Sicherheitsbausteine/Notfallplanung/Szenarienplanung/Umgang mit Wetter/Monitoring und Vorhersage
Monitoring und Vorhersage - Kommunikation und Warnungen
Monitoring und Vorhersage
Den hierfür zuständigen Behörden und den Veranstaltern von Großveranstaltungen stehen Wettermeldungen und Unwetterwarnungen meteorologischer Dienste zur Verfügung. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) ist nicht nur ein exemplarisches Beispiel eines Wetterdienstes, wie es privatwirtschaftlich organisiert mehrere gibt. Der DWD ist als Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) nach dem Gesetz der nationale meteorologische Dienst der Bundesrepublik Deutschland. Gemäß §4 des Gesetzes über den Deutschen Wetterdienst gehört die Überwachung der Atmosphäre und damit die Erfassung (und auch Vorhersage) zu den Kernaufgaben des DWD. Damit werden auch (Un)Wetterereignisse systematisch überwacht und dokumentiert. Eine Unwetterwarnung wird z.B. vom DWD aufgrund bestimmter Witterungsverhältnisse ausgegeben, die ein hohes Gefährdungspotential beinhalten. Sie ist damit höherrangig angesiedelt als die normale Wettermeldung.
Für die Bewertung des Gefahrenpotentials durch die Wetterlage werden die Faktoren Wind, Temperatur, Niederschlag, Hagelschlag, starke Schneefälle, Regen mit Glatteisbildung und Luftfeuchtigkeit maßgeblich. Die klimatischen Bedingungen an einem Ort werden durch die natürlichen Gegebenheiten (u.a. geographische Länge und Breite sowie Höhe über Meeresspiegel) definiert. Im Bereich von Ballungsräumen ist eine Wechselwirkung von Bebauung und Abwärme sowie Emissionen zu beachten. Diese Erscheinungen haben eine Auswirkung auf Luftdruck und Niederschlag.
Die Entscheidung über notwendige Schutzmaßnahmen oder sogar einen Veranstaltungsabbruch erfolgt vor Ort vom zuständigen Koordinierungskreis. Die Bezeichnung des Koordinierungskreises variiert zwischen den Bundesländern und den Behörden.
Die Bewertung des Einflusses von Wetter auf eine Großveranstaltung ist kein einmaliger dauerhaft abgeschlossener Prozess. Vielmehr ist das Wetter in den Tagen vor und während der gesamten Veranstaltung zu beachten. Bei kritischen Veränderungen sind entsprechende Handlungsmaßnahmen zu ergreifen. Entscheidend hierbei ist es nicht nur auf die aktuelle Lage zu reagieren, sondern auch die Vorhersage und mögliche Warnungen für die nächsten Stunden zu registrieren, um die Zeit für notwendige Maßnahmen, wie zum Beispiel eine geplante Evakuierung der Veranstaltung, zu haben. Seitens der Sicherheitsbehörden wird daher empfohlen die Wetterdaten mindestens für ein Zeitfenster von 1 bis 2 Stunden im Voraus einzuholen und während der gesamten Veranstaltung zu beobachten.
Kommunikation und Warnungen
Die Kommunikation mit den Veranstaltungsteilnehmern bzw. ihre Warnung vor Gefahren ist zuallererst Aufgabe des Veranstalters. Den Sicherheitsbehörden stehen hier ergänzend die üblichen Instrumente zur Information der Bevölkerung (Direktansprache, Lautsprecherdurchsagen, Textbausteine für Videoscreens, Medieninformation/ Medienpartner des Veranstalters, Ergänzungsdienste wie z.B. Informationsanlagen der Verkehrsträger oder DWD/ Katwarn) zur Verfügung.
Der DWD gibt Wetterwarnungen in vier verschiedenen Warnstufen heraus. Sie sind farblich gekennzeichnet in der aufsteigenden Reihenfolge:
- Wetterwarnung (gelb)
- Markante Warnung (orange)
- Unwetterwarnung (rot)
- Extreme Unwetterwarnung (violett)
Einzelheiten können einem Merkblatt des DWD entnommen werden.
Absicherung von Infrastrukturen
Unwetter
Unter einen Unwetter wird die Extremlage mehrerer oder einzelner Wetterfaktoren wie sintflutartige Regenfälle, Stürme, Tornados, extreme Schneefälle oder Glätte aber auch extreme Hitze oder Kälte verstanden. Durch diese Ereignisse kommen immer wieder Menschen zu Schaden, so dass Sie im Zuge einer Großveranstaltung zwangläufig betrachtet werden müssen. Durch den Veranstalter sind im Rahmen der Erstellung des Veranstaltungs- und Sicherheitskonzeptes alle Maßnahmen zu treffen, um die Teilnehmer vor den oben angeführten Gefahren zu schützen.
Der Deutsche Wetterdienst (DWD) ist als Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) nach dem Gesetz der nationale meteorologische Dienst der Bundesrepublik Deutschland und repräsentiert für die Bundesregierung die Referenz für Fragen der Meteorologie und Klimatologie. Er hat die folgenden Definitionen von Wetterextremen in Übereinstimmung mit international abgestimmten Standards formuliert:
„Gemeinsam mit dem DWD definiert das BMVI ein extremes Wettereignis (extreme Unwetterereignisse), wenn verbreitet schwere Schäden in der Natur und an der Infrastruktur inkl. der Unpassierbarkeit von Straßen und Schienenwegen in unserem Land zu erwarten sind. Extreme Unwetterereignisse sind beim Deutschen Wetterdienst (DWD) über die entsprechenden Kriterien (Schwellenwertüberschreitungen) für Wetterwarnungen definiert. Demnach werden Warnungen vor extremem Unwetter für folgende Situationen herausgegeben:
- Extreme Orkanböen (>= 140 km/h, Windstärke 12 nach Beaufort Skala (Bft), 76 kn, 39 m/s), als reine Böenwarnung bei Orkanwetterlagen oder eingebettet in Schwergewitterwarnungen
- Extrem heftiger Starkregen (> 40 mm in 1 h, > 60 mm in 6 h), meist eingebettet in Schwergewitterwarnungen
- Extrem ergiebiger Dauerregen (> 70 mm in 12 h, > 80 mm in 24 h, > 90 mm in 48 h)
- Extrem starker Schneefall (verbreitet > 25 cm in 12 h, > 50 cm in 12 h oberhalb 800 m)
- Extrem starke Schneeverwehungen (Neuschnee oder lockere Schneedecke > 25 cm kombiniert mit Böen ab 8 Bft)
Erfasst/gemessen werden extreme Unwetterereignisse durch das Messnetz sowie durch den Radarverbund des DWD. Für Wetter- und Unwetter-Warnungen gilt dabei in Deutschland (DEU) das sogenannte Single-Voice-Prinzip, wonach alle Anbieter von Wetterdienstleistungen ihre Warninhalte untereinander abstimmen müssen. An Wetter-/Unwetterwarnungen sind in DEU keine weiteren Behörden neben dem DWD beteiligt.
Für Hochwasserwarnungen sind jedoch zuständig:
- die Bundesanstalt für Gewässerkunde,
- die Hochwasservorhersagezentralen der Länder sowie
- das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie für die Küste."
Checkliste der Maßnahmen
Die Checkliste der folgenden Maßnahmen sollten bei Unwetter bzw. Unwettergefahr geprüft und Maßnahmen bedarfsgerecht veranlasst oder durchgeführt werden:
Verantwortung des Veranstalters
- Sanitätsdienst
- Prüfung der Leistungsfähigkeit
- ggf. eigenen Kräfteansatz erhöhen
- Sicherheitsdienst
- Prüfung der Leistungsfähigkeit
- ggf. eigenen Kräfteansatz erhöhen
- ggf. Teil- oder Evakuierungsmaßnahmen einleiten
- Schließung aller Eingänge (nur Ausgänge offenhalten)
- Ordnereinsatz
- Teilnehmeransprache, auch mit Megaphon, als Zusatzmaßnahme zu Texteinspielungen
- Markt- bzw. Veranstaltungsleiter
- Information aller Standbetreiber
- Veranlassung der Sicherung aller Gegenstände (Schirme/ Markisen, Standanbauten, leichte Sitzmöbel, lose Gegenstände)
- Schließung von Verkaufsständen und/oder Fahrgeschäften
- Teilnehmer
- Maßnahmen bei Unwetter
- Unwetterwarnungen beachten, ggf. Datenabfrage intensivieren
- Kommunikation des Veranstalter-CvD mit Einsatzlenkung und BOS im Koordinierungskreis intensivieren
- Einspielung von Notfalldurchsagen (auch per Megaphon)
- Unterbrechung, Abbruch oder Absage der Veranstaltung
- (Teil-)Evakuierungsmaßnahmen
Verantwortung von Polizei und Feuerwehr
- Einsatztaktische Planungen überprüfen
- Ggf. Kräftebereitstellung
- Sicherung von Aufbauten
Die Bewertung des Einflusses von Wetter auf eine Großveranstaltung ist kein einmaliger dauerhaft abgeschlossener Prozess. Vielmehr ist das Wetter in den Tagen vor und während der gesamten Veranstaltung zu beachten. Bei kritischen Veränderungen sind entsprechende Handlungsmaßnahmen zu ergreifen. Entscheidend hierbei ist es nicht nur auf die aktuelle Lage zu reagieren, sondern auch die Vorhersage und mögliche Warnungen für die nächsten Stunden zu registrieren, um die Zeit für notwendige Maßnahmen, wie zum Beispiel eine geplante Evakuierung der Veranstaltung, zu haben. Seitens der Sicherheitsbehörden wird daher empfohlen die Wetterdaten mindestens für ein Zeitfenster von 1 bis 2 Stunden im Voraus einzuholen.
Beispiel: Maßnahmenplan "4-Stufenmodell" auf der Veranstaltungsfläche
Veranstalter | Polizei |
---|---|
Stufe 1 - Windstärke 6 | |
1. Die Videoleinwände werden
2. Vorbereiten von Ansagen und Einspielungen auf den Videoleinwänden 3. Mieter/ Pächter sind über den Veranstalter zu informieren 4. Bereich "Catering" hat folgende Maßnahmen zu treffen/ zu veranlassen
|
|
Stufe 2 - Windstärke 8 - in Spitzen | |
1. Entsichern der Leinwände durch die Höhenarbeiter („Rigger“)
2. Sperrung des Bereichs unter den Videoleinwänden durch Ordner mit Hilfe von Absperrgittern 3. Veranlassen von Durchsagen mit Hinweis auf (Un)Wetterwarnung 4. Senden von
|
|
Stufe 3 - Windstärke 8 - permanent | |
1. Alle Personenkontrollstellen können lageabhängig geschlossen werden.
Hinweis an Besucher .... 2. Permanente Durchsagen an den Kontrollstellen über Lautsprecheranlagen 3. Sicherung des Umfeldes der Videoleinwände 4. Ablassen von Videoleinwänden Die Videoleinwände auf der Hauptbühne und am Riesenrad spielen ggf. weiter und weisen auf das Unwetter mit entsprechenden Durchsagen hin |
|
Stufe 4 - Windstärken über 8 oder andere besondere (gefährliche) Naturereignisse | |
1. Alle Personenkontrollstellen werden geschlossen.
2. Ggf. notwendige Evakuierung des Veranstaltungsbereiches wird durch die Koordinierungsstelle eingeleitet
|
Festlegung der Entscheidungskompetenz für die Anordnung der Evakuierung der Veranstaltungsfläche
|
Quelle: Wohlthat Entertainment GmbH |
Auf Grundlage der Informationen des DWD wird über den Einsatz der für die Veranstaltung bereitgestellten Kräfte durch den Lagedienst in Absprache mit der Verbindungskraft der Koordinierungsstelle entschieden. Dies beinhaltet auch die Planung weiterer Maßnahmen wie die Indienststellung der Freiwilligen Feuerwehr.
Umgang mit Wetterphänomenen
Dieser Sicherheitsbaustein befaßt sich mit dem Umgang mit einzelnen Wetterphänomenen.
Risikobeurteilung
Grundlage der Bewertungen
Die einzelnen Wetterfaktoren wurden einer Risikobetrachtung unterzogen, um die Gefahrenbereiche zu identifizieren. Basis für die Bewertung des Risikos sind die Eintrittswahrscheinlichkeit von Schadensfällen und das Schadensausmaß. Neben möglichen Sachschäden steht bei Großveranstaltung die Sicherheit der Teilnehmer im Vordergrund. Daher kann die Bewertung von Bekanntem abweichen.
Windstärken
Die Windstärke – entspricht einem ganzzahligen Wert der Beaufortskala (Bft) – ist einer der Wetterfaktoren, deren Wirkung nicht alleine auf die Teilnehmer beschränkt ist, sondern auch auf die Technik und Aufbauten einer Großveranstaltung einen Einfluss hat.
Windstärke (Bft) | m/s | km/h | Auswirkung im Binnenland |
---|---|---|---|
0 | < 0,2 | 0 - 2 | senkrechte Rauchfahne |
1 | 0,3 - 1,5 | 2 - 5 | bewegte Rauchfahne |
2 | 1,6 - 3,3 | 6 - 11 | Blätterrauschen |
3 | 3,4 - 5,4 | 12 - 19 | dünne Zweige bewegen sich |
4 | 5,5 - 7,5 | 20 - 28 | dünne Äste bewegen sich |
5 | 8,0 - 10,7 | 29 - 38 | kleine Bäume bewegen sich |
6 | 10,8 - 13,8 | 39 - 49 | hörbares Pfeifen an Drahtseilen |
7 | 13,9 - 17,1 | 50 - 61 | Schwierigkeiten beim Laufen |
8 | 17,2 - 20,7 | 62 - 74 | Zweige brechen |
9 | 20,8 - 24,4 | 75 - 88 | Entstehung von Dachschäden |
10 | 24,5 - 28,4 | 89 - 102 | entwurzelte Bäume |
11 | 28,5 - 32,6 | 103 - 117 | verbreitet Sturmschäden |
12 | > 32,7 | > 117 | verbreitet schwere Sturmschäden |
Quelle: DWD
Temperatur
Die Effekte der Temperatur kommen eigentlich erst im Zusammenspiel mit den anderen Wetterfaktoren insbesondere der Windstärke und der Luftfeuchtigkeit zum tragen. Ihre Einteilung orientiert sich an der Differenzierung der maximalen Temperatur. Die Bewertung der Temperatur hängt stark von der Veranstaltung und kann von der hier dargestellten Skala abweichen. So finden zum Beispiel Wintersportveranstaltungen erst bei Temperaturen um den Gefrierpunkt statt. In diesen Fällen verschiebt sich die Skala um 10 °C nach oben oder unten.
Maximale Temperatur | meteorologische Bezeichnung | Wahrnehmung |
---|---|---|
< 0 °C | Eistag | „Wolke“ beim Ausatmen |
0 °C - 10 °C | ||
10 °C - 20 °C | ||
20 °C - 30 °C | Sommertag | |
> 30 °C | Tropentag |
Luftfeuchtigkeit
Die Luftfeuchtigkeit trägt viel zum Empfinden der Wetterbedingungen bei und kann in Kombination mit der Lufttemperatur sehr schnell gesundheitliche Auswirkungen haben. Die Luftfeuchtigkeit ist von vielen physikalischen Größen (u.a. Temperatur) abhängig. Daher wird hier nur die relative Luftfeuchtigkeit betrachtet.
Relative Feuchtigkeit | Beschreibung | Wahrnehmung |
---|---|---|
< 20 % | sehr trocken | schnelle Verdunstung, klare Sicht |
20 % - 35 % | trocken | |
35 % - 65 % | angenehm | |
65 % - 80 % | feucht | |
>80 % | sehr feucht | gebremste Verdunstung, diesig |
Niederschlag
Beim Niederschlag ist eine mehrstufige Unterteilung möglich. Zum einen lassen sich die Niederschläge anhand der Tropfengröße und des Zustandes (fest und flüssig) unterscheiden und zum anderen differenzieren die Meteorologen nach der Niederschlagsmenge und dem Niederschlagszeitraum. Der Zeitraum ist ausschlaggebend für die Bezeichnung Schauer (kleiner 1 h) oder Dauerregen (mehrere Stunden).
Bezeichnung | Niederschlagsmenge | Tropfengröße | Wahrnehmung |
---|---|---|---|
Nebel | bis 0,1 mm | eingeschränkte Sicht | |
Sprühregen | 0.2 bis 0.5 mm/m²h | 0,1 - 0,5 mm | |
Regen | 0.5 bis 4.0 mm/m²h | 2 - 3 mm | |
Starkregen | > 25 mm/m²h | ||
Wolkenbruch | > 60 mm/m²h | ||
Schnee | |||
Griesel | < 1 mm Eis | ||
Graupel | 2 - 5 mm Eis | ||
Hagel | 5 – 20 mm Eis | ||
Hagel | > 20 mm Eis |
Quelle: DWD
Kreuzbetrachtung Windstärke - Temperatur - Luftfeuchtigkeit
Bei bestimmten Kombinationen können extreme Bedingungen auftreten, obwohl jeder Wetterfaktor für sich noch nicht dramatisch erscheint. Die Ursache hierfür liegt zum Beispiel in der thermischen Belastung bzw. erhöhten Wärmeabgabe, welche sehr stark von der körperlichen Aktivität, dem Wind, Luftfeuchtigkeit und der Wärmestrählung durch die Sonne abhängen. Gefährliche Situationen werden zum Beispiel bei niedrigen Temperaturen und großen Windstärken oder hohen Temperaturen und hoher Luftfeuchtigkeit erreicht. Angaben, die versuchen einige dieser Effekte zu berücksichtigen sind zum Beispiel die gefühlte Temperatur oder der Wind-Chill-Effekt (s. DWD Wetterlexikon)
Maßnahmen zum Einhalten der Schutzziele
Windstärke
Die Grundlage für die Bewertung der Windgeschwindigkeiten ist vor allem das Ausmaß an vermuteten Sachschäden und den daraus resultierenden Personengefahren. Die Grenze zwischen Abstufungen gelb und rot ist zum Beispiel auch in der Versicherungswirtschaft zu finden. Dort wird ab einer Windstärke von 8 bft von einem Sturm gesprochen. Auftretende Schäden werden ab dieser Windstärke übernommen. Bei Sportarten mit hohen Bewegungsgeschwindigkeiten bzw. großen Angriffsflächen (Radrennen, Skaterrennen, Segeln, etc.) ist durch zunehmende Windstärke eine erhöhte Unfallgefahr (ggf. mit Massenstürzen) insbesondere bei Böen gegeben. Daher ist bei diesen nicht nur die permanente Windstärke zu beachten. Im Bedarfsfall sind entsprechende Windspitzen beim Wetterdienst zu erfragen. Auch bei auf oder im Wasser betriebenen Sportarten (Triathlon, Schwimmen im Freiwasser, Segeln, etc.) ist die Windstärke besonders zu berücksichtigen, um Gefahrensituationen zu vermeiden.
Temperatur
Für den Wetterfaktor Temperatur wurden verschiedene Betrachtungen vorgenommen. Zum einen ist die Temperatur im Gegensatz zu den Windstärken kein Ausschlusskriterium für eine Veranstaltung. Daher ist hier keine kritische Bewertung erfolgt. Zum anderen hängen die Auswirkungen der Temperatur von verschiedenen Gegebenheiten ab. Dies fängt bei der Kleidung der Teilnehmer an, geht über die körperliche Aktivität und Konstitution der Teilnehmer bis hin zum Ort der Teilnehmer auf der Veranstaltungsfläche. Gleichzeitig bereiten sich die Teilnehmer durch die Erwartungen an die Veranstaltung bedingt auf Temperaturschwankungen in einem moderaten Umfang vor. Trotzdem müssen durch den Veranstalter ab bestimmten Temperaturwerten Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit der Besucher ergriffen werden.
Wind-Chill-Effekt
Definition: In der Kombination tiefer Temperaturen mit kräftigem Wind kann es zu Gewebserfrierungen kommen. Diese Effekte lassen sich durch die gefühlte Temperatur nur bedingt ausdrücken, da diese sich auf den ganzen Körper bzw. Körperkern bezieht und nicht nur die Körperoberfläche. Der Effekt kommt besonders bei kalten Temperaturen zu tragen, da er auf dem Unterschied zwischen Oberflächentemperatur und Lufttemperatur sowie Wind basiert. Sie wird wie die gefühlte Temperatur auf Standardbedingungen umgerechnet. Die Berechnung kann auf der Seite des Nationalen Wetterservices der USA durchgeführt werden.
Bei Sportveranstaltungen im Winter, Frühjahr oder Herbst (z.B. Berliner Halbmarathon) können die Temperaturen aufgrund der Jahreszeit teilweise so niedrig sein, dass der Wind-Chill-Effekt eintritt. Dies ist ebenso der Fall bei hohen Bewegungsgeschwindigkeiten (Radrennen, Skaterrennen, Roll- und Handbiker-Rennen) sowie nach Beendigung der körperlichen Belastung. Um (lokale) Unterkühlungen bis hin zu Erfrierungen zu vermeiden, sind entsprechende Informationen der Teilnehmer zu veranlassen.
in km/h | bft | 4,4 | 1,7 | -1,1 | -3,9 | -6,7 | -9,4 | -12,2 | -15,0 | -20,6 | -26,1 | -31,7 | -40,0 | T in °C |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
8,0 | 5 | 2 | -1 | -4 | -7 | -11 | -14 | -17 | -21 | -27 | -33 | -40 | -49 | |
16,1 | 7 | 1 | -3 | -6 | -9 | -13 | -16 | -20 | -23 | -30 | -37 | -44 | -54 | |
24,1 | 9 | 0 | -4 | -7 | -11 | -14 | -18 | -22 | -25 | -32 | -39 | -46 | -57 | |
32,2 | 11 | -1 | -4 | -8 | -12 | -16 | -19 | -23 | -26 | -34 | -41 | -48 | -59 | |
40,2 | 12 | -2 | -5 | -9 | -13 | -16 | -20 | -24 | -27 | -35 | -42 | -50 | -61 | |
48,3 | 12 | -2 | -6 | -9 | -13 | -17 | -21 | -24 | -28 | -36 | -43 | -51 | -62 | |
56,3 | 12 | -2 | -6 | -10 | -14 | -18 | -22 | -26 | -29 | -37 | -44 | -52 | -63 | |
64,4 | 12 | -3 | -7 | -11 | -14 | -18 | -22 | -26 | -30 | -38 | -46 | -53 | -64 | |
72,4 | 12 | -3 | -7 | -11 | -15 | -19 | -23 | -27 | -31 | -38 | -46 | -54 | -66 | |
80,5 | 12 | -3 | -7 | -11 | -16 | -19 | -23 | -27 | -31 | -39 | -47 | -55 | -67 | |
88,5 | 12 | -4 | -8 | -12 | -16 | -19 | -24 | -28 | -32 | -39 | -48 | -56 | -67 | |
96,6 | 12 | -4 | -8 | -12 | -16 | -20 | -24 | -28 | -32 | -40 | -48 | -56 | -68 | |
Windstärke | Gefühlte Temperaturen in °C |
Quelle: Altenbrunn nach US-Wetterdienst
Gefühlte Temperatur
Die gefühlte Temperatur ist ein Vergleichswert, der unterschiedliche Wetterbedingungen zusammenfasst und versucht deren Auswirkung aus den Menschen darzustellen. Hierzu werden die gemessenen Wetterdaten nach dem Klima-Michel-Modell auf Standardwetterbedingungen mit Schatten und 0,2 m/s Wind umgerechnet. Als Bezugsgröße wird ein Mann im Alter von 35 Jahren mit 1,75 m Körpergröße und 75 kg Gewicht angenommen, der mit einer Geschwindigkeit von 4 km / h geht. Dies trifft jedoch somit nur auf Passanten zu. Die gefühlte Temperatur ist daher nicht auf Sport Treibende anzuwenden.
Luftfeuchtigkeit
Die Einteilung der Stufen für die Luftfeuchtigkeit beruht auf einem Wohlfühldiagramm für die Raumluft. Da die Luftfeuchtigkeit alleine kein Grund für die Absage einer Großveranstaltung ist, treten für diesen Faktor keine kritischen Bereiche auf.
Die physiologische Wahrnehmung der Wetterbedingungen steht im Zusammenhang mit der Luftfeuchtigkeit. Beispielhaft sei hierfür ein Sommertag mit 30 °C und Sonnenschein angeführt. Bei hoher Luftfeuchtigkeit ist die Verdunstung des Körperschweißes eingeschränkt. Die Wetterbedingungen werden als schwül und unangenehm empfunden. Im Gegensatz dazu ist eine geringe Luftfeuchtigkeit förderlich für die Verdunstung und eher angenehm, da sie einen kühlenden Effekt hat. Auf den Seiten des US-Wetterservices ist die in der Tabelle 1 aufgeführte Abstufung der Kombination aus Luftfeuchte und Temperatur zu finden. Die hierbei genutzte Farbskala ist dabei bestimmten Krankheitsbildern bei längerer Aussetzung dieser Bedingungen zugeordnet, sofern keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Im gelben Bereich ist mit Erschöpfungszuständen zu rechnen. Im orangefarbenen Bereich treten Muskelkrämpfe auf. Im roten Sektor steigt die Anzahl der Hitzschläge an.
40 | 45 | 50 | 55 | 60 | 65 | 70 | 75 | 80 | 85 | 90 | 95 | 100 | % Feuchte | |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
43,3 | 58 | |||||||||||||
42,2 | 54 | 58 | ||||||||||||
41,1 | 51 | 54 | 58 | |||||||||||
40,0 | 48 | 51 | 55 | 58 | ||||||||||
38,9 | 46 | 48 | 51 | 54 | 58 | |||||||||
37,8 | 43 | 46 | 48 | 51 | 54 | 58 | ||||||||
36,7 | 41 | 43 | 45 | 47 | 51 | 53 | 57 | |||||||
35,6 | 38 | 40 | 42 | 44 | 47 | 49 | 52 | 56 | ||||||
34,4 | 36 | 38 | 39 | 41 | 43 | 46 | 48 | 51 | 54 | 57 | ||||
33,3 | 34 | 36 | 37 | 38 | 41 | 42 | 44 | 47 | 49 | 52 | 55 | |||
32,2 | 33 | 34 | 35 | 36 | 38 | 39 | 41 | 43 | 45 | 47 | 50 | 53 | 56 | |
31,1 | 31 | 32 | 33 | 34 | 35 | 37 | 38 | 39 | 41 | 43 | 45 | 47 | 49 | |
30,0 | 29 | 31 | 31 | 32 | 33 | 34 | 35 | 36 | 38 | 39 | 41 | 42 | 44 | |
28,9 | 28 | 29 | 29 | 30 | 31 | 32 | 32 | 33 | 34 | 36 | 37 | 38 | 39 | |
27,8 | 27 | 28 | 28 | 29 | 29 | 29 | 30 | 31 | 32 | 32 | 33 | 34 | 35 | |
26,7 | 27 | 27 | 27 | 27 | 28 | 28 | 28 | 29 | 29 | 29 | 30 | 30 | 31 | |
T in °C | Gefühlte Temperatur in °C |
Quelle: Altenbrunn nach US-Wetterdienst
Niederschlag
Im Bereich des Niederschlages zeigt sich schon bei der meteorologischen Bewertung der Ereignisse eine sehr schnelle und deutliche Trennung zwischen festen und flüssigen Niederschlägen. Bei den flüssigen Niederschlägen ist die Menge pro Zeiteinheit das entscheidende Kriterium für die Bewertung. Ausschlaggebend für die Abstufung des Gefahrenpotentials durch den Regen ist die Kapazität der örtlichen Kanalisationsanlagen. Eine erste Annäherung bietet der Bemessungsregen. In Berlin wird zum Beispiel zum Beispiel mit einer Regenmenge von 115 l/s ha in 15 Minuten gerechnet. Dies entspricht einem Starkregen von 41 mm/ h m².
Hagel
Die festen Niederschläge lassen sich einfach nach ihrer Korn / Teilgröße sortieren. Auch hier ist die kritische Grenze von 2 cm wieder in der Versicherungswirtschaft zu finden. Ab dieser Größe kommt es zu merklichen Schäden an Fahrzeugen und Aufbauten. Daher ist dieser Wert auch hier als Kriterium genommen worden.
Neben den eigentlichen Wetterdaten hat der Charakter der Veranstaltung einen gravierenden Einfluss auf die Interpretation der Wetterdaten. So ist zum Beispiel bei Sportveranstaltungen zu bemerken, dass aufgrund der körperlichen Aktivität der Teilnehmer diese eine vollkommen andere thermische Belastung und damit verbunden auch eine andere gefühlte Temperatur haben, als die „unbeteiligten“ Besucher. Dadurch werden allerdings andere Gefahren, wie der Wind-Chill-Effekt, also die Abkühlung der Haut / oberen Gewebeschichten durch Temperaturunterschiede und Wind, unterschätzt, so dass die aktiven Teilnehmer der Gefahr von lokalen Erfrierungen und Unterkühlungen ausgesetzt sein können.
Menschenmenge / körperliche Aktivität
Die thermische Belastung des Menschen / eines Sportlers ist abhängig von „inneren Faktoren“ wie
- Alter
- Trainingszustand
- Gesundheitszustand
- Wärmeproduktion durch körperliche Belastung
- Hydratationszustand
und „äußeren Faktoren“ wie
- Bekleidung
- Wetterfaktoren:
- Lufttemperatur,
- Luftfeuchtigkeit,
- Windgeschwindigkeit,
- Strahlung
Diese äußeren, nicht steuerbaren Wetterbedingungen beeinflussen dieThermoregulation des menschlichen Körpers.
Ein weiterer Effekt, der gerade bei Großveranstaltungen zum Tragen kommen kann, ist die Wärmeabstrahlung der einzelnen Besucher. So deckt zum Beispiel die Ruhewärmeproduktion eines unbekleideten Menschen den Wärmeverlust über die Körperschale erst bei einer Umgebungstemperatur von 27 bis 31 °C ab (Charité). Gleichzeitig hängen die Wärmemenge und der Produktionsort entscheidend von Art, Umfang (Dauer) und Intensität der körperlichen Aktivität ab. Bei einer in Ruhe befindlichen Person kommt die Wärme im Wesentlichen aus den inneren Organen (40%) und den Muskeln (25%). Mit dem Ansteigen der körperlichen Aktivität nimmt auch der Anteil der Muskelwärme immer weiter zu (bis zu 90 %).
Insbesondere bei Massensportveranstaltungen kommt der Faktor hinzu, dass für körperlich aktive Teilnehmer die thermische Belastung durch die Wärmestrahlung durch andere Teilnehmer noch steigt.
Des Weiteren ist für die thermische Belastung abhängig, ob durch Schwitzen die Abgabe von Wärme erfolgen kann. Dies ist einerseits Abhängigkeit von (De-) Hydrierungsgrad (ein dehydrierter Mensch kann nicht ausreichend schwitzen). Andererseits muss der Schweiß auch verdunsten können. Ist dies bei ausreichend hoher Luftfeuchte bzw. Regen oder nicht adäquater Kleidung nicht der Fall, so ist ebenfalls die thermische Belastung erhöht.
Aus diesem Grunde ist die Hitzebelastung für die jeweils ausgeübte körperliche / sportliche Aktivität im Vorfeld zu eruieren, um ggf. gegensteuernde Maßnahmen ergreifen zu können. Entsprechende Richtlinien der Sportfachverbände sind zu beachten.
Prinzipiell steigt für Veranstalter das Risiko für klimatisch bedingter Zwischenfälle mit der Anzahl der Teilnehmer, da individuelle thermoregulatorische Voraussetzungen gegeben sind (Personendichte 2 Personen/m² Veranstaltungsfläche).
Handlungshinweise
[[1]]
Dieses Kapitel bezieht sich insbesondere auf die kritischen Bereiche der einzelnen Faktoren. Beim Auftreten dieser Ereignisse besteht akuter Handlungsbedarf, welcher durch eine entsprechende Planung im Vorfeld und im Sicherheitskonzept berücksichtigt werden kann.
Für Großveranstaltung sind Unwetterereignisse oder Starkregen von besonderer Bedeutung, da es hier kurzfristig zu lebensbedrohlichen Situationen kommen kann.
Des Weiteren sind schnell ansteigende bzw. sinkende Temperaturen bzw. ein schneller Anstieg des Wassergehaltes der Luft (abschätzbar über die relative Luftfeuchtigkeit) zu berücksichtigen, da insbesondere im Frühjahr oder Herbst die Veranstaltungsteilnehmer hieran noch nicht angepasst sind.
Temperatur - oberhalb von 30°C
- Regelmäßige (Vorab-)Information der Teilnehmer
- Trinkwasser nach Trinkwasserverordnung bzw. entsprechende salzhaltige (Sport-)Getränke, welche einen adäquaten Flüssigkeitsersatz erlauben. Bereithaltung von ca. 1,0 Liter / Stunde körperliche Belastung und Teilnehmer (kein Alkohol).
- Nachsteuerung bei der Bereitstellung von Getränken
- Schatten bzw. Schutzmöglichkeiten (z.B. auch Schutzräume)
- Bei Sportveranstaltungen Aussetzung der Leistungsmessung (z.B. der Zeitmessung)
- Wenn möglich, bei Sportveranstaltungen Verlegung der Streckenführung
- Wenn möglich, bei Sportveranstaltungen zeitliche Verlegung in die Morgen- oder Abendstunden bzw. Startverschiebung um 1- 2 Stunden nach vorne oder hinten
- Bei Sportveranstaltungen ggf. Unterbrechung der Wettbewerbe
- Sanitätsdienst beachten (ggf. Ressourcen erhöhen)
- Regelmäßige Kontaktaufnahme zu Feuerwehr, Polizei und Hilfsorganisationen
- Abbruch der (Sport-)Veranstaltung in Abwägung des höheren Rechtsgutes (körperliche Unversehrtheit der Teilnehmer)
Temperatur - unterhalb von 0°C
- Heißgetränke
- Wärmequellen
- Bereitstellung von Decken und / oder Wärmefolien
- Ggf. Bereitstellung / Öffnung von warmen Räumlichkeiten
Zu berücksichtigen sind bei Wassersportveranstaltungen ggf. auch die Wassertemperaturen (z.B. Triathlon, Schwimmwettkämpfe im Freiwasser). Die Wärmeabgabe des Körpers im Wasser ist gegenüber der Luft um ein Vielfaches erhöht. Die Ursache liegt in der deutlich verschiedenen Wärmekapazität (Faktor 3) und Wärmeleitfähigkeit (Faktor 20).
Schwerpunkte
- Wärmeproduktion in der Menge
- Körperkerntemperatur steigt an / körperliche Aktivitäten
- Großwetterlage (Vorinformation, Zeitfenster vor Veranstaltung minimal 2 h; während der Veranstaltung, Zeitfenster: maximal 1 h)
- Temperatur und Luftfeuchtigkeit im Zusammenhang betrachten: Messung des Hitzeindex Wet Bulb Globe Temperature (WBGT) bzw. Abschätzung mittels Berechnung aus Lufttemperatur und relativer Luftfeuchte.
Blitzschutz
Das Thema Blitzschutz ist für Großveranstaltungen unter freiem Himmel von evidentem Belang: Der VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V. spricht in seinem u.a. Merkblatt von mehr als 1400 Blitzunfällen zwischen 1979 und 2012. Dabei komme es in Süddeutschland mit durchschnittlich 35 Gewittern jährlich mehr als doppelt so häufig zu elektrischen Entladungen der Luft wie in Norddeutschland.
Blitze/ Gewitter
Der Deutsche Wetterdienst DWD definiert Blitze als "Funkenüberschlag grossen Ausmaßes zwischen Wolken mit entgegengesetzter Ladung oder zwischen Wolken und der Erdoberfläche. Der gesamte Blitzvorgang beginnt mit Vorentladungen, die den Entladungskanal aufbauen. Innerhalb einiger Zehntelsekunden beginnt die Hauptentladung, die ihrerseits von weiteren Teilentladungen im Abstand von hundertstel bis tausendstel Sekunden gefolgt wird. Durch die explosionsartige Erhitzung der Luft im Blitzkanal (innerhalb von Mikrosekunden auf ca. 30.000 Grad) entsteht der nachfolgende Donner. Neuesten Erkenntnissen zufolge bestehen Blitze, die sich zwischen den Wolken und der Erdoberfläche entladen, zumeist aus zwei einander entgegenkommenden Hauptblitzkanälen, wobei der von der Erdoberfläche ausgehende Kanal zuerst entsteht. Er geht oft von einzelnen Erhebungen aus."
Schutzmaßnahmen
Die DIN EN 50536 empfiehlt dringend eine Frühwarnung über heranziehende Gewitter "für Personen im freien Gelände ... bei Sport- oder anderen Großveranstaltungen". Hierzu kann beispielsweise auf die Wetterwarnungen des DWD zurückgegriffen werden. Der VDE hat auf seiner Homepage umfangreiche Publikationen zum Blitzschutz bereitgestellt. Darunter befindet sich insbesondere ein ca. 15seitiges Merkblatt. Dieses enthält neben allgemeinen Ausführungen zu Veranstaltungen und Gewitter eine Übersicht möglicher Schutzmaßnahmen sowie explizit Bausteine zur Einbindung in die Sicherheitskonzeption. Ein kürzeres Merkblatt bietet der DWD zum kostenlosen Download an.
Neben den unmittelbaren Gefahren eines Blitzeinschlags (z.B. Schock, Atem-/ Herzstillstand oder Verbrennungen) drohen auch Schädigungen durch Blitzüberschlag (z.B. in der Nähe von Bäumen), Berührungsspannung (beim Berühren metallischer Gegenstände) oder die Aufnahme von Schrittspannung (über den Boden). Indirekte Gefahren drohen durch Explosion und Inbrandsetzung von durch Blitze getroffenen Objekten sowie durch Panik bei vielen auf engem Raum betroffenen Menschen. Sicherheitskonzepte müssen deshalb Angaben zu Blitzwarnung und -prognose (vgl. Abschnitt Monitoring und Vorhersage), akzeptablem Risiko, Gefährdungen und Schutzmaßnahmen enthalten.
Wetterbedingte Störungen
Veranstaltungsphasenübergreifend
Wetterbedingte Störungen (Wind, Starkregen, Sturm, Gewitter, Hagelschlag, Hitze etc.) sind insbesondere bei Outdoor-Veranstaltungen als zentrale und wahrscheinlichste Gefährdungen im Zuge der Planung und Durchführung zu berücksichtigen. Die Wetterlage kann den geplanten Veranstaltungsablauf in erheblichem Maße beeinflussen.
Auswirkungen können sich beispielsweise hinsichtlich der folgenden Aspekte ergeben: Die Anzahl der Besucher auf dem Veranstaltungsgelände ist bei gutem Wetter tendenziell größer als bei schlechtem Wetter (z.B. Regen, Kälte); insbesondere bei Veranstaltungen mit freiem Eintritt entscheiden potentielle Besucher erst kurzfristig, ob sie an der Veranstaltung teilnehmen. Die Bodenbeschaffenheit hängt wesentlich von der Wettersituation ab (Sandverwirbelungen bei extremer Hitze vs. Schlamm und unwegsames Gelände bei Starkregen sowie schlecht befahrbare (Rettungs-)Wege, Parkplätze etc.). Die Gefahr von Waldbränden steigt bei längeren Hitzeperioden. Die Anfälligkeit fliegender Bauten angesichts der Wetterlage (Sturm, Blitzschlag etc.) ist zu berücksichtigen.
Die Wetterlage kann die gesundheitliche Verfassung der Veranstaltungsbesucher beeinflussen (z.B. Erkältungen bei Regen, Unterkühlungen bei Kälte, Kreislaufprobleme bei extremer Hitze); dieser Aspekt ist in Abhängigkeit vom erwarteten Alter der Besucher sowie in Anbetracht des erwarteten Alkohol- und Drogenkonsums der Teilnehmer (Alkohol und Drogen) zu bewerten. Die Wetterlage kann das Verhalten der Besucher bzw. die Bewegung von Personenströmen und das Auftreten höherer Personendichten beeinflussen, wenn Besucher z.B. bei Regen vermehrt Unterstellmöglichkeiten (Überführungen, Unter-führungen, Vordächer, Zelte, U-Bahnstationen etc.) aufsuchen, kann es vor/in diesen Bereichen zu Stauungen, Drucksituationen, erhöhten Personendichten, Pfropfenbildungen etc. kommen.
Unwetterbedingte Störungen sollten im Sicherheitskonzept veranstaltungsspezifisch beschrieben und mit entsprechenden Maßnahmen hinterlegt werden.
Planungsphase/Umsetzungsphase
Störungsabhängige Maßnahmen
Abstimmung von Durchsagen für diverse Wetterszenarien: Bei welchen Wettermeldungen erfolgen welche Durchsagen und wer kommuniziert diese in welcher Sprache?
Regen/Sturm/Unwetter
Überprüfung fliegender Bauten im Zuge der Abnahme des Veranstaltungsgeländes auf ihre Windfestigkeit und Absicherung vor der Gefahr durch Blitzeinschläge. Bühnen müssen technisch abgenommen werden und bestimmten Windverhältnissen standhalten können. Entsprechender bauliche Voraussetzungen sind im Sicherheitskonzept zu definieren.
Vorplanung sicherer Unterkünfte für die Besucher (z.B. Turnhallen, Scheunen) gegen Wind, Regen und Blitzeinschlag ist notwendig; im Zuge dessen sollten auch entsprechende Transportmöglichkeiten und der Zugang zu den Unterkünften vorgeplant werden (z.B. Lagerung der Schlüssel für die Unterkunftsräume). Essen, (warme) Getränke, Decken, medizinischer Versorgung etc. sind in den gewählten Unterkünften zu gewährleisten.
Geländegängige Fahrzeuge sind vorzuhalten (z.B. bei Aufweichen des Bodens), desgleichen Regenfeste Parkplätze. Im Fall von Unwetterlagen ist anzudenken, den Besuchern befestigte Ausweichparkplätze zur Verfügung zu stellen. Befestigungsmöglichkeiten für Wege, Not- und Rettungswege sind vorzuplanen (z.B. Stahlplatten, Gummimatten).
Bei Bedarf sollte die Durchführung von akteursübergreifenden Streifen angedacht werden (z.B. Ordnungsamt/ Bauamt/ Veranstalter), um die Wetterfestigkeit fliegender Bauten etc. zu überprüfen und ggf. Sicherungsmaßnahmen zu veranlassen
Trockenheit/ Hitze
Zur Unterbindung von Sandverwirbelungen bei trockenem Boden und Windböen sollte die Befeuchtung des Bodens mit Wasser und/ oder die Verdichtung mit Stahlplatten etc. vorgeplant werden. Zur Minderung der Gefahr vermehrter Kreislaufprobleme bei Hitzewellen, insbesondere in Kombination mit Alkoholkonsum, sollte angedacht werden, Standbetreiber zu verpflichten, mindestens ein günstiges alkoholfreies Getränk anzubieten und/ oder an die Teilnehmer kostenlos Wasser zu verteilen bzw. entsprechende Trinkwasserstellen einzurichten. Das Publikum sollte nach vorheriger Ankündigung (zur Vermeidung von Kreislaufproblematiken) und mit deren Einverständnis durch entsprechende Sprühvorrichtungen mit Wasser abgekühlt werden (Trinkwasservorschriften beachten!). Das Publikum ist mittels Maßnahmen der Teilnehmerkommunikation vor der Gefahr von Sonnenbränden zu warnen. Schattenspendende Bereiche sind auf dem Veranstaltungsgelände einzurichten. Die medizinische Versorgung hinsichtlich von gesundheitlichen Gefährdungen, die sich angesichts extremer Temperaturen ergeben können (z.B. Dehydrierung, Sonnenbrände), ist sicherzustellen.
Störungsunabhängige Maßnahmen
Es sollten Vorkehrungen für eine kontinuierliche Beobachtung und Bewertung der Wetterlage (Vorhaltung eines stets aktuellen amtlichen Wetterberichts) getroffen werden. Hinsichtlich der Teilnehmerkommunikation sind zur Information, Warnung sowie Kommunikation von Verhaltensregeln und -hinweisen bei wetterbedingten Störungen vor allem folgende Maßnahmen vorzusehen:
- Einsatz von Lautsprecherkraftwagen, insbesondere auch auf Campingplätzen, um Besucher z.B. bei drohendem Unwetter dazu aufzufordern, lieber in ihren Autos anstatt in windempfindlichen Zelten zu übernachten,
- Nutzung eines ggf. vorhandenen Veranstaltungsradios,
- Rundfunkdurchsagen,
- Nutzung von Social Media (z.B. Veranstaltungs-App),
- Durchführung von szenarienspezifischen Durchsagen über Beschallungsanlagen, ggf. in diversen Sprachen,
- Vorplanung der Evakuierung und Räumung des Veranstaltungsgeländes (Festlegen wetterfester Örtlichkeiten bzw. Evakuierungsräumlichkeiten mit entsprechender Infrastruktur etc.),
- Festlegen eines „Entscheiders“ für einen möglichen Veranstaltungs(teil)abbruch (Konfliktlösungsmechanismen),
- Festlegen von Entscheidungskriterien für einen wetterbedingten Veranstaltungsabbruch (z.B. Abbruch in Anbetracht einer bestimmten Windstärke),
- Nutzung von „Mobilen Wachen“ seitens der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben zur besseren Erkennbarkeit der Präsenz.
Durchführungsphase
Grundlagen
Die Entscheidungsfindung zur Maßnahmenfestsetzung bei wetterbedingten Störungen sollte im Rahmen eines vordefinierten Abstimmungsprozesses zwischen Veranstalter, Polizei, Genehmigungsbehörde etc. erfolgen. Getroffene Entscheidungen, Entscheidungsgrundlagen etc. sollten im Sinne der Nachbereitung nachvollziehbar dokumentiert werden. Grundsätzlich sind die entsprechenden szenarienorientierten Notfallpläne des Sicherheitskonzepts umzusetzen.
Prozessgestaltung
1. Informationserhebung zur Lagebilderstellung
Zur Erhebung von Informationen über die Entwicklung der Wetterlage sollte eine kontinuierliche Beobachtung der Wettersituation gewährleistet sein (Wettermonitoring). Als Informationsquellen dienen die Wetterdienste (z.B. automatisierte Unwetterwarnungen über E-Mail/sms-Service) oder entsprechende Internet-Angebote zur gebietsbezogenen Vorhersage der Wetterentwicklung (z.B. Deutscher Wetterdienst)
2. Beurteilung der Lage
Akteursübergreifende Bewertung relevanter Informationen zur (drohenden) Wetterlage im Rahmen einer akteursübergreifenden Lagebesprechung bzw. innerhalb der gewählten Gremienstrukturen (Sicherheitskreis, Koordinierungskreis, Krisenstab). Einschätzung der der Gefahrenlage und Prüfung möglicher Maßnahmen. Entschlussfassung.
Wenn aufgrund der zu erwartenden wetterbedingten Störung eine Gefährdung für die Veranstaltungsteilnehmer oder Einrichtungen (Bühnen, Zelte etc.) zu erwarten ist und die Veranstaltung nicht wie geplant weiter ablaufen kann, sind in Abhängigkeit vom avisierten Ausmaß der Gefährdung weitere Maßnahmen zu treffen; hierzu zählen insbesondere:
- (Teil-)Abbruch der laufenden Veranstaltung,
- Unterbrechung der laufenden Veranstaltung,
- Räumung des Veranstaltungsgeländes/Evakuierung der Besucher,
- Öffnung von Fluchttoren,
- Sperrmaßnahmen (z.B. von Verkehrswegen, welche die Fluchtwege kreuzen oder für die Anfahrt von Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben und Fachdiensten relevant sind oder U-Bahnhöfen),
- Einlassstopp
3. Vorhalten entsprechend vorbereiteter Wetterwarnungen
Die jeweils beschlossenen Maßnahmen sollten zeitnah an die Medien kommuniziert werden, um ggf. anlassbezogen eine weitere Anreise zur Veranstaltung zu reduzieren. Die getroffenen Entschlüsse sind zu dokumentieren
Die zur Umsetzung der getroffenen Entscheidungen vorgesehenen Kräfte (Security, Bühnenmanager, Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben) sind über die zu treffenden Maßnahmen zu informieren. Betreiber, Schausteller etc. sind ebenfalls über die von Ihnen ggf. zu treffenden Maßnahmen zu informieren (z.B. Sicherung fliegender Bauten vor den Auswirkungen eines Sturms). Adressierung (Durchsagen an den Bühnen bzw. über die Beschallungsanlage) entsprechender Informationen an die Besucher im Rahmen der Teilnehmerkommunikation. Maßnahmen zur Information der Veranstaltungsbesucher (Teilnehmerkommunikation) sind bis zur Beseitigung der Störung aufrechtzuerhalten.
Nachbereitungsphase
Die Nachbereitung dient im hier relevanten Kontext vor allem dazu, das akteursübergreifende Management wetterbedingter Störungen zu überprüfen sowie die getroffenen Entscheidungen und umgesetzten Maßnahmen angesichts wetterbedingter Störungen hinsichtlich der Abwehr entsprechender Gefahren für die Veranstaltungsteilnehmer sowie Einrichtungen auf dem Veranstaltungsgelände zu analysieren und auszuwerten. Ferner sollen mögliche Schwachstellen im Sicherheitskonzept identifiziert und Optimierungsansätze entwickelt werden.
Als weitere mögliche Themenfelder ergeben sich z.B. mögliche Probleme hinsichtlich der Einhaltung erteilter Auflagen in Bezug auf die „Wetterfestigkeit“ der Veranstaltung, Effizienz und Effektivität hinsichtlich der Entscheidungsfindung und der Umsetzung beschlossener Maßnahmen. Die Nachbereitungsergebnisse sind zu dokumentieren und dienen als Grundlage für zukünftige Veranstaltungen (Anpassung des Sicherheitskonzepts, Erteilung/ Anpassung von Auflagen etc.)