Bitte beachten Sie: Diese archivierte Version des BaSiGo-Wikis wird nicht mehr aktualisiert. Das BaSiGo-Wiki wurde im Rahmen des BMBF-Forschungsprojektes 'Bausteine für die Sicherheit von Großveranstaltungen' (BaSiGo) entwickelt und stellt den Stand zum Projektende im Juni 2015 dar.

Gewerberecht

Aus BaSiGo - Bausteine für die Sicherheit von Großveranstaltungen
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I. Einführung

Bei vielen Veranstaltungen spielen besondere Gewerbeformen eine wichtige Rolle, wie z.B. Volksfeste oder Märkte. Wenn diese Formen genutzt werden, werden den zuständigen Behörden Möglichkeiten eröffnet, auch sicherheitsrelevante Vorgaben und Bestimmungen dem Veranstalter aufzuerlegen, die die Planung und Durchführung der Großveranstaltung betreffen.

II. Anwendungsbereich

Wenn Großveranstaltungen die Kriterien eines Volksfestes (§ 60b GewO) oder einer Messe, Ausstellung oder eines Marktes (§§ 64 – 68 GewO) erfüllen, können sie festgesetzt werden gem. § 69 GewO.

Die Festsetzung nach § 69 GewO ist ein antragsgebundener Verwaltungsakt, der inhaltlich festlegt, dass die Veranstaltung als ein bestimmter Typ (z.B. Jahrmarkt, Volksfest), zu einer bestimmten Zeit, mit bestimmten Öffnungszeiten auf einem bestimmten Platz stattfindet.

Volksfeste sind nach § 60b Abs. 1 GewO durch die Darbietung unterhaltender Tätigkeiten und das Feilbieten von Waren geprägt, die üblicherweise auf einem solchen Volksfest angeboten werden. Die unterhaltende Tätigkeit steht dabei im Vordergrund. Hierzu zählen z.B. Fahrgeschäfte jeglicher Art, aber auch Schaubuden, Schießstände, etc.

Bei dem Spezialmarkt im Sinne des § 68 Abs. 1 GewO handelt es sich nicht um den handelsüblichen Wochenmarkt, sondern um einen auf bestimmte Sortimente ausgerichteten Fachmarkt mit Warengruppen, die einer bestimmten speziellen Gattung unterfallen. Daneben fällt der Jahrmarkt nach § 68 Abs. 2 GewO in den Anwendungsbereich.

Die Festsetzung ist nur möglich, wenn die Veranstaltung eindeutig einer dieser legal definierten „Marktformen“ zugeordnet werden kann. Mischtypen sind nicht festsetzungsfähig. Außerdem müssen diese typischen Erscheinungsformen im Vordergrund der Großveranstaltung stehen, um festsetzungsfähig zu sein.

III. Voraussetzungen und Rechtswirkung

1. Festsetzung

Bei der Marktfestsetzung handelt es sich nicht um eine behördliche Veranstaltungserlaubnis, ohne die eine Veranstaltung i.S. der §§ 60b und 64 - 68 GewO nicht durchgeführt werden darf, vielmehr werden dem Veranstalter durch die Festsetzung bestimmte Marktprivilegien gewährt.

Für den Veranstalter besteht ein Anspruch auf Festsetzung, der nur bei Vorliegen von Ablehnungsgründen des § 69a Abs. 1 GewO versagt werden darf. Nach § 69 Abs. 1 S. 2 GewO ist ein Antrag auf Festsetzung dann abzulehnen, wenn die Durchführung der Veranstaltung dem öffentlichen Interesse widerspricht. Dies bildet den Anknüpfungspunkt der Behörde für sicherheitsrechtliche Überprüfungen und Forderungen an den Veranstalter.

Bei dem Begriff des öffentlichen Interesses handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff zur Gefahrenverhütung. Der Begriff ist weit gefasst. Bei der Auslegung kann auf die in § 69a Abs. 1 Nr. 3 GewO enthaltenen Beispiele zurückgegriffen werden. Ein Ablehnungsgrund liegt jedenfalls dann vor, wenn der Schutz der Veranstaltungsteilnehmer vor Gefahren für Leben oder Gesundheit nicht gewährleistet ist bzw. sonstige erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu befürchten sind. Die Zielrichtung liegt eindeutig auf der Gefahrenabwehr.

2. Sicherheitsgewährleistende Auflagen und Nebenbestimmungen

Der Festsetzungsbehörde wird in § 69a Abs. 2 GewO zudem die Möglichkeit eingeräumt, der Festsetzungsentscheidung zu bestimmten Zwecken Auflagen beizufügen. Daneben können nach § 36 Abs. 1 Alt. 2 VwVfG i. V. m. § 69a Abs. 1 GewO zur Sicherstellung der gesetzlichen Voraussetzungen der Festsetzung Nebenbestimmungen beigefügt werden.

a) Auflagen nach § 69a Abs. 2 GewO § 69a Abs. 2 GewO gestattet Auflagen, sofern sie im öffentlichen Interesse liegen. Der unbestimmte Rechtsbegriff des „öffentlichen Interesses“ wird dabei anhand von zwei Beispielen erläutert. Ein öffentliches Interesse an Auflagen liegt insbesondere dann vor, wenn sie für den Schutz von Veranstaltungsteilnehmern vor Gefahren für Leben oder Gesundheit oder wegen erheblicher Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung erforderlich sind. Sicherheitskonzeptpflichten dienen genau dem Schutz dieser Rechtsgüter und fallen somit in die Instrument-Auswahl der zuständigen Behörde. Dabei kann dem Veranstalter entweder die Verpflichtung, ein Sicherheitskonzept zu erstellen oder eine Auflage mit den sicherheitsrelevanten Inhalten auferlegt werden. Vorausgesetzt ist immer das Vorliegen einer konkreten Gefahr. Es müssen sich aus den äußeren Umständen der speziellen Veranstaltung Hinweise ergeben, nach denen die Veranstaltung dem öffentlichen Interesse zuwiderlaufen kann. Diese Umstände können sich z.B. aus dem Standort oder Austragungstag ergeben und sind immer aufgrund einer Einzelfallprüfung durch die Behörde festzustellen. Eine konkrete Gefahr liegt immer dann vor, wenn die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass im Einzelfall der Eintritt eines Schadens droht, weil z.B. der Zugang zu Rettungseinrichtungen zugestellt oder die Notfalltür versperrt ist. Demgegenüber zeichnet sich eine abstrakte Gefahr dadurch aus, dass ein Sachverhalt unabhängig vom Einzelfall typischerweise geeignet ist, zu einem Schaden zu führen, z.B. die fehlende Umzäunung einer Gefahrenstelle. Wenn aber bei dem konkreten Volksfest die fehlende Umzäunung unschädlich ist, da sie aufgrund anderer Umstände keine Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts begründet, dann liegt in diesem Einzelfall keine konkrete Gefahr vor und es kann keine Nebenbestimmung erteilt werden.

b) Nebenbestimmungen nach § 36 Abs. 1 VwVfG i. V. m. § 69a Abs. 1 GewO Nach § 36 Abs. 1 VwVfG i. V. m. § 69a Abs. 1 GewO können Nebenbestimmungen der Festsetzung beigefügt werden, die sicherstellen, dass der Veranstaltung kein Ablehnungsgrund nach § 69a Abs. 1 GewO entgegensteht. Im Falle von sicherheitskonzeptbezogenen Nebenbestimmungen ist auch hier eine konkrete Gefahr erforderlich; abstrakte Gefahren für die Teilnehmer oder Dritte reichen nicht aus. Möglich sind insbesondere Regelungen zur Gewährleistung der Einhaltung besonderer Umweltschutzbestimmungen, wie z.B. des Lärmschutzes.

3. Konzentrationswirkung

Der Festsetzungsbescheid entfaltet keine Konzentrationswirkung, ersetzt also andere Erlaubnisse nicht. Die Behörde, die für die gewerberechtliche Festsetzung zuständig ist, ist weder für die Einholung von Erlaubnissen anderer Behörden zuständig, noch kann sie diese selbst erteilen. Sobald aufgrund von nicht-gewerblichen Rechtsgrundlagen Anzeigen gemacht werden müssen oder Erlaubnisse/Genehmigungen eingeholt werden müssen, hat der Veranstalter dies in eigenständigen Verfahren bei den jeweils zuständigen Behörden zu tun. Wenn beispielsweise die Großveranstaltung der Erlaubnis der Nutzung eines öffentlichen oder privaten Grundstücks bedarf, erfordert dies eine straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis (siehe Sicherheitsbaustein Straßen- und Wegerecht) oder einer Erlaubnis nach § 29 StVO (siehe Sicherheitsbaustein Straßenverkehrsrecht).

Die Errichtung eines Einheitlichen Ansprechpartners könnte dem Veranstalter Missverständnisse und überflüssige Behördengänge ersparen (siehe Sicherheitsbaustein Einheitlicher Ansprechpartner).

IV. Zuständige Behörde

Zuständige Behörde ist die allgemeine Ordnungsbehörde der Stadt oder Kommune nach §§ 68, 155 Abs. 2 GewO i. V. m. den jeweiligen landesrechtlichen Bestimmungen zur Zuständigkeit.

V. Verfahren

1. Antragstellung

Die Festsetzung kann nur auf Antrag des Veranstalters erfolgen. Zum Antragsinhalt zählen alle Angaben, die für die Festsetzung erforderlich sind. Dies sind der genaue Gegenstand der Veranstaltung, wozu auch die Art und der Umfang der angebotenen Waren zählen, die Anzahl der Aussteller und der erwartete Teilnehmerkreis, die Dauer, die Öffnungszeiten und der genaue Veranstaltungsort.

2. Anhörung

Eine Anhörungspflicht besteht nicht, da es sich nicht um einen belastenden Verwaltungsakt i.S.d. § 28 I VwVfG handelt.

3. Form

Für den Antrag ist keine bestimmte Form vorgeschrieben, da er aber die zur Beurteilung der Veranstaltung notwendigen Angaben enthalten muss, ist er normalerweise schriftlich bei der zuständigen Behörde zu stellen. Im Einzelfall sind Antragsformulare im Internet möglicherweise abrufbar. (siehe Sicherheitsbaustein E-Government)

VI. Handlungsempfehlung

Schnittstellen kann die Antragstellung je nach Ausgestaltung der Veranstaltung mit dem Straßen- und Wegerecht, Straßenverkehrsrecht und Baurecht haben; siehe dazu die Hinweise zur Konzentrationswirkung.

Auch wenn die rechtlichen Vorgaben zum Erlass eines Sicherheitskonzepts nicht bestehen ist die Erstellung stark empfohlen. Bei der Erstellung sollten die Sicherheitsbehörden stark eingebunden werden. Da es sich häufig um wiederkehrende Veranstaltungen handelt, können verfestigte Kooperationsbeziehungen nützlich sein.

Abkürzungsverzeichnis und Erläuterungen

GewO = Gewerbeordnung
VwVfG = Verwaltungsverfahrensgesetz

Literatur

Eine Reihe von Inhalten dieses Sicherheitsbausteins beruhen auf den Beiträgen in: Kugelmann (Hrsg.), Verfahrensrecht der Sicherheit von Großveranstaltungen, Baden-Baden, 1. Auflage 2015.




Autoren: Antonia Buchmann, Saniye Öcal, Dieter Kugelmann (Deutsche Hochschule der Polizei)