch immer noch ein großes Grundrauschen in den Netzgesprächen. Hier empfiehlt sich sowohl der Einsatz von sicherheitsspezifischen Hashtags wie z.B. #WOASEC als auch eine Lokalisierung der Beiträge vor Ort. Die Geolokation des Veranstaltungsgeländes beschränkt sich auf die tatsächlichen Beiträge der Event-Besucher vor Ort. Das Echtzeitmonitoring kann mit diesem Verfahren effektiv und schnell auch während der Veranstaltung verwendet werden und trägt maßgeblich zu einer Eingrenzung der sicherheitsrelevanten Social-Media-Beiträge bei.

Relevanz der durch die angewandten Erhebungsarten erfassten Beiträge für die Veranstaltung. Abbildung aus: Schultz, H., Schwerdtner, R. 2014, Abschlusspräsentation Social Media Beobachtung.

Zu berücksichtigen ist jedoch, dass es sich hier um eine stark begrenzte Filterung handelt, die nicht alle relevanten Beiträge abdeckt. Nicht alle Besucher schalten immer ihre Geodaten frei. Es ist sowohl ein Abgleich mit dem klassischen Monitoring zu empfehlen und als auch eine Integration in die Lagebild-Erfassung vor Ort. Das Social Media Monitoring mit der heutigen Technologie kann hier detaillierte und lokalisierbare Informationen liefern und leistet so einen zusätzlichen Mehrwert für die Sicherheit von Großveranstaltungen. Hierzu ist eine Integration in das Lagebild und eine enge Zusammenarbeit mit den Kommunikationsverantwortlichen und Sicherheitskräften der Veranstaltung notwendig.[14]

Ausblick

Das umfassende Monitoring der Veranstaltung führt zum ganzheitlichen Blick auf die Lage der Veranstaltung. Die Social Media Kanäle dienen hier in erster Linie als Katalysator und Frühindikator sowie als Spiegel des gesamten Stimmungsbildes der Besucher. Zurzeit ist das Beobachten der Veranstaltungen ausschließlich auf Geokoordinaten nicht ausreichend, um einen umfassenden Blick auf die Situation zu erhalten. Als Ergänzung zum Monitoring mit Schlagwörtern ist die Methoder der Geolokation jedoch enorm hilfreich. Sie dient zur Validierung der Informationen. Das Echtzeitmonitoring auf diesen Kanälen kann den entscheidenden Wissens-, Kommunikation- und Zeitvorsprung in Krisensituationen bringen. Das Agieren in den sozialen Medien aus Sicherheitsperspektive kann aber stets nur als ergänzende Maßnahme zum weiteren Einsatz von Sicherheitskommunikation gesehen werden. Die aus dem Monitoring entstehende zusätzliche Informationsbasis kann im Abgleich mit dem Lagebild vor Ort als eine wichtige Entscheidungsgrundlage für notwendige Sicherheitsmaßnahmen dienen.

Um das komplette Potential der interaktiven Kanäle nutzen zu können, sollten sich die Aktivitäten nicht auf das bloße Monitoring beschränken. Ein Social Media Lagezentrum oder den Bereich Social Media in ein bestehendes Lagezentrum zu integrieren, würde bedeuten, nicht nur zu beobachten sondern ebenfalls im Rahmen der integrierten Sicherheitskommunikation zu kommunizieren und interagieren.

Betrachtet man das Social Web, so geht es immer in erster Linie um die Interaktion. Das Teilen einer Nachricht an einen oder mehrere Empfänger ist der Grundpfeiler der Social-Media-Kommunikation. Sie entfaltet erst ihren vollen Nutzen, wenn sie entsprechend interaktiv und dialogisch verwendet wird. Eines der zukunftsweisenden Potenziale, das die sozialen Medien mit sich bringen, ist daher neben dem reinen Monitoring der aktive Austausch über Sicherheitsinformationen als integrierten Bestandteil des Sicherheits- und Kommunikationskonzepts.

Einzelnachweise

  1. Eine ergänzende Präsentation zum Social Media Monitoring auf Großveranstaltungen findet sich auf Slideshare (15.10.2014).
  2. Zanger, C. (2014). Ein Überblick zu Events im Zeitalter von Social Media. Wiesbaden: Springer Gabler, S. 10 f.
  3. Schmidt, J.-H. (2013). Social Media. Wiesbaden: Springer Fachmedien, S. 10.
  4. Rheingold, H. (1994). Virtuelle Gemeinschaft. Soziale Beziehungen im Zeitalter des Computers. Bonn: Addison Wesley.
  5. Kirchner, B. (2011). Eventgemeinschaften. Das Fusion Festival und seine Besucher. Wiesbaden: VS.
  6. Kreutzer, R. T. (2014). Corporate Reputation Management in den sozialen Medien. Wiesbaden: Springer Gabler.
  7. Gamification bezeichnet die Verwendung spieltypischer Komponenten in externen Kontexten. Vgl. Zichermann, G., Cunningham, C., 2011, Gamification by Design: Implementing Game Mechanics in Web and Mobile Apps. O'Reilly Media.
  8. Bernet, M. (2010). Social Media in der Medienarbeit. Wiesbaden: Springer.
  9. Rusch, G. et al. 2013, Sicherheitskommunikation: Strategien zur kommunikativen Unterstützung von Schutz- und Rettungsmaßnahmen, SiKomm-Abschlussbericht, Siegen, S. 32).
  10. Zanger C. (2012) Erfolg mit nachhaltigen Eventkonzepten. Wiesbaden: Gabler.
  11. Siehe hierzu Fluthilfe mit Google Maps (14.10.2014).
  12. Mit Geo-Location/Geo-Fencing lassen sich gezielt Social-Media-Beiträge erfassen, die innerhalb eines im Vorfeld definierten, räumlichen Bereiches (bspw. dem Gelände einer Großveranstaltung) abgesetzt wurden. Das "Grundrauschen" der Social-Media-Kommunikation, an der sich oft auch die "Daheimgebliebenen" beteiligen, lässt sich so stark reduzieren. Mehr dazu unter Eine Frage von Leben und Tod: Wie Social-Media-Monitoring und Geo-Location Events sicherer machen (15.10.2014)
  13. Schultz, H., Schwerdtner, R. 2014, Abschlusspräsentation Social Media Beobachtung.
  14. Ergänzende Schilderungen zur Social Media Beobachtung 2014 finden sich im Blog von Radiosphere (15.10.2014)




Autoren: Christiane Link (Universität Siegen) und Robert Schwerdtner (DTAG)