Bitte beachten Sie: Diese archivierte Version des BaSiGo-Wikis wird nicht mehr aktualisiert. Das BaSiGo-Wiki wurde im Rahmen des BMBF-Forschungsprojektes 'Bausteine für die Sicherheit von Großveranstaltungen' (BaSiGo) entwickelt und stellt den Stand zum Projektende im Juni 2015 dar.

Unterstützen: Unterschied zwischen den Versionen

Aus BaSiGo - Bausteine für die Sicherheit von Großveranstaltungen
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Markierung: visualeditor
 
(37 dazwischenliegende Versionen von 3 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
Die Eventphase bedeutet für die Unterstützungskräfte (Polizei, Feuerwehr, Sanitätsdienst und städtische Behörden bzw. Ämter) eine besondere kommunikative Herausforderung, weil sie sich nicht nur untereinander sondern ggf. auch mit Dienstleistern und Publikum austauschen. Im Fol-genden sollen entsprechend der Unterstützungskräfte exemplarisch zu berücksichtigende Kom-munikationsanforderungen und Handlungsempfehlungen gegeben werden.
{{DISPLAYTITLE:Unterstützen}}
[[Datei:Unterstützen.png|200px|thumb|right|Der Unterstützen-Prozess einer Großveranstaltung]]
Die Eventphase bedeutet für die Unterstützungskräfte (Polizei, Feuerwehr, Sanitätsdienst und städtische Behörden bzw. Ämter) eine besondere kommunikative Herausforderung, weil sie sich nicht nur untereinander sondern ggf. auch mit Dienstleistern und Publikum austauschen. M.a.W. sind hiermit Aspekte obligatorischer inter- und überorganisationaler sowie externer Kommunikation angesprochen, auf die darüber hinaus sowohl spatiale als auch temporale Faktoren Einfluss auf haben können. Weiterhin wirken die raum-zeitlichen Faktoren auch auf die verwendeten Kommunikationsformen und -inhalte und die damit verfolgten Ziele bzw. Effekte bei der Ansprache der entsprechenden Zielgruppen. Trotz dieser Einflussfaktoren sind standardisierte und routinisierte Kommunikations- und Informationsprozesse anzuwenden, die  die Verwendung redundanter Medientechniken<ref>siehe [[Sicherheitsbausteine/Kommunikationskonzept#Krisen-_.2F_Schadensbetrieb|''Krisenbetrieb in der internen Kommunikation'']] sowie [[Sicherheitsbausteine/Kommunikationskonzept#Krisen-_.2F_Schadensbetrieb_2|''Krisenbetrieb in der externen Kommunikation'']]</ref> einschließen müssen, damit eine rechtsfeste Dokumentation der Kommunikationsabläufe möglich wird. Im Folgenden sollen entsprechend der Unterstützungskräfte exemplarisch zu berücksichtigende Kommunikationsanforderungen und Handlungsempfehlungen gegeben werden.


=== Polizei/Bundespolizei ===
{| class="wikitable"
Als zentrale Aufgabe der Polizei bzw. Bundespolizei ist das Aufrechterhalten der öffentlichen Ordnung anzusehen. Die dafür notwendige Kommunikation unterteilt sich in interne und exter-ne Kommunikation. Als Adressaten bzw. Zielgruppen der externen Kommunikation sind je nach Polizeieinheit z.B. Kollegen der anderen Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) zu berücksichtigen aber auch der Veranstalter, die Veranstaltungsbesucher, Verkehrsteil-nehmer, Anwohner sowie ggf. Straftäter und Betroffene bzw. Opfer. Auch die Medien (Lokal-presse und überregionale Medien) sind in regelmäßigen Abständen von der Polizei mit Informa-tionen über die Lage zu informieren (z.B. zur Verkehrs- oder Anreisesituation rund um das Ver-anstaltungsgelände, über spezifische Maßnahmen oder Kontrollen, Zahl der Festnahmen etc.). Im einzelnen lassen sich die Aufgaben der Polizei in die folgenden wesentlichen Prozesse unter-scheiden:
|-
!Wer !!Mit Wem !!Was !!Wie !!Mit welchem Effekt
|-
|- style="vertical-align:top"
|| Mitglieder des Einsatzstäbe/-leitungen (Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst), operative Kräfte, Verbindungsbeamte, Veranstalter, Stage-Manager
|| Nachgeordnete Kräfte, Veranstalter (Sicherheits- & Ordnungsdienst), Besucher
|| Gemeinsame Lagebilderstellung, Verifizierung von Informationen, Beurteilung der Lage, Entschlussfassung, Maßnahmenumsetzung, Verhaltenshinweise,  Informationsweitergabe (z.B. Grund für eine Räumung)
|| <u>Szenarien/Maßnahmen</u><br>Umsetzung des Sicherheitskonzepts, Stage-Manager für Bühnen-Durchsagen, Kommunikationsbeamte


==== Präsenz zeigen ====
<u>Medien</u><br>BOS-Funk (analog/digital) Lautsprecher, Lautsprecherkraftwagen, Megafone,  Beschilderungen, Video-Walls,  Notfalltelefon, Web 2.0 (Facebook, Twitter, Veranstaltungs-App), Rundfunkdurchsagen,
Die Anwesenheit der Polizei vor bzw. um ein Veranstaltungsgelände dient der Vermittlung eines individuellen Sicherheitsgefühls für die Veranstaltungsbesucher. Präsenz ergibt sich sowohl durch einfache Anwesenheit uniformierter Polizisten als auch durch gezielte Regulie-rungs- und Überprüfungsmaßnahmen sowie mittels Streifengängen. Neben den Veranstaltungs-besuchern dient die Präsenz aber auch dem Sicherheitsgefühl der Anwohner bzw. Passanten in der Umgebung eines Veranstaltungsgeländes. Zugleich stehen die Beamten der Polizei den Besu-chern und Passanten für Fragen und Auskünfte zur Verfügung. Sollten Informationen nicht vor-liegen, könnten diese entweder per Funk eingeholt werden oder die Passanten auf entsprechende Auskunftsstellen hingewiesen werden. Für weiterführende Sicherheitsinformationen können auch in Kooperation mit dem Veranstalter die Videoleinwände oder vorhandenen Lautsprecheranla-gen genutzt werden (vgl. interorganisational kooperieren). Die für die Kommunikation verwende-te Tonalität sollte freundlich, einfach und leicht verständlich sein.
|| Sicherstellung eines sicheren Veranstaltungsablaufs, Informationen für Teilnehmer bereitstellen, Absprachen mit anderen Akteuren treffen
|}


==== Verkehr regulieren ====
Im Zuge der Verkehrsregulierung und -kontrollen sind spezifische Kommu-nikationsanforderungen an die Polizisten gestellt. Neben der Verkehrsregulation mittels Handzei-chen sind auch unterschiedliche Strategien der verbalen Kommunikation zu verfolgen. Im Fall der gezielten Ansprache von Einzelpersonen im Zuge einer (Routine-)Überprüfung kann die kommunikative Tonalität von sehr bestimmt bis freundlich hinweisend variieren. In Situationen der Vergabe von Verwarn- oder Bußgeldern oder der Verhängung von Verboten wird ggf. eine beruhigende bzw. deeskalierende Ansprache notwendig. In jedem Fall aber sollte die Kommuni-kation einfach, klar und verständlich gehalten sein. Weiterhin ist auch die kompetente Informati-onsleistung für Fragestellungen durch Veranstaltungsbesucher und Passanten beispielsweise zu temporären Straßensperrungen oder Einbahnstraßenregelungen rund um das Veranstaltungsge-lände zu gewährleisten.


==== Kontrollieren ====
Für ggf. durchgeführte Überprüfungen nach harten und weichen Drogen oder Waffen sowie in routinemäßigen Verkehrskontrollen sollte die Kommunikation jeweils deeskalie-rend und erklärend sein. Die Maßnahmen müssen für die Veranstaltungsbesucher nachvollzieh-bar und einleuchtend erklärt werden. Sollten Konfiszierungen oder andere Maßnahmen notwen-dig sein sowie weitere Konsequenzen daraus resultieren müssen diese klar und verständlich kommuniziert werden. Für Rückfragen sollten die Beamten immer zur Verfügung stehen und diese möglichst ruhig beantworten.


==== Taktisch kommunizieren ====
==Maßnahmen der Polizei/Bundespolizei==
Für Großveranstaltungen sind Fähigkeiten und Maßnahmen der Takti-schen Kommunikation z.T. unerlässlich. Eine Aufgabe der Taktischen Kommunikation liegt in der möglichst frühzeitigen Einbindung von eventuell bekannten Veranstaltungsbesuchern oder Besuchergruppen in die Maßnahmenplanung der Sicherheitsvorkehrungen. Hierzu gehört, dass z.B. Verhaltensweisen der Besucher verabredet werden und für den Fall von Zuwiderhandlungen Konsequenzen bzw. Sanktionsmaßnahmen bekannt sind. Für einen konkreten Einsatz der takti-schen Kommunikation sind aber auch die Kenntnis über die jeweilige Fanstruktur und typische bzw. einschlägige Terminologien notwendig, die beruhigend und Vertrauen erzeugend wirken können. Taktische Kommunikation muss darüber hinaus informierend, aufklärend und gezielt erfolgen. D.h. Aufforderungen müssen mit möglichen Konsequenzen verknüpft sein, die auch die Wirklichkeit umgesetzt werden können.
[[Datei:ANNA20130730 (7).JPG|200px|thumb|right|Polizeieinsatz auf der Annakirmes 2013]]
[[Datei:CRS2013 (38).JPG|200px|thumb|right|Straßensperrung der Polizei beim Chiemsee Reggae Summer 2013]]
Unter Berücksichtigung der Ziele und Zuständigkeiten der [[Grundlagen/polizeiliche_Gefahrenabwehr|Polizei]] im Kontext von Veranstaltungslagen spielt Kommunikation an verschiedenen Stellen des polizeilichen Einsatzes eine Rolle. Als Adressaten bzw. Zielgruppen sind die anderen Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) zu nennen aber auch der Veranstalter, die Veranstaltungsbesucher, Verkehrsteilnehmer, Anwohner sowie ggf. Straftäter und Betroffene bzw. Opfer. Auch die Medien (Lokalpresse und überregionale Medien) sind anlassbezogen und in interorganisationaler Abstimmung zu informieren (z.B. zur Verkehrs- oder Anreisesituation rund um das Veranstaltungsgelände, Kontrollen, Zahl der Festnahmen etc.). Im einzelnen lassen sich die Aufgaben der Polizei in die folgenden wesentlichen Prozesse unterscheiden:


==== Zugreifen ====
===Präsenz zeigen===
Optimaler Weise wären dem Täter die Konsequenzen seines Handelns vor dem Zu-griff zu verdeutlichen. Die Zugriffssituation ist mit Blick auf die Kommunikation eine Besondere, denn neben einer ggf. erfolgenden Kommunikation mit Befehlscharakter ist auch die Anforde-rung von Unterstützung (z.B. mittels Funk) durch weitere Polizeikräfte denkbar. Kommunikation in einer Zugriffssituation erfolgt also unter Stress in einem sehr engen Zeitfenster. Im Fall von Großveranstaltungen kann es auch möglich sein, dass minderjährige Personen in Gewahrsam genommen werden, wodurch sich eine Folgekommunikation mit erziehungsberechtigten Perso-nen an die Zugriffskommunikation anschließt.
Insbesondere durch Streifentätigkeiten oder die Einrichtung einer Mobilen Wache kann eine offene Präsenz und Ansprechbarkeit der Polizei für die Vermittlung eines individuellen Sicherheitsgefühls<ref name="Sicherheitsgefühl">vgl. z.B.: Reuband, K.-H.: Steigert Polizeipräsenz das Sicherheitsgefühl? Eine vergleichende Studie in west- und ostdeutschen Städten, in: H. Schöch und J.-M. Jehle, Hrsg., Angewandte Kriminologie zwischen Freiheit und Sicherheit. Mönchengladbach: Forum Verlag Godesberg 2004, S. 255-272.; Schewe, C. S.: Subjektives Sicherheitsgefühl, in: Lange, H.-J., Hrsg., Wörterbuch zur inneren Sicherheit. Wiesbaden: VS Verlag 2006, S. 322-325.</ref> auf dem und um das Veranstaltungsgelände sorgen. Den kommunikativen Aufgaben wird in dieser Hinsicht zumeist über direkte Face-2-Face-Kommunikation nachgekommen.<br>
* Polizei steht an neuralgischen Positionen, an denen kommunikativ-deeskalierende Maßnahmen notwendig sind oder werden könnten<br>
* Polizeibeamte sollten den Besuchern und Passanten für Fragen und Auskünfte zur Verfügung stehen oder lageabhängig auch proaktiv selbst Informationen an die Zielgruppen weitergeben<br>
* Liegen keine Informationen vor, sollten diese z.B. per Funk eingeholt werden oder die Fragenden an entsprechende Auskunftsstellen verwiesen werden<br>
* relevante Informationen über Ereignisse werden via Funk<ref name="Funk">Der Betrieb von Funk bringt verschiedene Herausforderungen mit sich. Dazu gehören z.B. die Verständlichkeit durch sprachliche, technische oder wetterbedingte Einflüsse, der technische Zustand (z.B. geladene Batterien), fehlende Kenntnis der Kanalzuordnung sowie die Nichteinhaltung der Funkdisziplin (Stichwort Kompetenz der Funkenden). Weitere Berücksichtigung muss auch die Situation finden, dass das Ziel der Funkkommunikation die Übermittlung der Nachrichten an alle Beteiligten im Funknetz sind. Gleichzeitig entsteht damit einerseits viel 'Informationsmüll' andererseits kann sich diese transparente Kommunikation auch nachteilig auswirken, wenn sicherheitsrelevante Informationen nur für einen bestimmten Personenkreis über Funk geteilt werden. Zugleich muss beim Funk auch die Kompentenz der Funkenden berücksichtigt werden - Wissen</ref> oder anderen Medien (z.B. Social Media oder auch Mobiltelefonie oder Messaging-Dienst) und Einsatzstichworten oder Codes an den Führungsstab gemeldet
* für weiterführende Sicherheitsinformationen können in Kooperation mit dem Veranstalter auch Videoleinwände oder Lautsprecheranlagen genutzt werden<br>
* Tonalität der Kommunikation sollte freundlich, einfach und leicht verständlich sein


==== Bereithalten ====
===Verkehr regulieren===
In den Rückzugsräumen gibt es einerseits Besprechungen über die aktuelle und noch zu erwartende Lage sowie intra- und interorganisationale Pausengespräche. Für die Lage-konstruktion (vgl. Lage konstruieren) können interorganisational verwendete Lagekarten z.B. auf Softwarebasis oder auf Tafeln etc. genutzt werden. Die Kommunikation in den Rückzugsräumen kann auch für vertiefende Abstimmungen gemeinsamer Handlungsweisen oder gezielt erfolgende Erfahrungs- oder Informationsaustausche genutzt werden.
* Neben der Verkehrsregulation mittels Handzeichen sind auch unterschiedliche verbalen Kommunikationsstrategien anzuwenden
* Die Ansprache von Einzelpersonen bei einer (Routine-)Überprüfung kann von sehr bestimmt bis freundlich hinweisend variieren<br>
* Bei der Vergabe von Verwarn- oder Bußgeldern oder der Verhängung von Verboten oder Strafen wird ggf. eine beruhigende bzw. deeskalierende Ansprache notwendig <br>
* Die Kommunikation sollte aber immer einfach, klar und verständlich sein<br>
* Zu gewährleisten sind kompetente Informationsleistung zu temporären Straßensperrungen oder Einbahnstraßenregelungen für Veranstaltungsbesucher und Passanten rund um das Veranstaltungsgelände


==== Lage konstruieren ====
===Kontrollieren===
Die Lagekonstruktion sollte idealer Weise interorganisational erfolgen. Eine überorganisationale Maßnahme sind z.B. gemeinsame Kontrollgänge über das Veranstaltungsge-lände, die in Rückkopplung mit der Leitstelle (z.B. via Funk) erfolgen sollten. Weiterhin können neben den bekannten analogen Werkzeugen softwaregestützte (Web-)Lösungen für die Lagekon-struktion genutzt werden, die es erlauben, dass z.B. die bestehenden materiellen oder personellen Ressourcen aller Akteure für jeden einsehbar sind. Diese Transparenz erlaubt in Krisensituatio-nen eine optimierte weil konzentriertere Übersicht z.B. über die Situation der beteiligten Akteure oder an unterschiedlichen Orten des Veranstaltungsgeländes, über Wetterverhältnisse, aktuelle Maßnahmen sowie über Besucheranzahl, -bewegungen und -stimmungen. In Datenbanken kön-nen Kontaktdaten zu Experten oder Informationen für die Akteure hinterlegt sein, die für die Bewältigung von Störungen notwendig sind. 
* Bei Kontrollmaßnahmen nach Drogen oder Waffen sowie bei Verkehrskontrollen sollte standardisierte Kommunikation eingesetzt werden, die deeskalierend und erklärend wirken kann und ggf. gerichtsfest sein muss <br>
* Maßnahmen müssen für Besucher nachvollziehbar und einleuchtend sein <br>
* Konfiszierungen oder andere Maßnahmen müssen klar und verständlich kommuniziert werden <br>
* Für Rückfragen sollten die Beamten immer zur Verfügung stehen und diese möglichst ruhig beantworten


==== Interorganisational kooperieren ====
===Taktisch kommunizieren===
Interorganisationale Kooperation erfolgt z.B. in Unterstützungsfäl-len durch oder für die Polizeikräfte sowie durch regelmäßig gemeinsam von Polizei, Feuerwehr, Sanitätern und Ämtern vollzogene Patrouillen über ein Veranstaltungsgelände. Für eine überor-ganisationale Abwicklung von Störungen ist darauf zu achten, dass die beteiligten Akteure ein gleiches Bild von der Lage besitzen und sich auf zuvor getroffene sprachliche bzw. terminologi-sche Verabredungen beziehen können. Darüber hinaus kooperiert die Polizei z.B. in regelmäßi-gen Lagebesprechungen mit den anderen relevanten Sicherheitsakteuren einer Großveranstal-tung, sowie in der kontinuierlich zu vollziehenden Lagekonstruktion. Diese dient beispielsweise dem Austausch und intersubjektiven Abgleich über aktuelle Entwicklungen. Aus den in den vo-rangegangenen Veranstaltungsphasen gewählten Quellen und vorherbestimmten Informations-wegen ist eine regelmäßig aktualisierte gemeinsame Lagekonstruktion und -bewertung z.B. zu den Themen Wetter, Besucheraufkommen, -stimmung und -bewegungsströme, über die eigenen per-sonellen und materiellen Ressourcen, besondere Vorkommnisse etc. vorzunehmen. Des Weiteren ist mit den anderen Akteuren das weitere Vorgehen und Handeln abzustimmen und wenn mög-lich weiter zu vertiefen und zu vernetzen.
Die taktische Kommunikation dient der gezielten Ansprache von Einzelpersonen oder Gruppen um präventiv und regulativ Einfluss auf ggf. situationsunangemessene Verhaltensweisen zu nehmen. Dabei ist es von Bedeutung, dass dem geeigneten und geschulten Sprecher die entsprechenden sprachlichen Umgangsformen der Zielgruppen bekannt sind und durch ihn verwendet werden. Die Kommunikation enthält eine Lagebeschreibung, eine Aufforderung und die Verdeutlichung der Konsequenzen bei einer Zuwiderhandlung.
* es empfiehlt sich die möglichst frühzeitigen Einbindung von eventuell problematischen Veranstaltungsbesuchern oder Besuchergruppen <br>
* Dabei können Verhaltens- und Sprachweisen verabredet werden und für den Fall von Zuwiderhandlungen Konsequenzen bzw. Sanktionsmaßnahmen verabredet werden<br>
* Es sind also Kenntnisse über die allgemeine Besucherstruktur und typische bzw. einschlägige Terminologien notwendig<br>
* Taktische Kommunikation muss informierend, aufklärend und gezielt erfolgen <br>
* Aufforderungen müssen mit realisierbaren Konsequenzen verknüpft sein <br>


=== Feuerwehr ===
===Zugreifen===
Die Hauptaufgaben der Feuerwehr liegen im Kontrollieren von Brandschutzauflagen und Hilfsbelangen sowie im Bergen, Retten und Schützen im Krisen- oder Katastrophenfall. Daher sind bei der Feuerwehr vergleichbar zur Polizei die Adressaten der Kommunikation die eigenen Kollegen (interne Kommunikation) sowie die Veranstaltungsbesucher, der Veranstalter, die ande-ren BOS sowie Dienstleister und ggf. Medien (externe Kommunikation). Im Zuge dieser Aufga-ben, die sich anhand von bestimmbaren Prozessen darstellen lassen, ergeben sich unterschiedli-che kommunikative Herausforderungen.
* Bestenfalls sollten Tätern Konsequenzen ihres Handelns vor dem Zugriff verdeutlicht werden <br>
* In der Zugriffssituation kann es zu Kommunikation mit Befehlscharakter kommen, ggf. ist auch die Anforderung von Unterstützung (z.B. mittels Funk) denkbar <br>
* Kommunikation in einer Zugriffssituation erfolgt unter Stress in einem sehr engen Zeitfenster <br>
* Die Verhaftung von Minderjährigen kann Folgekommunikation mit Erziehungsberechtigten nach sich ziehen


==== Bereithalten ====
===Bereithalten===
In den Rückzugsräumen gibt es einerseits Besprechungen über die aktuelle und noch zu erwartende Lage sowie intra- und interorganisationale Pausengespräche. Für die Lage-konstruktion können interorganisational verwendete Lagekarten z.B. auf Softwarebasis oder auf Tafeln etc. genutzt werden. Die Kommunikation in den Rückzugsräumen kann auch für vertie-fende Abstimmungen gemeinsamer Handlungsweisen oder gezielt erfolgende Erfahrungsaustau-sche im Sinne von Know-How genutzt werden.
* In Rückzugsräumen gibt es Besprechungen über die aktuelle Lage und erwartete Entwicklungen
* Im [[Sicherheitsbausteine/Interorganisationale_Zusammenarbeit/Sicherheits-_und_Koordinierungskreis|Koordinierungskreis]] finden anlassbezogene interorganisationale Lagebesprechungen statt.
* Abstimmungen gemeinsamer Handlungsweisen und Erfahrungs- oder Informationsaustausch


==== Überwachen ====
===Lage konstruieren===
Auf den Überwachungsgängen (die optimaler Weise mit den anderen Sicherheits-akteuren zusammen durchgeführt werden sollten) überprüfen die Beamten der Feuerwehr die Einhaltung der Brandschutzbestimmungen. Sollten sie hierbei auf Missstände aufmerksam wer-den sind die entsprechenden Akteure (z.B. bei Zelten und Fahrzeugen, die Rettungswege ver-sperren sowie im Fall von Gaskartuschen oder zu dicht stehenden Verpflegungsständen) freund-lich aber bestimmt auf diese hinzuweisen und eine Veränderung zu fordern. Sollten die Akteure den Anweisungen keine Folge leisten sind ihnen die Konsequenzen zu verdeutlichen (z.B. die Hinzuziehung Sicherheitsdienst und/oder Polizei, Schließung des Verpflegungsstandes, Verweis vom Veranstaltungsgelände etc.).  
Bei der Lagekonstruktion handelt es sich um Beobachtung und Zusammenführung unterschiedlichster Informationen aus verschiedenen Quellen sowie deren Interpretation und Bewertung zur Ableitung von Handlungskonsequenzen. Der Begriff der Konstruktion<ref>vgl. z.B.: Glasersfeld, E. v.: Wege des Wissens: Konstruktivistische Erkundungen durch unser Denken, Heidelberg: Carl-Auer-Systeme 1997.; Maturana, H.: Kognition, in: Schmidt, S.J., Hrsg.,  Der Diskurs des radikalen Konstruktivismus. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1987, S. 89-132.</ref> verdeutlicht in diesem Zusammenhang die subjektive Erzeugung von Wirklichkeit vor dem Hintergrund eines individuellen Erfahrungsschatzes sowie Wissens und subjektiver Einstellungen, Erwartungen, Wünsche, Bedürfnisse usw.<br>
* Lagekonstruktion sollte idealer Weise interorganisational erfolgen<ref name="Lagekonstruktion">vgl. Knigge, I; Künzer, L.; Hofinger, G.: Gemeinsame Lagebilder und interorganisationale Kommunikation von Stäben in Großschadenslagen, in: Jenk, M.; Ellebrecht, N.; Kaufmann, S. Hrsg., Organisationen und Experten des Notfalls. Zum Wandel von Technik und Kultur bei Feuerwehren und Rettungsdiensten. Berlin: Lit Verlag 2014, S. 85-106.</ref><br>
* Zur gemeinsamen Lagekonstruktion tragen auch interorganisationale Kontroll- und Streifengänge über das Veranstaltungsgelände bei <br>
* Neben analogen Werkzeugen (Tafeln, Lageplänen, Papier etc.) können softwaregestützte (Web-)Lösungen<ref>vgl. http://www.uni-siegen.de/fb5/wirtschaftsinformatik/paper/2013/crisisprevention2013_sicherheitsarena.pdf</ref> für die Lagekonstruktion genutzt werden. Diese erlauben eine Einsehbarkeit der Informationen (Ressource, Wetter, Personalpositionen, Besucherzahlen etc.) für alle Akteure <br>
* In Datenbanken können Kontaktdaten von Experten oder erweiterte Informationen für die Akteure hinterlegt sein<ref name="Wissensmanagement">vgl. Argyris, C.: Wissen in Aktion. Eine Fallstudie zur lernenden Organisation. Stuttgart: Klett-Cotta 1997; Nonaka, I.; Takeuchi, H.: Die Organisations des Wissens. Wie japanische Unternehmen eine brachliegende Ressource nutzbar machen. Frankfurt a. M. 2012</ref>


==== Taktisch kommunizieren ====
===Interorganisational kooperieren===
Ein weiterer Aspekt der Kommunikation für Feuerwehren liegt in der Kommunikation mit Betroffenen im Falle von Einzelereignissen/Störungen. Hier sind z.T. beru-higende, deeskalierende, tröstende aber auch aufklärende und helfende Kommunikationsvorgän-ge nötig. Sollte es zu vereinzelten Schadensfällen während einer Großveranstaltung kommen, die aber durch Unachtsamkeit, Nachahmung oder Fehlverhalten weiterer Veranstaltungsbesucher erneut auftreten können, kann die Feuerwehr auch über einschlägige Medien (Websites, Social Media-Plattformen, Veranstaltungszeitung, App, Durchsagen, Nachrichten auf Videoleinwänden etc.) präventive Hinweise für korrektes Verhalten zur Stärkung der Selbstkompetenz und mögli-che Sanktionsmaßnahmen kommunizieren.
* Interorganisationale Kooperation<ref name="interkoop">vgl. Lasogga, F.; Ameln F. v.: Kooperation bei Großschadensereignissen. in: Gruppendynamik und Organisationsberatung, Juni 2010, Volume 10, Issue 2, S. 157-176</ref> erfolgt z.B. durch Polizei, Feuerwehr, Sanitätern und Ämtern bei gemeinsamen Patrouillen und Streifen oder gemeinsamen Lagebesprechungen bzw. im Rahmen der Arbeit des Koordinierungskreises<br>
* auch gemeinsame Einsatzabwicklungen sind Bestandteil interorganisationaler Kooperationen; gemeinsame Lagebewältigungen dienen dem Erfahrungsaustausch und der Erweiterung der Kenntnisse über andere Organisationen sowie deren Strukturen und Abläufe, so dass zunehmend koordiviert und sich ergänzend gearbeitet wird<br>
* Können sich auch auf zuvor getroffene sprachliche bzw. terminologische Verabredungen beziehen <br>
* in regelmäßigen gemeinsamen Lagebesprechungen <br>
* bei der kontinuierlich zu vollziehenden Lagekonstruktion<br>
* das weitere gemeinsame Vorgehen und Handeln sollte abgestimmt werden <br>
* persönliche Beziehungen und Bekanntschaften sollten wenn möglich weiter vertieft und vernetzt werden


==== Interorganisational kooperieren ====
==Maßnahmen der Feuerwehr==
Zu interorganisationaler Kooperation kann es z.B. kommen, wenn Personen den Anweisungen durch die Feuerwehr nicht Folge leisten. In diesen Fällen kann die Feuerwehr über Funk die Leitstelle informieren und sowohl Sicherheitsdienst und/oder die Poli-zei um Unterstützung bitten. Den Betroffenen ist in diesem Zusammenhang die Konsequenz ihres Handelns aufzuzeigen. Den Sicherheitsdienstleistern ist die Situation wahrheitsgemäß zu schildern, so dass in gemeinsamer Kommunikation eine möglichst deeskalierende Lösung des Problems herbeigeführt werden kann.  
[[Datei:ANNA20130730 (261).JPG|200px|thumb|right|Feuerwache 2 auf der Annakirmes 2013]]
[[Datei:ANNA20130730 (218).JPG|200px|thumb|right|Führungsstelle auf der Annakirmes 2013]]
Hauptaufgaben der Feuerwehr liegen im Kontrollieren von Brandschutzauflagen und Hilfsbelangen sowie im Bergen, Retten und Schützen im Krisen- oder Katastrophenfall. Daher sind bei der Feuerwehr vergleichbar zur Polizei die Adressaten der Kommunikation die eigenen Kollegen (interne Kommunikation) sowie die Veranstaltungsbesucher, der Veranstalter, die anderen BOS sowie Dienstleister und ggf. Medien (externe Kommunikation). Im Zuge dieser Aufgaben, die sich anhand von bestimmbaren Prozessen darstellen lassen, ergeben sich unterschiedliche kommunikative Herausforderungen.  


==== Lage konstruieren ====
===Bereithalten===
Des Weiteren erlauben die gemeinsam vollzogenen Patrouillen über das Ver-anstaltungsgelände eine gemeinsame und geteilte Lagekonstruktion und -bewertung. Weiterhin empfiehlt sich eine gemeinsame Lagekonstruktion, unterstützt z.B. durch eine für alle Sicher-heitsakteure nutzbare Leitstellensoftware, für den Umgang mit weiteren Risiken einer Großver-anstaltung z.B. im Hinblick auf herannahende Unwetter, die Stimmung und Verhaltensweisen von Besuchern, spezielle Programmpunkte der Veranstaltung sowie auf das Abstimmen und Ko-ordinieren gemeinsamer Handlungs- und Vorgehensweisen.
* Besprechungen über die aktuelle und noch zu erwartende Lagen <br>
* intra- und interorganisationale Gespräche und Kontaktpflege <br>
* Abstimmungen über gemeinsame Handlungsweisen <br>
* die Einsatzleitung plant, bereitet vor und koordiniert zukünftige Einsätze<br>
* Gespräche zum Erfahrungsaustausch <ref name="Wissensmanagement"></ref><br>


=== Städtische Behörden bzw. Ämter ===
===Überwachen===
Die behördlichen Vertreter der Städte und Gemeinden haben im wesentlichen die Aufgabe die Einhaltung der Vorgaben zu überprüfen. Die zentralen Kommunikationspartner sind hier also die z.B. der Veranstalter, die Dienstleister und BOS. Im Rahmen dieser Handlungen haben sie klar, verständlich auf Missstände hinzuweisen und bestimmt Korrekturen anzuordnen bzw. bei Nicht-befolgung auch die Konsequenzen aufzuzeigen. In jedem Fall ist der Veranstalter über das Vor-gehen der amtlichen Vertreter zu informieren, der diese Informationen ggf. auch an die anderen Akteure weiterleitet.
* überprüfen der Einhaltung der Brandschutzbestimmungen<br>
Vor dem Hintergrund der interorganisationalen Kommunikation mit dem Veranstalter ist auch das weitere Abstimmen über zukünftige Handlungen notwendig, die mit den Handlungsvorhaben der anderen Unterstützungskräfte verknüpft werden sollten.
* bei Missständen werden entsprechende Akteure freundlich aber bestimmt auf diese hingewiesen und eine Veränderung gefordert <br>
* sollten die Akteure den Anweisungen keine Folge leisten sind ihnen die Konsequenzen zu verdeutlichen
 
===Taktisch kommunizieren===
Die taktische Kommunikation dient der gezielten Ansprache von Einzelpersonen oder Gruppen um Einfluss auf ggf. situationsunangemessene Verhaltensweisen zu nehmen. Dabei ist das Ziel der Feuerwehr beim Einsatz taktischer Kommunikation die Beeinflussung von Betroffenen und Passanten zur Erleichterung der Rettungs- bzw. Bergungsmaßnahmen sowie Verbesserung ihres Schutzes. 
* Kommunikation mit Betroffenen im Falle von Einzelereignissen/Störungen <br>
* beruhigende, deeskalierende, tröstende aber auch aufklärende und helfende Kommunikation nötig <br>
* Nutzung einschlägiger Medien für präventive Hinweise für korrektes Verhalten zur Stärkung der Selbstkompetenz und zur Information über mögliche Sanktionsmaßnahmen <br>
 
===Interorganisational kooperieren===
* Funkkommunikation mit der Leitstelle über Einsätze/Lage/Anforderung von Unterstützung<br>
* Betrifft sprachliche bzw. terminologische Verabredungen <br>
* regelmäßige gemeinsame Lagebesprechungen und kontinuierliche Lagekonstruktion <br>
* Abstimmung über das weitere gemeinsame Vorgehen und Handeln <br>
* Vertiefung persönlicher Beziehungen und Vernetzung
 
===Lage konstruieren===
* Kommunikation z.B. im Zuge gemeinsam vollzogener Patrouillen für die Lagekonstruktion und -bewertung<br>
* Gemeinsame Leitstellensoftware, für die Beobachtung von Risiken (Wetter, Stimmung und Verhaltensweisen von Besuchern, spezielle Programmpunkte etc.)<br>
* Abstimmen und Koordinieren gemeinsamer Handlungs- und Vorgehensweisen
 
 
==Maßnahmen der Behörden bzw. Ämter==
* Vorbesprechungen im Zuge der Planung einer Großveranstaltung<br>
* Überprüfung der Einhaltung der Vorgaben im Sicherheitskonzept am Veranstaltungsort<br>
* auf Missstände hinweisen und Korrekturen anordnen bzw. bei Nichtbefolgung Konsequenzen aufzuzeigen<br>
* Abstimmen zukünftiger Handlungen mit den anderen Unterstützungskräften
 
==Einzelnachweise==
<references />
 
 
----
 
 
''Autor: Christoph Groneberg (Universität Siegen)''

Aktuelle Version vom 21. Juni 2015, 18:33 Uhr

Fehler beim Erstellen des Vorschaubildes: Datei fehlt
Der Unterstützen-Prozess einer Großveranstaltung

Die Eventphase bedeutet für die Unterstützungskräfte (Polizei, Feuerwehr, Sanitätsdienst und städtische Behörden bzw. Ämter) eine besondere kommunikative Herausforderung, weil sie sich nicht nur untereinander sondern ggf. auch mit Dienstleistern und Publikum austauschen. M.a.W. sind hiermit Aspekte obligatorischer inter- und überorganisationaler sowie externer Kommunikation angesprochen, auf die darüber hinaus sowohl spatiale als auch temporale Faktoren Einfluss auf haben können. Weiterhin wirken die raum-zeitlichen Faktoren auch auf die verwendeten Kommunikationsformen und -inhalte und die damit verfolgten Ziele bzw. Effekte bei der Ansprache der entsprechenden Zielgruppen. Trotz dieser Einflussfaktoren sind standardisierte und routinisierte Kommunikations- und Informationsprozesse anzuwenden, die die Verwendung redundanter Medientechniken[1] einschließen müssen, damit eine rechtsfeste Dokumentation der Kommunikationsabläufe möglich wird. Im Folgenden sollen entsprechend der Unterstützungskräfte exemplarisch zu berücksichtigende Kommunikationsanforderungen und Handlungsempfehlungen gegeben werden.

Wer Mit Wem Was Wie Mit welchem Effekt
Mitglieder des Einsatzstäbe/-leitungen (Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst), operative Kräfte, Verbindungsbeamte, Veranstalter, Stage-Manager Nachgeordnete Kräfte, Veranstalter (Sicherheits- & Ordnungsdienst), Besucher Gemeinsame Lagebilderstellung, Verifizierung von Informationen, Beurteilung der Lage, Entschlussfassung, Maßnahmenumsetzung, Verhaltenshinweise, Informationsweitergabe (z.B. Grund für eine Räumung) Szenarien/Maßnahmen
Umsetzung des Sicherheitskonzepts, Stage-Manager für Bühnen-Durchsagen, Kommunikationsbeamte

Medien
BOS-Funk (analog/digital) Lautsprecher, Lautsprecherkraftwagen, Megafone, Beschilderungen, Video-Walls, Notfalltelefon, Web 2.0 (Facebook, Twitter, Veranstaltungs-App), Rundfunkdurchsagen,

Sicherstellung eines sicheren Veranstaltungsablaufs, Informationen für Teilnehmer bereitstellen, Absprachen mit anderen Akteuren treffen


Maßnahmen der Polizei/Bundespolizei

Polizeieinsatz auf der Annakirmes 2013
Straßensperrung der Polizei beim Chiemsee Reggae Summer 2013

Unter Berücksichtigung der Ziele und Zuständigkeiten der Polizei im Kontext von Veranstaltungslagen spielt Kommunikation an verschiedenen Stellen des polizeilichen Einsatzes eine Rolle. Als Adressaten bzw. Zielgruppen sind die anderen Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) zu nennen aber auch der Veranstalter, die Veranstaltungsbesucher, Verkehrsteilnehmer, Anwohner sowie ggf. Straftäter und Betroffene bzw. Opfer. Auch die Medien (Lokalpresse und überregionale Medien) sind anlassbezogen und in interorganisationaler Abstimmung zu informieren (z.B. zur Verkehrs- oder Anreisesituation rund um das Veranstaltungsgelände, Kontrollen, Zahl der Festnahmen etc.). Im einzelnen lassen sich die Aufgaben der Polizei in die folgenden wesentlichen Prozesse unterscheiden:

Präsenz zeigen

Insbesondere durch Streifentätigkeiten oder die Einrichtung einer Mobilen Wache kann eine offene Präsenz und Ansprechbarkeit der Polizei für die Vermittlung eines individuellen Sicherheitsgefühls[2] auf dem und um das Veranstaltungsgelände sorgen. Den kommunikativen Aufgaben wird in dieser Hinsicht zumeist über direkte Face-2-Face-Kommunikation nachgekommen.

  • Polizei steht an neuralgischen Positionen, an denen kommunikativ-deeskalierende Maßnahmen notwendig sind oder werden könnten
  • Polizeibeamte sollten den Besuchern und Passanten für Fragen und Auskünfte zur Verfügung stehen oder lageabhängig auch proaktiv selbst Informationen an die Zielgruppen weitergeben
  • Liegen keine Informationen vor, sollten diese z.B. per Funk eingeholt werden oder die Fragenden an entsprechende Auskunftsstellen verwiesen werden
  • relevante Informationen über Ereignisse werden via Funk[3] oder anderen Medien (z.B. Social Media oder auch Mobiltelefonie oder Messaging-Dienst) und Einsatzstichworten oder Codes an den Führungsstab gemeldet
  • für weiterführende Sicherheitsinformationen können in Kooperation mit dem Veranstalter auch Videoleinwände oder Lautsprecheranlagen genutzt werden
  • Tonalität der Kommunikation sollte freundlich, einfach und leicht verständlich sein

Verkehr regulieren

  • Neben der Verkehrsregulation mittels Handzeichen sind auch unterschiedliche verbalen Kommunikationsstrategien anzuwenden
  • Die Ansprache von Einzelpersonen bei einer (Routine-)Überprüfung kann von sehr bestimmt bis freundlich hinweisend variieren
  • Bei der Vergabe von Verwarn- oder Bußgeldern oder der Verhängung von Verboten oder Strafen wird ggf. eine beruhigende bzw. deeskalierende Ansprache notwendig
  • Die Kommunikation sollte aber immer einfach, klar und verständlich sein
  • Zu gewährleisten sind kompetente Informationsleistung zu temporären Straßensperrungen oder Einbahnstraßenregelungen für Veranstaltungsbesucher und Passanten rund um das Veranstaltungsgelände

Kontrollieren

  • Bei Kontrollmaßnahmen nach Drogen oder Waffen sowie bei Verkehrskontrollen sollte standardisierte Kommunikation eingesetzt werden, die deeskalierend und erklärend wirken kann und ggf. gerichtsfest sein muss
  • Maßnahmen müssen für Besucher nachvollziehbar und einleuchtend sein
  • Konfiszierungen oder andere Maßnahmen müssen klar und verständlich kommuniziert werden
  • Für Rückfragen sollten die Beamten immer zur Verfügung stehen und diese möglichst ruhig beantworten

Taktisch kommunizieren

Die taktische Kommunikation dient der gezielten Ansprache von Einzelpersonen oder Gruppen um präventiv und regulativ Einfluss auf ggf. situationsunangemessene Verhaltensweisen zu nehmen. Dabei ist es von Bedeutung, dass dem geeigneten und geschulten Sprecher die entsprechenden sprachlichen Umgangsformen der Zielgruppen bekannt sind und durch ihn verwendet werden. Die Kommunikation enthält eine Lagebeschreibung, eine Aufforderung und die Verdeutlichung der Konsequenzen bei einer Zuwiderhandlung.

  • es empfiehlt sich die möglichst frühzeitigen Einbindung von eventuell problematischen Veranstaltungsbesuchern oder Besuchergruppen
  • Dabei können Verhaltens- und Sprachweisen verabredet werden und für den Fall von Zuwiderhandlungen Konsequenzen bzw. Sanktionsmaßnahmen verabredet werden
  • Es sind also Kenntnisse über die allgemeine Besucherstruktur und typische bzw. einschlägige Terminologien notwendig
  • Taktische Kommunikation muss informierend, aufklärend und gezielt erfolgen
  • Aufforderungen müssen mit realisierbaren Konsequenzen verknüpft sein

Zugreifen

  • Bestenfalls sollten Tätern Konsequenzen ihres Handelns vor dem Zugriff verdeutlicht werden
  • In der Zugriffssituation kann es zu Kommunikation mit Befehlscharakter kommen, ggf. ist auch die Anforderung von Unterstützung (z.B. mittels Funk) denkbar
  • Kommunikation in einer Zugriffssituation erfolgt unter Stress in einem sehr engen Zeitfenster
  • Die Verhaftung von Minderjährigen kann Folgekommunikation mit Erziehungsberechtigten nach sich ziehen

Bereithalten

  • In Rückzugsräumen gibt es Besprechungen über die aktuelle Lage und erwartete Entwicklungen
  • Im Koordinierungskreis finden anlassbezogene interorganisationale Lagebesprechungen statt.
  • Abstimmungen gemeinsamer Handlungsweisen und Erfahrungs- oder Informationsaustausch

Lage konstruieren

Bei der Lagekonstruktion handelt es sich um Beobachtung und Zusammenführung unterschiedlichster Informationen aus verschiedenen Quellen sowie deren Interpretation und Bewertung zur Ableitung von Handlungskonsequenzen. Der Begriff der Konstruktion[4] verdeutlicht in diesem Zusammenhang die subjektive Erzeugung von Wirklichkeit vor dem Hintergrund eines individuellen Erfahrungsschatzes sowie Wissens und subjektiver Einstellungen, Erwartungen, Wünsche, Bedürfnisse usw.

  • Lagekonstruktion sollte idealer Weise interorganisational erfolgen[5]
  • Zur gemeinsamen Lagekonstruktion tragen auch interorganisationale Kontroll- und Streifengänge über das Veranstaltungsgelände bei
  • Neben analogen Werkzeugen (Tafeln, Lageplänen, Papier etc.) können softwaregestützte (Web-)Lösungen[6] für die Lagekonstruktion genutzt werden. Diese erlauben eine Einsehbarkeit der Informationen (Ressource, Wetter, Personalpositionen, Besucherzahlen etc.) für alle Akteure
  • In Datenbanken können Kontaktdaten von Experten oder erweiterte Informationen für die Akteure hinterlegt sein[7]

Interorganisational kooperieren

  • Interorganisationale Kooperation[8] erfolgt z.B. durch Polizei, Feuerwehr, Sanitätern und Ämtern bei gemeinsamen Patrouillen und Streifen oder gemeinsamen Lagebesprechungen bzw. im Rahmen der Arbeit des Koordinierungskreises
  • auch gemeinsame Einsatzabwicklungen sind Bestandteil interorganisationaler Kooperationen; gemeinsame Lagebewältigungen dienen dem Erfahrungsaustausch und der Erweiterung der Kenntnisse über andere Organisationen sowie deren Strukturen und Abläufe, so dass zunehmend koordiviert und sich ergänzend gearbeitet wird
  • Können sich auch auf zuvor getroffene sprachliche bzw. terminologische Verabredungen beziehen
  • in regelmäßigen gemeinsamen Lagebesprechungen
  • bei der kontinuierlich zu vollziehenden Lagekonstruktion
  • das weitere gemeinsame Vorgehen und Handeln sollte abgestimmt werden
  • persönliche Beziehungen und Bekanntschaften sollten wenn möglich weiter vertieft und vernetzt werden

Maßnahmen der Feuerwehr

Feuerwache 2 auf der Annakirmes 2013
Führungsstelle auf der Annakirmes 2013

Hauptaufgaben der Feuerwehr liegen im Kontrollieren von Brandschutzauflagen und Hilfsbelangen sowie im Bergen, Retten und Schützen im Krisen- oder Katastrophenfall. Daher sind bei der Feuerwehr vergleichbar zur Polizei die Adressaten der Kommunikation die eigenen Kollegen (interne Kommunikation) sowie die Veranstaltungsbesucher, der Veranstalter, die anderen BOS sowie Dienstleister und ggf. Medien (externe Kommunikation). Im Zuge dieser Aufgaben, die sich anhand von bestimmbaren Prozessen darstellen lassen, ergeben sich unterschiedliche kommunikative Herausforderungen.

Bereithalten

  • Besprechungen über die aktuelle und noch zu erwartende Lagen
  • intra- und interorganisationale Gespräche und Kontaktpflege
  • Abstimmungen über gemeinsame Handlungsweisen
  • die Einsatzleitung plant, bereitet vor und koordiniert zukünftige Einsätze
  • Gespräche zum Erfahrungsaustausch [7]

Überwachen

  • überprüfen der Einhaltung der Brandschutzbestimmungen
  • bei Missständen werden entsprechende Akteure freundlich aber bestimmt auf diese hingewiesen und eine Veränderung gefordert
  • sollten die Akteure den Anweisungen keine Folge leisten sind ihnen die Konsequenzen zu verdeutlichen

Taktisch kommunizieren

Die taktische Kommunikation dient der gezielten Ansprache von Einzelpersonen oder Gruppen um Einfluss auf ggf. situationsunangemessene Verhaltensweisen zu nehmen. Dabei ist das Ziel der Feuerwehr beim Einsatz taktischer Kommunikation die Beeinflussung von Betroffenen und Passanten zur Erleichterung der Rettungs- bzw. Bergungsmaßnahmen sowie Verbesserung ihres Schutzes.

  • Kommunikation mit Betroffenen im Falle von Einzelereignissen/Störungen
  • beruhigende, deeskalierende, tröstende aber auch aufklärende und helfende Kommunikation nötig
  • Nutzung einschlägiger Medien für präventive Hinweise für korrektes Verhalten zur Stärkung der Selbstkompetenz und zur Information über mögliche Sanktionsmaßnahmen

Interorganisational kooperieren

  • Funkkommunikation mit der Leitstelle über Einsätze/Lage/Anforderung von Unterstützung
  • Betrifft sprachliche bzw. terminologische Verabredungen
  • regelmäßige gemeinsame Lagebesprechungen und kontinuierliche Lagekonstruktion
  • Abstimmung über das weitere gemeinsame Vorgehen und Handeln
  • Vertiefung persönlicher Beziehungen und Vernetzung

Lage konstruieren

  • Kommunikation z.B. im Zuge gemeinsam vollzogener Patrouillen für die Lagekonstruktion und -bewertung
  • Gemeinsame Leitstellensoftware, für die Beobachtung von Risiken (Wetter, Stimmung und Verhaltensweisen von Besuchern, spezielle Programmpunkte etc.)
  • Abstimmen und Koordinieren gemeinsamer Handlungs- und Vorgehensweisen


Maßnahmen der Behörden bzw. Ämter

  • Vorbesprechungen im Zuge der Planung einer Großveranstaltung
  • Überprüfung der Einhaltung der Vorgaben im Sicherheitskonzept am Veranstaltungsort
  • auf Missstände hinweisen und Korrekturen anordnen bzw. bei Nichtbefolgung Konsequenzen aufzuzeigen
  • Abstimmen zukünftiger Handlungen mit den anderen Unterstützungskräften

Einzelnachweise

  1. siehe Krisenbetrieb in der internen Kommunikation sowie Krisenbetrieb in der externen Kommunikation
  2. vgl. z.B.: Reuband, K.-H.: Steigert Polizeipräsenz das Sicherheitsgefühl? Eine vergleichende Studie in west- und ostdeutschen Städten, in: H. Schöch und J.-M. Jehle, Hrsg., Angewandte Kriminologie zwischen Freiheit und Sicherheit. Mönchengladbach: Forum Verlag Godesberg 2004, S. 255-272.; Schewe, C. S.: Subjektives Sicherheitsgefühl, in: Lange, H.-J., Hrsg., Wörterbuch zur inneren Sicherheit. Wiesbaden: VS Verlag 2006, S. 322-325.
  3. Der Betrieb von Funk bringt verschiedene Herausforderungen mit sich. Dazu gehören z.B. die Verständlichkeit durch sprachliche, technische oder wetterbedingte Einflüsse, der technische Zustand (z.B. geladene Batterien), fehlende Kenntnis der Kanalzuordnung sowie die Nichteinhaltung der Funkdisziplin (Stichwort Kompetenz der Funkenden). Weitere Berücksichtigung muss auch die Situation finden, dass das Ziel der Funkkommunikation die Übermittlung der Nachrichten an alle Beteiligten im Funknetz sind. Gleichzeitig entsteht damit einerseits viel 'Informationsmüll' andererseits kann sich diese transparente Kommunikation auch nachteilig auswirken, wenn sicherheitsrelevante Informationen nur für einen bestimmten Personenkreis über Funk geteilt werden. Zugleich muss beim Funk auch die Kompentenz der Funkenden berücksichtigt werden - Wissen
  4. vgl. z.B.: Glasersfeld, E. v.: Wege des Wissens: Konstruktivistische Erkundungen durch unser Denken, Heidelberg: Carl-Auer-Systeme 1997.; Maturana, H.: Kognition, in: Schmidt, S.J., Hrsg., Der Diskurs des radikalen Konstruktivismus. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1987, S. 89-132.
  5. vgl. Knigge, I; Künzer, L.; Hofinger, G.: Gemeinsame Lagebilder und interorganisationale Kommunikation von Stäben in Großschadenslagen, in: Jenk, M.; Ellebrecht, N.; Kaufmann, S. Hrsg., Organisationen und Experten des Notfalls. Zum Wandel von Technik und Kultur bei Feuerwehren und Rettungsdiensten. Berlin: Lit Verlag 2014, S. 85-106.
  6. vgl. http://www.uni-siegen.de/fb5/wirtschaftsinformatik/paper/2013/crisisprevention2013_sicherheitsarena.pdf
  7. 7,0 7,1 vgl. Argyris, C.: Wissen in Aktion. Eine Fallstudie zur lernenden Organisation. Stuttgart: Klett-Cotta 1997; Nonaka, I.; Takeuchi, H.: Die Organisations des Wissens. Wie japanische Unternehmen eine brachliegende Ressource nutzbar machen. Frankfurt a. M. 2012
  8. vgl. Lasogga, F.; Ameln F. v.: Kooperation bei Großschadensereignissen. in: Gruppendynamik und Organisationsberatung, Juni 2010, Volume 10, Issue 2, S. 157-176




Autor: Christoph Groneberg (Universität Siegen)