Behörden
Bei der Planung und Durchführung von Großveranstaltungen sind eine Vielzahl von Behörden und Fachämtern beteiligt die - je nach spezifischer Ausrichtung der Veranstaltung - Genehmigungen erteilen - wobei zu beachten ist, dass "die" Veranstaltungsgenehmigung nicht existiert: Die Genehmigung für die Veranstaltung setzt sich zusammen aus einer Vielzahl an Genehmigunge und Erlaubnissen, die in den meisten Fällen von einer federführenden Behörde gebündelt werden. Diese federführende Behörde ist - immmer aufgrund der Einordnung der Veranstaltung - die Genehmigungsbehörde für die Veranstaltung.
Für Veranstaltungen können regelmäßig die folgenden Genehmigungen relevant werden:
- Festsetzung gem. Gewerbeordnung für Messen, Ausstellungen, Volksfeste, Spezialmärkte oder Jahrmärkte
- Sondernutzungserlaubnis für die Nutzung öffentlicher Flächen
- Verkehrsrechtliche Erlaubnis
- Baugenehmigung gem. LandesBauordnung und ggf. jeweils geltender Umsetzung der Musterversammlungsstättenverordnung
- Gestattung gem. Gaststättengesetz für den Ausschank alkoholischer Getränke,
- Ausnahmegenehmigung nach dem Landes - Immissionsschutzgesetz (bei Veranstaltungen im Freien)
- Ggf. Erlaubnis zum Abbrennen eines Feuerwerkes
Der Baustein gibt einen Überblick über die am häufigsten als Genehmigungsbehörde in Frage kommenden Fachämter – wobei zu betonen ist, dass die Auflistung nicht abschließend ist und immer veranstaltungsspezifisch anzupassen ist.
Genehmigungsbehörde
Allgemeine Akteursbeschreibung
Die Behörde - i.d.R. die Ordnungsbehörde auf kommunaler Ebene ist die erste Anlaufstelle zur Einholung der Genehmigung/Erlaubnis zur Durchführung von Großveranstaltungen. Die Behörde prüft auf Grundlage der eingereichten Veranstaltungsbeschreibung die eigene Zuständigkeit und die Notwendigkeit der Einbeziehung anderer Behörden. Welche der einzubindenden Behörden die Genehmigungsbehörde ist, hängt davon ab, wie die Behörde die Großveranstaltung qualifiziert. Die Genehmigungsbehörde prüft, ob die Großveranstaltung einer Genehmigung/Erlaubnis bedarf, ob sie zu verbieten oder (ggfs. unter Auflagen)zu genehmigen ist. In den meisten Fällen übernimmt die Genehmigungsbehörde die Bündelungsfunktion für alle zu erteilenden Einzelgenehmigungen. Folgende Rechtsbereiche spielen dabei eine Rolle:
1. Gewerberecht
Wenn die Behörde eine Veranstaltung als gewerberechtlich einstuft, ist die Genehmigungsbehörde nach §§ 68, 155 Abs. 2 GewO, § 3 Abs. 4 GewRV NRW i.V.m. Anlage 1.41 die allgemeine Ordnungsbehörde der Kommune.
2. Straßenrecht und Straßenverkehrsrecht
Sobald eine Veranstaltung auf öffentlichen Straßen, öffentlichen Plätzen und Fußgängerbereichen stattfindet, ist der Anwendungsbereich des Straßen- und Wegerechts (StrWG) bzw. des Fernstraßengesetz (FStrG) eröffnet. Wird der öffentliche Straßenraum über den Gemeingebrauch benutzt, ist eine Sondernutzungserlaubnis erforderlich (z.B. gem. § 18 StWG NRW, § 11 Berliner Straßengesetz). Die Genehmigung richtet sich nach § 29 der Straßenverkehrsordnung (StVO). Ausnahmegenehmigungen für Straßenverkehrsrechtliche Vorschriften können nach § 46 StVO erteilt werden. Für den Genehmigungsantrag ist in diesem Fall die Straßenverkehrsbehörde gem. § 44 StVO zuständig. Diese ist weiterhin auch für die den Straßenverkehr betreffenden Angelegenheiten außerhalb der Veranstaltung zuständig. In der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 29 Absatz 2 StVO werden Vorgaben zu Auflagen gemacht, unter deren Voraussetzung eine Erlaubnis erteilt werden kann. Insbesondere bei Streckenveranstaltungen (z.B. Radrennen, Marathon) können unterschiedliche Straßenverkehrsbehörden zuständig sind (vgl. [1]).
3. Baurecht
Sobald bei Großveranstaltungen bauliche Anlagen genutzt bzw. errichtet werden, die genehmigungsbedürftig sind, ist die untere Bauaufsichtsbehörde der Kommune (z.B. gem. § 75 Abs. 1 BauO NRW i.V.m 61 BauO NRW) einzubinden. Zu beachten ist, dass die erteilte Genehmigung nicht für die Großveranstaltung als solche erteilt, sondern ausschließlich für die jeweilige bauliche Anlage mit einer bestimmten Nutzung erteilt wird. Baurechtlich relevant zu unterscheiden sind folgende Veranstaltungsarten
- Frei zugängliche Veranstaltungsbereiche im Freien mit/ohne Aufbau von fliegenden Bauten (z.B. Kirmes, Straßenfest).Die Aufstellung Fliegender Bauten erfordert eine Anzeige und ggf. eine Gebrauchsabnahme.
- Abgesperrte/umzäunte Veranstaltungsbereiche im Freien außerhalb des Geltungsbereich der jeweiligen Umsetzung der Musterversammlungsstättenverordnung
- Abgesperrte/umzäunte Veranstaltungsbereiche im Freien innerhalb des Geltungsbereich der jeweiligen Umsetzung der Musterversammlungsstättenverordnung.
Wird das Erstellen eines Bauantrags notwendig, ist der damit verbundene Aufwand erheblich - im Rahmen der Veranstaltungsplanung bzw. des Genehmigungsverfahrens sind die zeitlichen Abläufe daher zwingend zu berücksichtigen anzupassen.
Problematisch wird die Situation dann, wenn im Rahmen des Genehmigungsverfahrens die Aufstellung von baulichen Anlagen (z.B. Umzäunungen) gefordert - und damit evtl. erst die Notwendigkeit eines Bauantragsverfahrens eröffnet wird.
5. Feuerschutz und Rettungsdienste
Es besteht eine Anzeigepflicht für Großveranstaltungen, z.B. § 7 FSHG NRW, wenn eine erhöhte Brandgefahr besteht und bei Ausbruch eines Brandes eine große Anzahl von Personen gefährdet sein könnten. Adressat der Anzeige ist die Kommune, welche dann darüber entscheidet, ob bei Bedarf eine Auflage zu erteilen ist. Das Rettungsgesetz selbst stellt keine Anforderungen an den Veranstalter, welche in einer Genehmigung münden.
6. Besonderheit in Bayern bei Vergnügungsveranstaltungen
Das Landesstraf- und Verordnungsgesetz Bayern unterwirft Vergnügungs-veranstaltungen einem Anzeige-/ Erlaubnisvorbehalt zur Verhütung von veranstaltungsspezifischen Gefahren. Diese Anzeigepflicht muss bei der Gemeinde erfolgen.
siehe
II. Rolle des Akteurs in den Veranstaltungsphasen
In der Planungs- und Umsetzungsphase findet das Sicherheitsbausteine Genehmigungsverfahren statt, das mit der jeweiligen Genehmigung/Erlaubnis enden sollte. Sicherheitsbestimmungen werden in der Regel nach den jeweilig einschlägigen rechtlichen Voraussetzungen durch Nebenbestimmungen, insbesondere Auflagen, mit dem Genehmigungs-/Erlaubnisbescheid erlassen.
Da sich das Genehmigungsverfahren insbesondere bei komplexen Veranstaltungen unmittelbar bis kurz vor Beginn der Veranstaltung ziehen kann, ist die sowohl enge als auch transparente Zusammenarbeit zwischen Veranstalter und Behörden erforderlich. Auch wenn die letztendliche Genehmigung noch nicht erteilt ist, muss allen Beteiligten der jeweilige Status und die damit verbundene Aussicht bekannt sein. Kurzfristige Auflagen, die den Veranstalter kurz vor der Veranstaltung vor immense Probleme stellen können sind genauso wenig akzeptabel wie kurzfristige (aber bereits länger bekannte) Informationen in Bezug auf die Veranstaltung, die wesentlichen Enfluss auf die Beurteilung der Behörden haben kann.
Im Rahmen der Durchführungsphase ist insbesondere festzulegen, ob Vertreter der jeweiligen Behörden vor Ort sind und welche Aufgaben diese Anwesenheit zu welchem Zeitpunkt beinhaltet. Zu den regelmäßigen Aufgaben der beteiligten Behörden gehört die Abnahme des Veranstaltungsgeländes – die muss so frühzeitig erfolgen, um Änderungen noch umsetzen zu können, jedoch auch spät genug, um die wesentlichen Aufbauten, die oftmals erst vor Veranstaltungsbeginn fertig gestellt werden, sehen zu können. Bei komplexen Veranstaltungen empfehlen sich Bauzustandsbesichtigungen in verschiedenen Phasen des Aufbaus. Für Vertreter von Behörden, die oftmals unter knappen Ressourcen leiden und angehalten sind, keine Überstunden zu machen, ist die Begleitung einer Veranstaltung eine Herausforderung: auf der einen Seite wird die Kontrolle der Einhaltung der Auflagen erwartet, auf der anderen Seite herrscht Personalknappheit bzw. ein Verbot, Überstunden zu machen. Viele Vertreter von Genehmigungsbehörden sehen sich hier in einem deutlichen Konfilkt zwischen eigenem Anspruch und möglicher Realisierung. Auch außerhalb der problematischen Diskussion um Ressourcen muss von Seiten der Genehmigungsbehörden sichergestellt werden, dass Vertreter der relevant beteiligten Fachämter erreichbar sind – was im Hinblick auf die regelmäßigen Veranstaltungszeiten am Wochenende nicht immer selbstverständlich ist.
Nachbereitungsphase Analog zu den Abläufen in der Planungsphase koordiniert die zentrale Nachbereitung
Die Nachbereitung dient dazu die gewonnenen Erfahrungen sowohl in Bezug auf die Veranstaltung als auch in Bezug auf den Ablauf des Genehmigungsverfahrens zu analysieren, zu strukturieren und für und über den eigenen Arbeitsbereich hinaus verwertbar zu machen und Lösungsmöglichkeiten für erkannte Schwachstellen zu erarbeiten und dadurch die Qualität der Verwaltungsarbeit für künftige Veranstaltungen zu sichern und zu steigern
Abkürzungsverzeichnis und Erläuterungen
BauO NRW= Bauordnung Nordrhein-Westfalen
FSHG NRW= Gesetz über Feuerschutz und Hilfeleistung Nordrhein-Westfalen
GewO= Gewerbeordnung
GewRV NRW= Gewerberechtsverordnung Nordrhein-Westfalen
SBauVO NRW= Sonderbauverordnung Nordrhein-Westfalen
StVO= Straßenverkehrsordnung
StrWG= Straßen- und Wegegesetz
VwVfG= Verwaltungsverfahrensgesetz
Literatur
Eine Reihe von Inhalten dieses Sicherheitsbausteins beruhen auf den Beiträgen in: Kugelmann (Hrsg.), Verfahrensrecht der Sicherheit von Großveranstaltungen, Baden-Baden, 1. Auflage 2015.